Häufig sind amerikanische Tech-Unternehmen zehnmal mehr wert als die ihnen nacheifernden europäischen Pendants. Die vielfältigen Vorlieben, Sprachen und Strukturen in den einzelnen EU-Ländern machen es schwer, ein Geschäft schnell zu skalieren. Da hat man es in den USA mit dem riesigen Heimatmarkt einfacher. Auch der innovative Versicherer Lemonade (WKN: A2P7Z1) konnte im ersten Schritt in Amerika groß werden, bevor er den Sprung nach Europa wagte.

Dort trifft Lemonade allerdings auf erbitterten Widerstand. Insbesondere die deutsch-schweizerische Konzern Wefox agiert mit erstaunlichem Erfolg von Berlin aus und wird deutlich höher bewertet. Kein Wunder also, dass längst über einen möglichen Börsengang spekuliert wird.

Das ist Wefox

Fußballfans kennen die Marke: Sie prangt seit dieser Saison auf der Brust der Spieler von Union Berlin, dem Spitzenreiter der Bundesliga. Da haben sich zwei Shootingstars gefunden. Denn seit der jüngsten Finanzierungsrunde vom Juli kommt das Unternehmen auf eine stolze Bewertung von 4,5 Mrd. US-Dollar. Der umtriebige Staatsfonds Mubadala aus Abu Dhabi und weitere bekannte Investoren pumpten 400 Mio. US-Dollar in Wefox.

Zu den Kernprodukten von Wefox gehören Kfz-, Privathaftpflicht-, Wohngebäude- und Hausratsversicherung. Vertrieben werden diese über Exklusiv- und Partner-Makler. Bei allen relevanten Prozessen versucht Wefox, die Digitalisierung und Automatisierung zu maximieren.

Gründer und CEO Julian Teicke, geboren 1986, genießt höchstes Ansehen in der Branche und offenbar auch bei Investoren. Er hat bereits eine Reihe von digital betriebenen Start-ups hochgezogen. Wefox begann als kleines Nebenprojekt, das das Verwalten von Versicherungsdaten und -dokumenten vereinfachen sollte.

Das kam so gut an, dass er sich dazu entschied, damit voll durchzustarten, indem Wefox 2015 eine eigene Versicherungslizenz erwarb. 2017 integrierte Wefox eine Digitaltochter von Munich RE (WKN: 843002). Der mächtige Konzern steht seither als Partner für die Datenanalyse an der Seite von Wefox – ein starkes Argument!

Die Holdings der Gruppe sitzen in Liechtenstein und der Schweiz. Aber der Hauptsitz des operativen Geschäfts ist in Berlin angesiedelt. Neben Deutschland und der Schweiz deckt Wefox auch Österreich und Italien ab. In Kürze soll zudem in den Niederlanden eine Offensive starten.

Was Lemonade im Vergleich zu bieten hat

Man mag es kaum glauben, aber der amerikanische Insurtech-Rivale Lemonade kommt aktuell nur noch auf eine Marktkapitalisierung von rund 1,5 Mrd. US-Dollar. Das entspricht lediglich etwa einem Drittel von Wefox. Anfang 2021 waren es noch etwa achtmal so viel. Seither ging es nicht mehr so rasant wir erhofft voran. Auf dem Weg zur Profitabilität gab es erhebliche Rückschläge und der allgemeine Gegenwind im Fintech-Segment lastet zusätzlich auf dem Kurs.

Dennoch hat auch Lemonade weiterhin große Pläne. Von der jüngst vollzogenen Fusion mit Metromile erhofft sich das Unternehmen einen Booster bei Autoversicherungen. Dadurch, dass Lemonade gleichzeitig versucht, aggressiv Marktanteile zu erobern, die Internationalisierung voranzutreiben und sein Angebot auszubauen, kann es in vier Dimensionen wachsen. Im zweiten Quartal ergab sich damit ein Plus von zuletzt 60 % auf 107 Mio. US-Dollar bei den Bruttoprämien.

Entscheidend dabei ist allerdings, dass sich die Schadensquote verbessert und stabilisiert. Zuletzt meldete das Management einen eher schlechten Wert von 86 %. Als noch junger Spieler im Versicherungsmarkt verfügt Lemonade trotz seines datengetriebenen Geschäftsmodells noch nicht über die jahrzehntelangen Erfahrungswerte der alteingesessenen Konkurrenten.

Ist Wefox wirklich dreimal so viel wert?

Nach 50 Mio. US-Dollar Umsatz im zweiten Quartal wird der Jahresumsatz von Lemonade bei knapp 240 Mio. US-Dollar erwartet. Die Zahl der Kunden liegt bei 1,6 Millionen Ende Juni, gegenüber 1,2 Millionen im Vorjahr. Doch das starke Wachstum hat einen Preis: Nettoverluste in Höhe von 143 Mio. US-Dollar allein im ersten Halbjahr 2022.

Das Management gibt sich allerdings überzeugt, dass die Bestandskunden mit der Zeit mehr Deckungsbeiträge liefern und zunehmendes Crossselling für bessere Ergebnisse sorgen werde. Dank zunehmender Größenvorteile und stärkerer Kostendisziplin sei der Pfad zur Profitabilität vorgezeichnet.

Wefox auf der anderen Seite meldete im Juni den zweimillionsten Kunden und ist daher etwas größer. Beim Umsatz von 320 Mio. US-Dollar aus dem Jahr 2021 zeigt sich sogar ein noch deutlicherer Unterschied. Auch die Wachstumsraten sind höher: Für das laufende Jahr erwartet Julian Teicke mehr als 600 Mio. US-Dollar.

Die Werte zeigen, dass Wefox tatsächlich schon ein gutes Stück weitergekommen ist, sodass eine dreimal so hohe Bewertung durchaus gerechtfertigt sein könnte. An den hohen Kapitalspritzen zeigt sich allerdings auch, dass die Expansion teuer ist. Auch Wefox sucht noch den Weg hin zur Profitabilität.

Insgesamt sind beides sehr spannende Insurtech-Spieler. Lemonade punktet mit seinem einzigartigen „Do good“-Image, das seine Kunden zu Partnern macht. Wefox beeindruckt mit seinem Laserfokus auf die digital getriebene Expansion.

Sobald sich das Fintech-Klima aufhellt, dürften sich die Vorbereitungen für einen IPO intensivieren. Für Investoren könne es lohnend sein, diese Erfolgsgeschichte im Auge zu behalten.

Der Artikel 3 x wertvoller als die Lemonade-Aktie: Wefox, das deutsche Einhorn, das man kennen muss ist zuerst erschienen auf The Motley Fool Deutschland.

Unsere Top-Aktie für das Jahr 2022

Es gibt ein Unternehmen, dessen Name zurzeit bei den Analysten von The Motley Fool sehr, sehr häufig fällt. Es ist für uns DIE Top-Investition für das Jahr 2022.

Du könntest ebenfalls davon profitieren. Dafür muss man zunächst alles über dieses einzigartige Unternehmen wissen. Deshalb haben wir jetzt einen kostenlosen Spezialreport zusammengestellt, der dieses Unternehmen detailliert vorstellt.

Klick hier, um diesen Bericht jetzt gratis herunterzuladen.

Ralf Anders besitzt Aktien von Lemonade. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Lemonade.

Motley Fool Deutschland 2022

Autor: Ralf Anders, Motley Fool beitragender Investmentanalyst (CMFCondorEye)


Jetzt den vollständigen Artikel lesen

Quelle: Aktienwelt360