APA ots news: Erhöhter Bedarf an kurzfristiger Finanzierung bei österreichischen Unternehmen in Folge des Ukraine-Kriegs

Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das

Kreditgeschäft vom Juli 2022 (Bank Lending Survey)

Wien (APA-ots) - Der Bedarf der österreichischen Unternehmen an

kurzfristiger Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln hat

sich im zweiten Quartal 2022 intensiviert und die Kreditnachfrage

deutlich steigen lassen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kriegs

in der Ukraine und die damit zusammenhängenden Lieferkettenprobleme

und Preisanstiege sind der wesentliche Grund dafür, wie die aktuelle

Umfrage der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) über das

Kreditgeschäft zeigt. Die vierteljährliche Umfrage, in der führende

Banken nach ihren Einschätzungen gefragt werden, wurde im Juni 2022

durchgeführt.

Nachfrage nach kurzfristigen Unternehmenskrediten steigt deutlich

Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten steigt nun schon seit fünf

Quartalen. Im zweiten Quartal 2022 fiel der Nachfrageanstieg

besonders deutlich aus. Die Banken haben zuletzt allerdings auch

vermehrt Kreditanträge von kleinen und mittleren Unternehmen

abgelehnt. Seit dem vierten Quartal 2021 ist der Bedarf der

Unternehmen an kurzfristiger Finanzierung von Lagerhaltung und

Betriebsmitteln der wesentliche Treiber der Nachfrageentwicklung.

Diese Entwicklung hat sich in Folge des Ukraine-Kriegs im zweiten

Quartal 2022 nochmals deutlich verstärkt. Für das dritte Quartal 2022

erwarten die befragten Banken eine weiter steigende Nachfrage nach

kurzfristigen Krediten, insgesamt aber keinen ausgeprägten

Nachfrageanstieg, weil die Nachfrage nach (großvolumigen)

langfristigen Krediten stagniert.

Entwicklungen im Kreditgeschäft mit Unternehmen stark vom Krieg in

der Ukraine beeinflusst

Die Banken wurden auch zu den Folgen des Kriegs in der Ukraine

befragt. Die bereits bestehenden Lieferkettenprobleme sowie der

Preisauftrieb bei Energie und Rohstoffen haben sich nochmals

erheblich verschärft. Die gestiegene Nachfrage nach kurzfristigen

Krediten zur Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln ist

eine unmittelbare Konsequenz davon. Die Lieferkettenprobleme

veranlassen Unternehmen, vorsorglich ihre Lagerbestände aufzubauen,

um selbst produktions- und lieferfähig zu bleiben - ein

Strategiewechsel von "just-in-time" zu "just-in-case". Umfassende

Preissteigerungen erhöhen generell den Liquiditätsbedarf der

Unternehmen.

Die Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung wirkt

hingegen dämpfend auf die Nachfrage nach langfristigen Krediten, weil

Unternehmen bei Investitionen vorsichtiger sind bzw.

Investitionsprojekte verschieben.

Angebotsseitig veranlassen der Krieg und seine Folgen die Banken zu

verschärften, an die Situation angepassten Risikoanalysen und zu

strengeren Kreditvergabeentscheidungen. Ihre Kreditangebotspolitik im

Unternehmenskundengeschäft haben die Banken teilweise bereits

restriktiver ausgestaltet, weitere Verschärfungen sind absehbar.

Grundsätzlich sind aber genügend Mittel für die Kreditvergabe

vorhanden. Wenn die Unternehmen die entsprechenden Voraussetzungen

erfüllen, kann die Kreditwirtschaft einen erhöhten Liquiditätsbedarf

bedienen - sowohl für die kurzfristige Finanzierung von

Betriebsmitteln als auch die Finanzierung langfristiger

Investitionen.

Zurückhaltende Entwicklungen bei privaten Wohnbaukrediten zeichnen

sich ab

Im zweiten Quartal 2022 haben die Banken ihre Richtlinien für private

Wohnbaukredite etwas verschärft. Als Grund nannten sie die

ungünstiger gewordene Risikosituation. Für das dritte Quartal

erwarten die Banken weitere und deutlichere Verschärfungen der

Richtlinien für Wohnbaukredite sowie einen Rückgang der in den

letzten Jahren sehr kräftigen Nachfrage nach Wohnbaukrediten. Dies

steht auch mit der Einführung rechtlich verbindlicher

Mindestvergabestandards bei der privaten Wohnimmobilienfinanzierung

im Zusammenhang.

Gemäß den Angaben der befragten Banken haben der Krieg in der Ukraine

und die hohe Inflation bisher nur geringe Auswirkungen auf ihr

Privatkundengeschäft. Durch die zunehmende finanzielle Belastung der

Haushalte und inflationsbedingte Reallohnverluste rückt allerdings

das Thema Leistbarkeit bzw. Rückzahlungsfähigkeit von Krediten in den

Fokus, was zu restriktiveren Kreditvergabeentscheidungen durch die

Banken führt bzw. führen wird - ähnlich wie im

Unternehmenskundengeschäft.

Die Zentralbanken des Euroraums - in Österreich die Oesterreichische

Nationalbank (OeNB) - führen gemeinsam mit der Europäischen

Zentralbank (EZB) seit Anfang 2003 viermal jährlich eine Umfrage über

das Kreditgeschäft im Euroraum durch, um ihren Informationsstand über

das Kreditvergabeverhalten der Banken, die Kreditnachfrage von

Unternehmen und privaten Haushalten, sowie sonstige die Geldpolitik

betreffende Themen zu verbessern. Dabei werden rund 150 führende

Banken aus allen Ländern des Euroraums befragt, darunter acht

Institute aus Österreich.

Eine ausführliche Darstellung der österreichischen Ergebnisse wird in

Statistiken - Daten & Analysen Q3/2022 und vorab auf der OeNB-Website

veröffentlicht.

Dort finden sich auch weitere Informationen und Daten zu den

Österreich-Ergebnissen der

Umfrage:https://www.oenb.at/Geldpolitik/Erhebungen/umfrage-ueber-das-

kreditgeschaeft.html.

Die Resultate für den Euroraum werden von der EZB auf ihrer Website

publiziert:

https://www.ecb.europa.eu/stats/ecb_surveys/bank_lending_survey/html/

index.en.html.

Rückfragehinweis:

Oesterreichische Nationalbank

Dr. Christian Gutlederer

Pressesprecher

(+43-1) 404 20-6900

christian.gutlederer@oenb.at

www.oenb.at

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