FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 24. November 2022. So richtig angekommen ist die jüngste Kursrally im Fondshandel noch nicht - es herrscht weiter Zurückhaltung. Gesucht sind allerdings Mischfonds, gerade die Dickschiffe. Immobilienfonds stehen hingegen im Zeichen einer Neubewertung.

Trotz kräftiger Kursgewinne an den Börsen: Die Kauflaune der Fondsanleger*innen hält sich in Grenzen. "Die Stimmung ist schwer zu greifen", findet Fondshändler Matthias Präger von der Baader Bank. Der starke Kursanstieg spiegle sich in den Umsätzen noch nicht wider. "Die zum Jahresende üblichen höheren Volumina sehen wir nicht."

Der DAX hat seit Mitte Oktober über 2.000 Punkte gut gemacht und steht am Donnerstagmorgen bei 14.453 Zählern. Hinter der Rally steckt die Hoffnung, dass die US-Notenbank in Sachen Zinserhöhung nun einen moderateren Kurs einschlagen könnte. Genau darauf lässt auch das am gestrigen Mittwoch veröffentlichte Protokoll der letzten Notenbank-Sitzung schließen. "Der Markt ist wieder näher am Jahreshöchst- als am Jahrestiefststand", stellt Fondshändler Jan Duisberg von der ICF Bank fest. "Die Situation hat sich dramatisch gedreht." Die Inflation könne ihren Höhenpunkt erreicht haben, auch wirtschaftlich sehe es nicht mehr ganz so düster aus. "Die Märkte hatten sich verrannt und waren zu negativ, jetzt sehen wir die Korrektur."

Immobilienfonds mit Abschlägen

Hohe Umsätze weisen weiterhin Immobilienfonds auf, dennoch zeigen sich Anleger*innen laut Duisberg reservierter. "Es gab eine Neubewertung wegen des Zinsanstiegs", erklärt der Händler. An der Börse werden die Anteile zu Abschlägen gehandelt, die Fondsgesellschaften weisen unterdessen einen stetigen Wertanstieg aus. "Börse hält Immobilienfonds den Spiegel vor", schrieb die Börsen-Zeitung vor zwei Wochen.

Tendenziell Käufe sieht Duisberg für den Grundbesitz Fokus Deutschland (DE0009807081) und den Deka-ImmobilienMetropolen (DE000DK0TWX8). Eher abgegeben würden hingegen der UniImmo Europa (DE0009805515) und mittlerweile auch der zuvor so beliebte HausInvest (DE0009807016). Käufe und Verkäufe prägten den Handel mit dem Wertgrund WohnSelect (DE000A1CUAY0). "Noch am wenigsten betroffen ist der Fokus Wohnen Deutschland (), der sich auf deutsche Wohnimmobilien konzentriert", bemerkt Duisberg.

Die Mischung macht`s (manchmal)

Mischfonds könnten im schwierigen Jahr 2022 eigentlich punkten. Denn ihr Ziel ist, über die breite Streuung des Vermögens das Risiko im Portfolio zu reduzieren. Zumindest einigen von ihnen ist das auch gut gelungen, was Anleger*innen honorieren: Der ARERO Der Weltfonds (LU0360863863), der regelbasiert auf Aktien (A), Renten (RE) und Rohstoffe (RO) setzt, kommt dieses Jahr zwar auch auf Verluste. Mit minus 5,8 Prozent fallen diese aber kleiner aus als bei klassischen Aktienfonds. Auf Sicht von zehn Jahren hat der 2008 aufgelegte Fonds eine Rendite von 5,7 Prozent pro Jahr erwirtschaftet. Präger meldet Zuflüsse in den 1,6 Milliarden Euro schweren Fonds.

Sehr großer Beliebtheit erfreuen sich laut Duisberg auch die zwei großen Mischfonds von Flossbach van Storch: der Flossbach von Storch Multiple Opportunities (LU0323578657) und der Multiple Opportunities II (LU0952573482). "Die kommen immer gut an."

Auf den Einkaufszetteln der Anleger*Innen findet sich außerdem der DekaStruktur 2 ChancePlus (LU0109012277), der in Fonds unterschiedlicherer Anlageklassen investiert. Der Anteil globaler Aktien und Aktienfonds kann 70 Prozent bis 100 Prozent betragen, der von Rentenfonds, übrigen Fonds wie Mischfonds und Geldmarktfonds jeweils bis zu 30 Prozent. Die laufenden Kosten liegen allerdings bei 2,22 Prozent im Jahr.

Aktienfonds: Börse als Verkaufsplattform

Ebenfalls rege gehandelt werden Aktienfonds. Die haben über die Börse klassischerweise mehr Verkäufer als Käufer - das ist auch jetzt nicht anders. "Wir sehen vor allem Abgaben, das gilt für Fonds mit deutschen, europäischen und internationalen Werten", bemerkt Präger. Auf den Verkaufslisten fänden sich etwa der Threadneedle European Smaller Companies (

Chinesische Aktien waren zwischenzeitlich durchaus gesucht, als Hintergrund gelten Gerüchte über eine Lockerung der strengen Corona-Politik. Jetzt sieht es wieder anders aus: Die Infektionszahlen in China schießen nach oben, Teile Pekings wurden in eine Art Lockdown versetzt. "China hangelt sich von Lockdown zu Lockdown", stellt Präger fest. "Da investiert keiner." Verkäufe auf niedrigem Niveau meldet er für den JPMorgan China (LU0051755006) und den Robeco Asia Pacific Equities (LU0084617165). Käufe registriert er hingegen für den AGIF Allianz Oriental Income Asien Pazific (LU1173936821), der in Unternehmen aus dem asiatisch-pazifischen Raum investiert.

Daneben sind Technologiefonds wieder gesucht, wie Jan Duisberg ergänzt. Gut angenommen werde etwa der UniSector High Tech (LU0101441672) und - wie schon lange - der Fidelity Global Technology (LU0099574567). "Das ist ein echter Dauerbrenner." Ebenfalls beliebt: der BGF New Energy Fund (LU0171289902).

Mittelzuflüsse: Schlechtestes Aktienfondsjahr seit 2008?

Im Oktober ist es erneut zu hohen Mittelabflüssen aus Fonds gekommen, wie das Analysehaus Morningstar meldet: Nach 66 Milliarden Euro Nettoabflüssen im September zogen die Anleger im Oktober weitere 49 Milliarden Euro aus in Europa domizilierten langtig agierenden Fonds ab, aktiven wie passiven. "Dies ist die schlechteste und zweitschlechteste monatliche Performance seit Beginn der Coronavirus-Pandemie im März 2020", erklären Valerio Baselli und Antje Schiffer von Morningstar. "Marktvolatilität, Inflationsängste, die Energiekrise und eine mögliche Rezession drückten die Stimmung der Anleger." Aktienfonds verloren im Oktober 12 Milliarden Euro, seit Jahresanfang netto 47 Milliarden Euro. "2022 ist damit auf dem besten Weg, in Bezug auf Nettomittelflüsse für Aktienstrategien das schlechteste Jahr seit 2008 zu werden."

Goldminenfonds: beide Seiten aktiv

Auch der Goldpreis hat zuletzt deutlich zugelegt, und zwar von rund 1.600 bis auf 1.780 US-Dollar je Feinunze, aktuell sind es 1.755 US-Dollar. "Eine Tendenz im Handel mit Goldminenfonds ist aber nicht auszumachen", berichtet Präger. Käufe registriert er für den Nestor Gold Fonds (LU0147784465), Verkäufe für den Deutsche Invest Gold & Precious Metals (LU0273159177). Der Nestor Gold Fonds investiert vorwiegend in Goldindustrieunternehmen, und zwar aus Produktion, Weiterverarbeitung und Handel. Zuletzt hat sich der Fonds gut entwickelt: In diesem Jahr liegt das Minus nur bei 3,8 Prozent, auf Dreijahressicht steht ein Plus von 12,3 Prozent im Jahr. Auf Zehnjahressicht ergeben sich allerdings negative Renditen.

von: Anna-Maria Borse 24. November 2022, © Deutsche Börse AG

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Quelle: dpa-AFX