Deutsche Audi-, BMW- und Mercedesfahrer sind nach einer Umfrage der Unternehmensberatung Berylls überraschend offen für chinesische Autos. Rund 20 Prozent der Befragten könnten sich grundsätzlich vorstellen, zu einer chinesischen Oberklasse-Marke zu wechseln, teilte Berylls am Donnerstag mit. Bei Befragten, die schon Erfahrungen mit chinesischen Autos haben, seien es sogar 61 Prozent.

Deshalb habe es enorme Bedeutung, dass Deutschlands größter Autovermieter Sixt in den nächsten sechs Jahren 100.000 Elektroautos des chinesischen Hersteller Byd in seine Flotte übernehmen will: Viele Kunden könnten so chinesische Fahrzeuge erstmals ausprobieren.

«Hohe Preise werden die Kundenakzeptanz allerdings schmälern», sagten die Branchenexperten voraus. Denn die befragten Autofahrer erwarteten «in erster Linie ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Die Positionierung der Marken aus China zielt dagegen überwiegend auf das teure Premiumsegment». Deutsche Kunden nähmen bei den chinesischen Marken aber keine nennenswerte technische Überlegenheit wahr. Ein Viertel der Befragten, die Erfahrungen mit chinesischen Autos haben, bemängelte die Qualität.

Das gewisse Etwas fehlt

Problematisch sei auch, dass sie sich sowohl technisch als auch im Design zu wenig voneinander unterscheiden: «Den chinesischen Modellen fehlt das Besondere, das Kunden suchen, die bereit sind, einen Premiumpreis zu bezahlen.» Für Autokäufer in China sehr wichtige digitale Features spielen bei deutschen Autokäufer kaum eine Rolle. Es liege «damit nahe, dass sich jene Hersteller mit dem Erfolg auf dem deutschen Markt sehr schwertun werden, die ihre Produkte preislich auf Augenhöhe oder zu nah bei der deutschen Konkurrenz ansiedeln».

Chinesische Automarken und -modelle waren den Teilnehmern der repräsentativen Umfrage wenig bekannt. Eine Ausnahme ist der Volvo-Ableger Polestar, den ein Drittel der Befragten zumindest dem Namen nach kennt.

Am wenigsten Vorbehalte gegenüber Herstellern wie Polestar, Byd oder Nio hätten die 30- bis 39-jährigen Autobesitzer. Diese Altersgruppe als Erstkunden zu gewinnen, sei für Premiumhersteller wichtig, denn üblicherweise entschieden sich deutsche Käufer ab etwa 40 Jahren erstmals für den Kauf eines Premium-Modells, sagte Berylls-Experte Soleiman Mansouri.

Byd will in vier Jahren bereits 120 000 Autos in Deutschland verkaufen, andere Hersteller haben ähnlich hohe Ziele. Sie träfen «hier zwar auf Kunden, die ihnen eine Chance geben wollen. Dass es in kurzer Zeit aber derart viele sein werden, ist unrealistisch, vor allem wenn das Angebot ausschließlich aus E-Autos besteht», schrieben die Branchenexperten. Dafür sei der deutsche E-Auto-Markt zu klein und wachse zu langsam.

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Quelle: dpa