Zahlungsverhalten in Deutschland: Lange Verzögerungen gefährden
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Mainz (ots) - Die Zahlungsmoral lässt 2024 weiter nach. 78 Prozent der befragten
Unternehmen in Deutschland geben an, von Zahlungsverzug betroffen zu sein. Grund
zur Sorge bereiten vor allem Rechnungen, die länger als 6 Monate fällig bleiben
- ihr Anteil ist sprunghaft gestiegen und gefährdet die Liquidität von
Unternehmen. Ungeachtet dessen bleibt das Vertrauen in die eigenen Kunden hoch:
Im Jahr 2024 bieten 8 von 10 Firmen einen Lieferantenkredit an, die
durchschnittliche Zahlungsfrist bleibt mit 32 Tagen relativ kurz. Das sind
Erkenntnisse der jährlichen Befragung des Kreditversicherers Coface zu
Zahlungserfahrungen deutscher Unternehmen.
"Seit Jahr 2021 ist der Anteil von Unternehmen, die von Zahlungsverzögerungen
berichten, deutlich gestiegen. Von einem Tiefststand von 59 Prozent auf nun 78
Prozent. Das entspricht nahezu dem Niveau vor der Pandemie", sagt
Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. In den Befragungen vor 2020 berichteten
im Schnitt 82 Prozent der Firmen von überschrittenen Zahlungsfristen. Die größte
Verschlechterung in puncto Zahlungsmoral verzeichnet 2024 die Textil- und
Bekleidungsbranche, in der 88 Prozent der Befragten über Zahlungsverzug klagen -
ein Plus von 30 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Größter "Gewinner" ist die
Transportbranche, in der nur 68 Prozent der Firmen (-17 Pp.) länger auf ihr Geld
warten müssen.
Lange überfällige Zahlungen werden zum Geschäftsrisiko
Die durchschnittliche Dauer der Zahlungsverzögerungen stieg 2024 nur geringfügig
auf 31 Tage, was noch immer deutlich unter dem Wert vor der Pandemie von rund 40
Tagen liegt. Doch diese Ruhe ist trügerisch. Während sich das Zahlungsverhalten
im Jahr 2024 kaum verändert hat, sind die Kreditrisiken aus kumulierten
Zahlungsrückständen zwischen 6 Monaten und 2 Jahren sprunghaft angestiegen: 16
Prozent der befragten Unternehmen sind von extrem lange überfälligen Zahlungen
betroffen, die einen Anteil von 2 oder mehr Prozent an ihrem Jahresumsatzes
ausmachen - ein Anstieg von 7 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Stark
betroffen ist der Maschinenbau, hier berichten 30 Prozent von extrem lange
überfälligen Zahlungen, die 2 Prozent oder mehr ihres Jahresumsatzes ausmachen.
"Unserer Erfahrung nach werden weltweit rund 80 Prozent der Forderungen, die
länger als 180 Tage überfällig sind, nie bezahlt", sagt Jochen Böhm, der das
Risk Underwriting bei Coface verantwortet. "Extrem lange überfällige Zahlungen
stellen daher ein spürbares Geschäftsrisiko dar und können letztlich zur
Insolvenz führen, wie der starke Anstieg von Firmenpleiten in den letzten
Monaten zeigt. Es gilt, offene Forderungen, vor allem im internationalen
Geschäftsverkehr, eng zu überwachen und säumige Zahlungen schnellstmöglich und
professionell beizutreiben."
Präferenz für kurze Kreditlaufzeiten hält an
80 Prozent der deutschen Unternehmen räumen ihren Kunden im Jahr 2024 ein
Zahlungsziel, also einen Lieferantenkredit, ein. Dieser Wert ist nahezu
identisch mit dem Vorjahr. Besonders exportorientierte Sektoren wie der
Maschinenbau (94 Prozent) und die Automobilindustrie (90 Prozent) bieten
Zahlungsfristen an. Die allgemeine Präferenz für kurze Kreditlaufzeiten in
Deutschland bleibt unverändert: Die durchschnittliche Frist beträgt 2024, wie
bereits im Vorjahr, 32 Tage. "In finanziell und wirtschaftlich anspruchsvollen
Zeiten versuchen die Unternehmen, die Zahlungsziele anbieten, möglichst früh an
ihr Geld zu kommen, um den eigenen Cashflow zu verbessern. Mehr als die Hälfte
der Befragten fordert ihr Geld innerhalb von 30 Tagen", sagt Christiane von
Berg. Mit 21 Tagen bzw. 25 Tagen bitten die Holzbranche und das Baugewerbe am
frühesten zur Kasse, während die Automobilbranche mit 46 Tagen wie bereits 2023
am großzügigsten agiert. Zum Vergleich: In Polen betrug die durchschnittliche
Zahlungsfrist bei der letzten Befragung 42 Tage, in Frankreich waren es 48 Tage
und in China 70 Tage.
Über die Umfrage
Die achte Auflage der Coface-Studie zu Zahlungserfahrungen von Unternehmen in
Deutschland wurde zwischen Juni und August 2024 durchgeführt. 774 Unternehmen
aus mehr als 13 breit gefächerten Branchen nahmen an der Befragung teil.
Die gesamte Studie und weitere Grafiken zum Download: http://www.coface.de
+++In einem Online-Seminar erläutert Volkswirtin Christiane von Berg am
26.09.2024 die Ergebnisse der Studie. Zur Anmeldung
(https://register.gotowebinar.com/register/8731778629658771800?source=08) !+++
Pressekontakt:
Coface, Niederlassung in Deutschland
Sebastian Knierim - Pressesprecher -
Tel. 06131/323-335
mailto:sebastian.knierim@coface.com
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Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/51597/5862067
OTS: Coface Deutschland