TEL AVIV (dpa-AFX) - US-Außenminister Antony Blinken hat Berichte über eine mögliche dauerhafte Besetzung des nördlichen Gazastreifens durch Israel zurückgewiesen. Die israelische Regierung verfolge keine derartigen Pläne, sagte Blinken zu Journalisten in Tel Aviv vor seinem Abflug in die saudische Hauptstadt Riad. Das habe ihm Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bestätigt, "der das maßgebliche Wort in dieser Sache hat". Die USA seien gegen eine erneute permanente Besetzung des Gazastreifens. Auch der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, kritisierte entsprechende Pläne auf X als unverantwortlich, illegal und gefährlich für die Geiseln.

Israelische Menschenrechtsgruppen hatten vergangene Woche gewarnt, es gebe Anzeichen dafür, dass das israelische Militär im Stillen beginne, den sogenannten "Plan der Generäle" oder Eiland-Plan umzusetzen. Der Plan soll den Angaben zufolge auf Offiziere im Ruhestand und den früheren israelischen Sicherheitsberater Giora Eiland zurückgehen. Er sehe die Zwangsumsiedlung der Zivilbevölkerung durch eine Verschärfung der Belagerung des nördlichen Gazastreifens und die Aushungerung der Bevölkerung vor, hieß es in einer Erklärung. Weder die Armee noch Netanjahus Büro haben sich dazu geäußert. Rechtsextreme Regierungsmitglieder in Israel fordern eine Wiederbesetzung des Küstenstreifens, aus dem die Armee sich 2005 zurückgezogen hatte.

Unterdessen verließen nach Angaben der israelischen Armee seit Dienstag mehr als 20.000 Palästinenser das umkämpfte Flüchtlingslager Dschabalia im Norden des Küstenstreifens. Auch nach palästinensischen Angaben machten sich Tausende auf den Weg. Einige in den Süden, andere nach Gaza-Stadt, wie Menschen vor Ort der Deutschen Presse-Agentur per Telefon sagten. Wie viele Zivilisten noch im Norden des Gazastreifens sind, war nicht bekannt. Schätzungen gingen von mehreren Hunderttausend aus.

Die israelische Armee hatte am 6. Oktober eine neue Bodenoffensive im Norden des Gazastreifens gestartet und die Zivilisten zur Flucht in den Süden aufgerufen. Viele ignorierten den Aufruf, weil sie auch dort nicht sicher vor israelischen Angriffen seien./alz/DP/men