Autozulieferer ZF auf Schrumpfkurs 26.07.2024, 13:53 Uhr von dpa Jetzt kommentieren: 0

Autozulieferer ZF
© Martin Schutt/dpa / Bis zu 14.000 Stellen könnten in den kommenden Jahren bei Autozulieferer ZF wegfallen. (Archivbild)

Bittere Nachrichten vom Bodensee: Der Autozulieferer ZF will in den kommenden Jahren bis zu 14.000 Stellen in Deutschland streichen. Die 35 Standorte in Deutschland sollen schrumpfen, zugleich größere Verbünde und schlankere Strukturen entstehen. Das Wort Stellenabbau vermeidet das Traditionsunternehmen, das mit dem Wandel zur Elektromobilität und hohen Schulden zu kämpfen hat. Stattdessen ist von «Stärken stärken» die Rede. Der Plan soll bis Ende 2028 umgesetzt werden.

Der Stellenabbau fällt auch höher aus als vom ZF-Gesamtbetriebsrat ursprünglich erwartet. Anfang des Jahres sei noch ein Abbau von bis zu 12.000 Stellen in Deutschland bis 2030 im Raum gestanden, hieß es. Das Szenario aus dem Januar werde mit der Verlautbarung des Vorstands erheblich verschärft. Der Unmut bei den Beschäftigten war schon damals groß.

Großer Teil soll in Produktion gestrichen werden

Aktuell sind in Deutschland 54.000 Menschen bei dem Stiftungsunternehmen beschäftigt. Mindestens 11.000 Jobs sollen wegfallen - und damit nahezu jede fünfte Stelle. Ein großer Teil soll in der Produktion gestrichen werden, weitere in Forschung und Entwicklung sowie der Verwaltung. Welchen Standort es wie treffen wird, ist noch unklar. «Wir werden um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen», teilte ZF-Betriebsratschef Achim Dietrich mit. 

ZF-Vorstandschef Holger Klein hatte bereits im April angekündigt, dass die Zahl der Beschäftigten in Deutschland perspektivisch nicht zu halten sein wird. Andere große Automobilzulieferer aus Deutschland wie Bosch und Continental hatten in den vergangenen Monaten ebenfalls Stellenstreichungen gemeldet, aber nicht in diesem Umfang.

Werksschließungen möglich

«Unsere unternehmerische Verantwortung ist, ZF zukunftsfähig auszurichten und die Standorte in Deutschland so weiterzuentwickeln, dass sie nachhaltig wettbewerbsfähig und solide aufgestellt sind», betonte der ZF-Vorstandschef nun. «Uns ist bewusst, dass wir dazu auch schwierige, aber notwendige Entscheidungen treffen müssen.» Dabei wolle man bestmögliche Lösungen für alle Beteiligten finden. 

Wie viele Stellen genau bis 2028 gestrichen werden sollen, ist noch unklar - und hängt auch von der Entwicklung der Märkte ab. «Die Reduzierung soll soweit möglich sozialverträglich geschehen, indem ZF die demografische Struktur der Belegschaft und die Fluktuation nutzt.» Betriebsbedingte Kündigungen schließt der Konzern nicht aus. Abfindungsprogramme seien ebenfalls denkbar. Das Unternehmen will unprofitable Werke möglicherweise schließen - wie im vergangenen Jahr für das Werk in Gelsenkirchen angekündigt.

Problem bei Wandel zu E-Mobilität

ZF rechnet mit einer rückläufigen Nachfrage nach einem seiner Kernprodukte, den Getrieben. Diese werden in E-Autos nicht benötigt. Sorgenkind der Friedrichshafener ist aber auch die Division für elektrifizierte Antriebstechnologien. Wie andere deutsche Zulieferer hat ZF viel Geld in die Entwicklung von E-Motoren, Software und Komponenten investiert. Aber der Wettbewerb ist hart. Hinzu kommt, dass die Technologien aktuell kaum Geld abwerfen - auch, weil die Nachfrage nach E-Autos schwächelt. Das führe zu Überkapazitäten in den mit hohen Investitionen eingerichteten Produktionslinien, hieß es.

Deshalb soll Abläufe, Prozesse und Strukturen dieses Geschäftsbereichs besonders unter die Lupe genommen werden. «Trotz der aktuellen Marktsituation ist klar: Der Elektromobilität gehört die Zukunft. Wir sind hier in Vorleistung gegangen und werden in diesen Bereich auch weiterhin stark investieren», sagte ZF-Chef Klein. Wegen der veränderten Marktperspektive müsse man aber auch für Kooperationen offen sein - und diese prüfen.

Schulden und Sparkurs 

Das hoch verschuldete Unternehmen hat sich erst im Frühjahr ein strenges Sparprogramm auferlegt. In diesem und im kommenden Jahr sollen die Kosten weltweit um ungefähr sechs Milliarden Euro gesenkt werden, hieß es. Auch, um den E-Wandel stemmen zu können.

Haupttreiber der Sparmaßnahmen sind die hohen Schulden des Konzerns. Im vergangenen Jahr lagen diese bei zehn Milliarden Euro. Das Geld hatte sich ZF vor allem für die Käufe des Autozulieferers TRW und des Bremsenspezialisten Wabco geliehen. Die Zinswende belastete den Konzern zusätzlich. Er bezahlt aktuell Hunderte Millionen Euro für den Schuldendienst.

Das verengt die Spielräume von ZF: Denn der Zulieferer, der mehrheitlich der Zeppelin-Stiftung der Stadt Friedrichshafen gehört, muss trotz E-Auto-Schwäche kräftig investieren, um mit der Konkurrenz Schritt halten zu können. Allein in den kommenden drei Jahren plant ZF weltweite Zukunftsinvestitionen von rund 18 Milliarden Euro, beispielsweise in Forschung und Entwicklung. Bis zu 30 Prozent könnten nach Deutschland fließen.

Verkauf der Sicherheitstechnik geplant

Nicht nur bei den Personalkosten wird daher der Rotstift angesetzt. Bereits seit längerer Zeit wird bei ZF an verschiedenen Stellen gespart - und sogar der Verkauf der Sicherheitstechnik-Sparte geplant. Das soll die Schuldenlast des Konzerns deutlich senken. Angekündigt hatte ZF den Schritt schon im Herbst 2022, ein Zeitpunkt für einen Verkauf oder Börsengang war zuletzt aber offen. Die Sparte fertigt vor allem Sicherheitsgurte und Airbags und machte 2023 ein Zehntel des ZF-Umsatzes von rund 46,6 Milliarden Euro aus. 

Weltweit arbeiten rund 169.000 Menschen für ZF. Am Bodensee sind rund 10.300 Menschen beschäftigt. Rund 4900 von ihnen haben eine Beschäftigungssicherung bis Juni 2028. ZF ist an mehr als 160 Produktionsstandorten in 31 Ländern vertreten. In der kommenden Woche will der Konzern seine Halbjahreszahlen veröffentlichen.

© dpa-infocom, dpa:240726-930-185450/1

Kommentare (0) ... diskutiere mit.
Werbung

Handeln Sie Aktien bei SMARTBROKER+ für 0 Euro!* Profitieren Sie von kostenloser Depotführung, Zugriff auf 29 deutsche und internationale Börsenplätze und unschlagbar günstigen Konditionen – alles in einer innovativen, brandneuen App. Jetzt zu SMARTBROKER+ wechseln und durchstarten!

*Ab 500 EUR Ordervolumen über gettex. Zzgl. marktüblicher Spreads und Zuwendungen.

k.A. (k.A.) k.A. k.A.
k.A. (k.A.) k.A. k.A.
k.A. (k.A.) k.A. k.A.
BörsenNEWS.de
Schreib den ersten Kommentar!

Dis­clai­mer: Die hier an­ge­bo­te­nen Bei­trä­ge die­nen aus­schließ­lich der In­for­ma­t­ion und stel­len kei­ne Kauf- bzw. Ver­kaufs­em­pfeh­lung­en dar. Sie sind we­der ex­pli­zit noch im­pli­zit als Zu­sich­er­ung ei­ner be­stim­mt­en Kurs­ent­wick­lung der ge­nan­nt­en Fi­nanz­in­stru­men­te oder als Handl­ungs­auf­for­der­ung zu ver­steh­en. Der Er­werb von Wert­pa­pier­en birgt Ri­si­ken, die zum To­tal­ver­lust des ein­ge­setz­ten Ka­pi­tals füh­ren kön­nen. Die In­for­ma­tion­en er­setz­en kei­ne, auf die in­di­vi­du­el­len Be­dür­fnis­se aus­ge­rich­te­te, fach­kun­di­ge An­la­ge­be­ra­tung. Ei­ne Haf­tung oder Ga­ran­tie für die Ak­tu­ali­tät, Rich­tig­keit, An­ge­mes­sen­heit und Vol­lständ­ig­keit der zur Ver­fü­gung ge­stel­lt­en In­for­ma­tion­en so­wie für Ver­mö­gens­schä­den wird we­der aus­drück­lich noch stil­lschwei­gend über­nom­men. Die Mar­kets In­side Me­dia GmbH hat auf die ver­öf­fent­lich­ten In­hal­te kei­ner­lei Ein­fluss und vor Ver­öf­fent­lich­ung der Bei­trä­ge kei­ne Ken­nt­nis über In­halt und Ge­gen­stand die­ser. Die Ver­öf­fent­lich­ung der na­ment­lich ge­kenn­zeich­net­en Bei­trä­ge er­folgt ei­gen­ver­ant­wort­lich durch Au­tor­en wie z.B. Gast­kom­men­ta­tor­en, Nach­richt­en­ag­en­tur­en, Un­ter­neh­men. In­fol­ge­des­sen kön­nen die In­hal­te der Bei­trä­ge auch nicht von An­la­ge­in­te­res­sen der Mar­kets In­side Me­dia GmbH und/oder sei­nen Mit­ar­bei­tern oder Or­ga­nen be­stim­mt sein. Die Gast­kom­men­ta­tor­en, Nach­rich­ten­ag­en­tur­en, Un­ter­neh­men ge­hör­en nicht der Re­dak­tion der Mar­kets In­side Me­dia GmbH an. Ihre Mei­nung­en spie­geln nicht not­wen­di­ger­wei­se die Mei­nung­en und Auf­fas­sung­en der Mar­kets In­side Me­dia GmbH und de­ren Mit­ar­bei­ter wie­der. Aus­führ­lich­er Dis­clai­mer