Investoren sollten für das neue Jahr schon mal einen Finanzpuffer für Einschläge bereit halten, raten Flossbach von Storch-Experten. Anleger müssen diese Risiken einkalkulieren. Gefahrenliste.

"Die sprichwörtliche 'Zeitenwende' auch beim Zins dürfte viele Schwachstellen im Finanzsektor mit mehr oder weniger großen Konsequenzen aufdecken", schreiben Flossbach von Storch-Analysten in einer aktuellen Studie. "Der Investor sollte daher für unvorhergesehene Einschläge Finanzpuffer vorhalten." Hier eine Auswahl von vier der insgesamt 15 Risiken, welche die Experten für das kommende Jahr sehen:

1. Italiens Risiko der Refinanzierung
In Italien werden im kommenden Jahr zahlreiche Anleihen fällig. Zusammen mit dem 94,5-Milliarden-Euro-Staatsdefizit kommt das Land so auf einen längerfristigen Finanzierungsbedarf von 373,5 Milliarden Euro, rechnen die Flossbach-Analysten vor.

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"Sollte der variable Anteil und der Anteil der geringen Fremdwährungsschulden bei gut 108 Milliarden Euro absolut konstant bleiben, geht es summa summarum kommendes Jahr um 481,5 Milliarden Euro, die Gläubiger Rom zur Verfügung stellen müssen", schreiben sie in der Studie. "Inwieweit der heimische Bankensektor da noch zusätzlich aufnahmebereit wäre, ist eine ebenso offene Frage wie die der Zinsen, die Italien angesichts solcher Summen am ohnehin schon verunsicherten Anleihemarkt wird anbieten müssen."

2. Der japanische Yen löst eine Liquiditätskrise aus
Viele Anleger verschulden sich in der japanischen Währung Yen, um in höher verzinsten Währungen anzulegen. Solange der Yen fällt, machen sie mit diesen sogenannten Carry Trades Gewinn. Seit Oktober hat sich der Yen aber gedreht, zumindest vorerst. Wenn der Trend anhält, verlieren zahlreiche Investoren ihre Wette. "Hier, in der drittwichtigsten konvertiblen Währung der Welt, könnten Risiken entstehen", fassen die Flossbach-Analysten zusammen.

Zudem ist Japan mit 260 Prozent Staatsdefizit sehr hoch verschuldet. "Sollte Japan nach Jahrzehnten seine Nullzinspolitik verlassen, dann dürfte Kapital aus dem Ausland zuströmen, den Yen stärken und dem Yen-Carry-Trade den Garaus machen", heißt es in der Studie. "Das wiederum könnte weltweit zu einer Liquiditätskrise führen, mit Auswirkungen auf die globalen Aktien- und Anleihemärkte."

3. Immobilienkredite in Nordeuropa platzen
Europaweit halte die Politik die Wohnnebenkosten durch Subventionen künstlich gering, argumentieren die Flossbach-Analysten. Das würde bei Personen mit Immobilienkrediten, insbesondere im hohen Norden, eine "offene Flanke" erkennbar machen. Wenn ihre Kredite Zinsanpassungen vorsehen, könnten sie angesichts der Zinserhöhungen in finanzielle Notlage geraten.

Gleichzeitig relativieren die Analysten: "Heutzutage sind nur noch knapp zehn Prozent der ausgegebenen Immobilienkredite beziehungsweise 17 Prozent der ausgegebenen Kreditsummen mit Zinsanpassungen versehen." Auch die Verschuldung im Norden Europas sei ähnlich hoch wie in Deutschland und Frankreich und damit "weitestgehend unbedenklich". "Eine exakte Wiederholung der Geschichte von 2007/08 erscheint uns daher nicht plausibel", schließen die Experten.



4. Risiken bei Schattenbanken
Schattenbanken hielten im Jahr 2020 rund 48 Prozent aller weltweit gehaltenen Finanzanlagen und übersteigen damit die Assets von Banken und Zentralbanken zusammengenommen, führt Flossbach von Storch in der Studie auf. Besonders sogenanntes "hidden leverage" sei bedenklich. Das sind Geschäfte mit Fremdkapital, die nicht in den Bilanzen der Marktteilnehmer erscheinen. Außerdem hätten Investment-Fonds potenzielle Liquiditätsklemmen. "Es gibt ein Missverhältnis zwischen Auszahlungsmodalitäten der Fonds und der kurzfristigen Liquidierbarkeit der Assets als Problem in Zeiten hoher Volatilität", zitieren die Analysten einen Brief des Financial Stability Boards (FSB).

(sesch) für die wallstreet:online Zentralredaktion


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Quelle: Wallstreet Online