Im Ringen um einen möglichen Einstieg Chinas bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen ermahnt die chinesische Regierung Deutschland zu Offenheit. Seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen vor 50 Jahren seien pragmatische Zusammenarbeit und gegenseitiger Nutzen immer Leitmotive gewesen, hieß es am Samstag in einer Erklärung des Außenministeriums.

Beide Länder hätten an der Entwicklung des jeweils anderen intensiv teilgenommen und davon profitiert. China begrüße gegenseitig vorteilhafte Projekte, hieß es weiter in der allgemein gefassten Stellungnahme. Sowohl China als auch Deutschland sollten an Offenheit und Zusammenarbeit festhalten, um gemeinsam die gesunde und stabile Entwicklung der Wirtschafts- und Handelskooperation zu fördern.

2021 hatten der Hamburger Hafenlogistiker HHLA und der chinesische Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited eine Vereinbarung über eine 35-prozentige Beteiligung der Chinesen am HHLA-Terminal Tollerort in der Hansestadt getroffen. Jetzt gibt es politischen Streit über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte mit Blick auf Russland vor neuen Abhängigkeiten, ebenso FDP-Politiker. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte zuletzt, dass noch nichts entschieden sei und noch viele Fragen geklärt werden müssten.

Klingbeil: Infrastruktur gehört Hamburg

SPD-Chef Lars Klingbeil sieht eine «teilweise sehr verkürzt» geführte Debatte, wenn etwa vom «Ausverkauf des Hamburger Hafens» die Rede sei. «Wenn man ein bisschen ins Detail guckt, dann sieht man in der Tat, es geht um eine Betreibergesellschaft. Es geht um eine Minderheitenbeteiligung an einem Terminal. Ich will das jetzt gar nicht runterspielen, aber (...) es geht nicht darum, dass man die Chinesen in die kritische Infrastruktur reinlässt», sagte Klingbeil im Deutschlandfunk. Dies müsse jetzt «genau geklärt» werden, dafür seien «noch ein paar Tage» Zeit. Ein Einstieg Chinas in kritische Infrastruktur wäre aus seiner Sicht «problematisch» und müsse ausgeschlossen werden. «Die Infrastruktur gehört der Stadt Hamburg und das wird so bleiben», sagte der SPD-Politiker.

CDU-Chef Friedrich Merz warnte dagegen in einer Rundmail, eine chinesische Beteiligung an der Terminalgesellschaft berühre «zutiefst die Sicherheitsinteressen unseres Landes». Ein chinesischer Staatskonzern bekäme damit «Zugang zu wesentlichen Daten des Frachtverkehrs im Hamburger Hafen. Und das exakt zu dem Zeitpunkt, an dem die Kommunistische Partei in China ihren aggressiven Ton in der Außenpolitik erneut verschärft und mit einem Krieg gegen Taiwan droht.» Bundeskanzler Scholz warf er vor, auf Zeit zu spielen, bis eine Frist zur Untersagung der Beteiligung Ende Oktober auslaufe.

Die Außenwirtschaftsverordnung erlaubt es dem Wirtschaftsministerium, unter bestimmten Umständen nach einer Prüfung den Einstieg eines Investors aus einem Nicht-EU-Staat bei einem deutschen Unternehmen zu untersagen, das etwa kritische Infrastruktur betreibt.

IfW: Chinas Angebot bringt Hafen in schwierige Lage

Das chinesische Angebot bringt den Hamburger Hafen nach Einschätzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) in eine schwierige Lage. «Wenn Cosco sagt, «ihr werdet zu einem bevorzugten Hafen, wenn ihr die Beteiligung annehmt», muss man natürlich die Frage stellen: Was ist, wenn diese Beteiligung nicht genehmigt wird?», sagte Rolf Langhammer vom IfW Kiel dem NDR. «Würde dann von Hamburg Ladung Richtung anderer Nordseehäfen abgezogen - also Rotterdam, Seebrücke oder Antwerpen?» Dies sei das kritische Moment zu diesem Zeitpunkt. «Denn der Hamburger Hafen ist in einer schwierigen Situation.»

Das Verschlickungsproblem und das Problem der Elbvertiefung könne für einen Tidehafen nicht so einfach gelöst werden, sagte Langhammer. «Das heißt, Hamburg steht als Konkurrent zu Rotterdam und zu den anderen Häfen ein bisschen mit dem Rücken an der Wand.» Da komme diese Offerte der Chinesen fast wie eine Bedrohung oder Drohung hinzu. «Nach dem Motto: Wenn ihr das nicht macht, hat das negative Konsequenzen.»

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Quelle: dpa