COTTBUS (dpa-AFX) - Wenn Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck an diesem Mittwoch (9.00) die Lausitz besucht, hat er nicht nur Förderbescheide für den Bau eines Wasserstoff-Speicherkraftwerks im Industriepark Schwarze Pumpe im Gepäck. In der Kohleregion will er auch mit Vertretern des größten Arbeitgebers der Region, dem Energieunternehmen Leag, sprechen. Thema soll unter anderem dessen Transformation sein. Die Leag mit Kraftwerks- und Tagebaustandorten in Brandenburg und Sachsen ist mitten im Wandel, weg von der Braunkohle und hin zu Erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne.

Habeck will sich auch über das Großprojekt der Leag informieren, die ein riesiges Energiezentrum aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen auf ehemaligen Bergbauflächen entwickelt. Von 2030 an sollen mit sieben Gigawatt rechnerisch vier Millionen Haushalte sicher mit ökologischem Strom versorgt werden können.

Auch der von der Bundesregierung geplante vorgezogene Kohleausstieg dürfte Thema sein. Zuletzt hatte sich Habeck für einen früheren Kohleausstieg auch im Osten ausgesprochen. Ein - wie in Nordrhein-Westfalen - auf 2030 vorgezogener Ausstieg müsse im Konsens vereinbart werden, hatte der Grünen-Politiker erklärt. Der Vorstoß löste in der Region bislang große Skepsis aus. Nach bisheriger Gesetzeslage sind die letzten Stilllegungen von Kohlekraftwerksblöcken in Deutschland 2038 in der Lausitz geplant.

Verhandlungen über einen vorzeitigen Kohleausstieg werden nach Angaben von Leag-Sprecher Thoralf Schirmer bei dem Habeck-Besuch nicht geführt werden. In dem etwa halbstündigen Austausch mit dem Bundeswirtschaftsminister solle es zunächst um die Bedingungen gehen, die gebraucht würden, damit ein früherer Ausstieg überhaupt gelingen könne, erläuterte Schirmer. Leag- Mitarbeitende wollen ihre Skepsis zu Habecks Plänen mit einer Demonstration unterstreichen.

Ende Januar hatten Aussagen des Leag-Vorstands für Aufsehen gesorgt. Thorsten Kramer hatte gesagt, er könne sich unter bestimmten Bedingungen vorstellen, dass das Unternehmen im Jahr 2033 nicht mehr von der Kohle lebe. Dazu müssten die Versorgungssicherheit gegeben sowie die Kraftwerke auf Wasserstoff umgerüstet und am Netz sein, sodass die Leag ihren Anteil an der Stromerzeugung in Deutschland von zehn Prozent dem Markt zur Verfügung stellen könne, so Kramer.

Kritik kam in den vergangenen Wochen von den Regierungschefs der betroffenen Kohle-Länder Brandenburg und Sachsen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte sich über die Debatten zum vorzeitigen Kohleausstieg genervt gezeigt. Es brauche klare Antworten, wie die Versorgungssicherheit und günstige Preise für Industrie, Wirtschaft und die Haushalte gewährleistet werden können. Es brauche "mehr als Parolen für diese gute Energieversorgung."

Ähnlich äußerte sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Im Kohle-Ausstiegsgesetz seien "alle Dinge so geregelt, dass es keine Diskussion über 2030 braucht", erklärte er. Die Braunkohle werde vom Netz gehen, wenn der Zubau der Erneuerbaren Energien, Ausbau und Stabilität der Netze sowie die "preisliche Situation" gegeben seien.

Im Industriepark Schwarze Pumpe an der brandenburgisch-sächsischen Grenze wird der Bundeswirtschaftsminister am Mittwoch auch Zuwendungsbescheide für ein Referenzkraftwerk als Reallabor übergeben. Ab 2025 soll dort grüner Wasserstoff produziert werden. Das Projekt hatte sich 2019 beim bundesweiten Ideenwettbewerb des Ressorts "Reallabore der Energiewende" durchgesetzt. Es geht um Wasserstofferzeugung und Sektorenkopplung. Bewilligt werden Mittel bis 2027. Gefördert werden sowohl der wirtschaftliche als auch der wissenschaftliche Teil des Pilotprojekts.

Das Referenzkraftwerk besteht aus Erzeugungsanlagen für grünen Strom, Windparks und einer großflächigen PV-Anlage. Mit Strom aus Wind und Sonne wird in einer Elektrolyse Wasser aufgespalten - in Wasserstoff und Sauerstoff. Der Wasserstoff wird gespeichert oder als grüner Wasserstoff verkauft, ein Teil wird rückverstromt für Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht.

Laut einer Studie im Auftrag der Landesregierung soll in Brandenburg in rund sieben Jahren der Transport von Wasserstoff über ein Pipeline-Netz möglich sein, um Industrieunternehmen mit klimafreundlicher Energie zu versorgen, darunter die Ölraffinerie PCK in Schwedt und das Stahlunternehmen ArcelorMittal . Bis 2030 sollen neue Trassen etwa nach Schwedt und Cottbus entstehen. Laut Studie würde das bis 2045 ausgebaute Netz 1,2 Milliarden Euro kosten./na/DP/zb

Quelle: dpa-AFX