Corporate-Banking-Index von Bain / Banken brechen bei Firmenkunden die
Gewinne weg
München (ots) -
- Durch stark steigende Kreditrisikovorsorge gerät Corporate-Banking in
Deutschland erstmals seit 2009 in die Verlustzone
- Eigenkapitalrendite im Firmenkundengeschäft fällt auf minus 2 Prozent
- Das an Unternehmen vergebene Kreditvolumen erreicht mit knapp 1,3 Billionen
Euro neuen Höchststand
- Bisherige Kosten- und Effizienzprogramme reichen nicht weit genug
- Mit dem Ausbau des Provisionsgeschäfts reduzieren Banken ihre Abhängigkeit vom
Kreditgeschäft
Trotz der Corona-Krise ist die Zahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland in den
vergangenen Monaten rückläufig gewesen. Doch die Banken stellen sich auf härtere
Zeiten ein. Allein wegen der aktuell ausgesetzten Insolvenzantragspflicht ist
noch nicht absehbar, wann und in welchen Sektoren Unternehmen verstärkt
zahlungsunfähig sein werden. Deshalb erhöhten die Institute hierzulande ihre
Kreditrisikovorsorge für Firmenkunden im ersten Halbjahr 2020 drastisch -
ähnlich wie 2008 und 2009 während der globalen Finanzkrise. In der Folge hat der
aktuelle Corporate-Banking-Index der internationalen Unternehmensberatung Bain &
Company in der Dimension Profitabilität einen neuen Tiefststand erreicht
(Abbildung). Die Erträge sind dagegen stabil geblieben.
"Das Kreditgeschäft ist für die Banken momentan Fluch und Segen zugleich",
betont Bain-Partner Dr. Christian Graf. "Zum einen profitieren die Geldhäuser
von der dynamisch wachsenden Kreditnachfrage seitens der Firmenkunden. Doch zum
anderen laufen sie Gefahr, dass Unternehmen bedingt durch die Corona-Krise ihre
Kredite nicht fristgerecht bedienen können."
Kreditmarge erholt sich
Die seit Jahren äußerst niedrigen Zinsen führen dazu, dass das Volumen an
Krediten, die an Firmenkunden vergeben werden, immer mehr wächst. Mit knapp 1,3
Billionen Euro erreichte es im ersten Halbjahr 2020 erneut einen Höchststand.
Nach langem Sinkflug zeigte sich zuletzt auch die Kreditmarge wieder erholt.
Nutznießer dieser positiven Trends sind allerdings nicht alle Institutsgruppen.
Während Sparkassen und private Banken ihre Marktanteile mittelfristig werden
ausbauen können, verlieren die Landesbanken an Gewicht.
Auch agieren Banken unterschiedlich, selbst wenn sie derselben Institutsgruppe
angehören. So erhöhen Geldhäuser, die über ein breites Produktspektrum verfügen,
die Kreditvergabe selbst noch in der Corona-Krise. Andere wiederum halten sich
in Rezessionen zurück oder müssen dies auf Druck ihres Risikomanagements tun.
Stefanie Jacobsen, Associate Partner bei Bain und Bankenexpertin, stellt fest:
"Je konsequenter sich Kreditinstitute in der Vergangenheit auf ein
Krisenszenario vorbereitet haben, desto vielfältiger sind jetzt ihre
Handlungsoptionen."
Bei Digitalisierung ist noch Luft nach oben
Gut aufgestellte Banken haben in der Regel ihre Kostenstruktur bereits
optimiert. Branchenweit indes gibt es hier zum Teil noch erhebliche Defizite.
Die Verwaltungsaufwendungen nahmen in den vergangenen Jahren sogar zu. "Die
bisherigen Kosten- und Effizienzprogramme entfalten entweder noch nicht ihre
vollumfängliche Wirkung oder reichen nicht weit genug", erklärt Bain-Partner
Graf. "Ist Letzteres der Fall, müssen die betroffenen Kreditinstitute dringend
nachlegen."
Hinzu kommt, dass die Kosten für Regulatorik und Digitalisierung weiter steigen
werden. "Die Erwartungen der Kunden an die Digitalisierung werden immer größer,
ganz gleich, in welcher Branche sie tätig sind. Die Corona-Pandemie hat diesen
Trend noch einmal beschleunigt", so Jacobsen. "Zahlreiche Kreditinstitute haben
zwar ihre Bemühungen zur Digitalisierung von Abschlussstrecken in den letzten
Monaten deutlich forciert, Nachholbedarf besteht aber nach wie vor."
Handlungsdruck nimmt zu
Wie prekär die Situation mancherorts ist, unterstreicht die Entwicklung der
Eigenkapitalrentabilität im Firmenkundengeschäft. Diese sank im ersten Halbjahr
2020 auf minus 2 Prozent - selbst in der globalen Finanzkrise war sie nicht
unter minus 1 Prozent gefallen. "Dieser Rückgang ist allerdings nicht allein auf
die Corona-Krise zurückzuführen", weiß Branchenexperte Graf. "Schon 2019 hat die
Eigenkapitalrentabilität im Corporate-Banking unter den Eigenkapitalkosten
gelegen. Nun zeigen sich die bestehenden Schwächen in ihrem ganzen Ausmaß, was
den Handlungsdruck noch einmal erhöht."
Vor diesem Hintergrund sollten Banken in Deutschland vorrangig an zwei Stellen
ansetzen. In puncto Kostensenkung und Steigerung der Kapitaleffizienz gilt es
weiter voranzukommen. Zugleich müssen die Institute in ausgewählte
Kundenbeziehungen investieren und so ihre Abhängigkeit vom Kreditgeschäft
reduzieren. Trotz des Ausbaus des Provisionsgeschäfts in jüngster Zeit machen
die Zinsüberschüsse hierzulande noch 70 Prozent der Erträge im Corporate-Banking
aus - ein im internationalen Vergleich hoher Wert. Für Graf steht fest: "Je
stärker sich Banken vom reinen Kreditgeber hin zum Berater von Unternehmen
wandeln, desto höher ist ihr Provisionsanteil - und desto stabiler ist damit ihr
Geschäftsmodell.
Eine Grafik zum Thema finden Sie hier: https://ots.de/y7gK6f
Der Bain-Corporate-Banking-Index auf einen Blick
Der halbjährlich erhobene Bain-Corporate-Banking-Index basiert auf
veröffentlichten Daten führender deutscher Banken. Das Panel deckt rund die
Hälfte der Bilanzsumme der 100 größten in Deutschland tätigen Banken ab und
konzentriert sich auf Finanzinstitute mit einem Schwerpunkt im Corporate-Banking
und einer entsprechenden Segmentberichterstattung. Bei der erstmaligen
Erstellung erfasste Bain für die Jahre 2007 bis 2012 zahlreiche Rohdaten jeder
einzelnen Bank, darunter die Erträge (Zins- und Provisionsüberschuss), die
Kostenstruktur (Verwaltungsaufwand), die Kreditrisikovorsorge, die
Profitabilität (Ergebnis vor Steuern), das Eigenkapital und das Kreditvolumen.
Die Wahl des Ausgangsjahrs 2007 ermöglicht Vergleiche zwischen dem letzten Jahr
vor Ausbruch der globalen Finanzkrise und der aktuellen Situation.
Sämtliche Rohdaten untersuchen die Bain-Experten auf Einmaleffekte, die sich
beispielsweise aus Übernahmen oder Änderungen im Reporting ergeben, und
bereinigen die Datenreihen entsprechend. Danach erfolgt eine Aggregation der
Daten pro Bank, bevor sie mit einem Gewicht von maximal 20 Prozent in den
Gesamtindex einfließen. Diese Limitierung des Einflusses einzelner Banken stellt
sicher, dass Sonderentwicklungen großer Finanzinstitute nicht den Index im
Zeitverlauf verzerren. Vor Veröffentlichung werden die Daten Robustheitschecks
anhand vorhandener Studien und weitergehenden Analysen von Bain unterzogen und
zum Teil um weitere Datenpunkte ergänzt.
Bain veröffentlicht den Corporate-Banking-Index in zwei Ausprägungen: den
Bain-Corporate-Banking-Ertragsindex (CBE) und den
Bain-Corporate-Banking-Profitabilitätsindex (CBP). Beide geben im Zeitverlauf
einen hervorragenden Überblick über die Geschäftsentwicklung im
Corporate-Banking und lassen sich als Benchmark für jedes einzelne
Finanzinstitut nutzen.
Bain & Company
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Entscheiderinnen und Entscheider weltweit bei der Zukunftsgestaltung
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übertreffen und neue Standards in den jeweiligen Branchen zu setzen. Partner aus
unserem Ökosystem digitaler Innovatoren ergänzen unsere Expertise und sorgen mit
dafür, dass wir für unsere Kunden bessere, schnellere und nachhaltigere
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