Geldanlage in Corona-Zeiten: Menschen in Deutschland zwischen
Zuversicht und Skepsis / Deutscher Geldanlage-Index des DIVA-Instituts
Marburg (ots) -
- Die Deutschen sehen in der Corona-Krise Aktien eher positiv
- West-Ost-Gefälle: Östliche Bundesländer gegenüber Aktien zurückhaltender
- Junge Menschen (18-29 Jahre) und Besserverdienende setzen auf Aktien
- Staat ist Schlusslicht, wenn es um Vertrauen in Geldanlage geht
- Verlustrisiko hält viele Geldanleger von Aktien fern
- Sicherheit und Rendite der Geldanlage wichtiger als Nachhaltigkeit
Das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung in Marburg (DIVA)
hat ermittelt, wie die Menschen in Deutschland die Chancen des Sparens in
aktienbasierten Anlageformen (Aktien, Aktienfonds oder fondsgebundene
Lebensversicherungen) einschätzen. Die Zahlen zeigen zwei Welten: Über die
Hälfte der Menschen meint, es gebe vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie
keinen Grund zur Aufregung. Die aktuelle Situation biete Chancen, und man solle
sein Engagement an der Börse wie bisher fortsetzen oder sogar verstärken. Jeder
Fünfte will hingegen Pausieren oder sein Engagement reduzieren.
Deutscher Geldanlage-Index misst Einstellungen zu Aktien
Erstmals ermittelte das DIVA im Mai und Juni 2020 den so genannten Deutschen
Geldanlage-Index, der die Einstellungen und Einschätzungen der Menschen in
Deutschland zur Geldanlage, insbesondere in Aktien, Aktienfonds und
fondsgebundene Lebensversicherungen, misst. Der Index wird zukünftig zweimal im
Jahr ermittelt. Mit dem Deutschen Geldanlage-Index lassen sich zukünftig
entsprechend Veränderungen in den Einstellungen zur Aktienanlage zum Beispiel in
Abhängigkeit von der aktuellen Kapitalmarktsituation nachweisen. Das Besondere
an seiner Ermittlung: Neben einer repräsentativen Stichprobe von gut 1.000
(zukünftig 2.000) Endverbrauchern werden im Index auch die Einschätzungen von
rund 1.500 Experten (Finanzanlagenvermittler nach §34f Gewerbeordnung) mit rund
1,5 Millionen Kunden berücksichtigt. Der Deutsche Geldanlage-Index des DIVA
zeichnet sich demnach nicht nur durch ein Stimmungsbild in der Bevölkerung,
sondern auch durch weitreichende Expertise derjenigen aus, die tagtäglich die
Bürger beraten. Die (Online-)Befragung der Endverbraucher wurde durchgeführt von
der INSA-Consulere, die der Experten durch das DIVA.
Corona-Krise: Insgesamt tendenziell positives Stimmungsbild zu Aktien
Auf einer Werteskala von -100 bis +100 zeichnet der Deutsche Geldanlage-Index
bei seiner erstmaligen Messung mit einem Wert von +44,2 tendenziell ein
positives Stimmungsbild, wobei die Endverbraucher mit einem Wert von +24,9
hinter den Experten (+63,4) zurückbleiben. Dies liegt daran, dass es ja gerade
die Aufgabe der Berater ist, ihren Kunden die Vorteile aktienbasierter
Anlageformen näher zu bringen.
Die insgesamt positive Stimmung deckt sich mit dem aktuellen Anlegerverhalten:
Einhellig berichten Banken und Fondsgesellschaften aktuell über erhebliche
Mittelzuflüsse in aktienbasierte Anlagen. "Die Deutschen haben offensichtlich
dazu gelernt. Die Kurschancen im März 2020 bei einem DAX-Niveau von
Corona-bedingt nur noch 8.500 Punkten haben viele genutzt. Schaut man sich die
aktuellen Börsenstände an, war dies eine gute Entscheidung", so Prof. Dr.
Michael Heuser, wissenschaftlicher Direktor des DIVA. Allerdings muss davon
ausgegangen werden, dass sich die Gewinne nicht gleichmäßig auf alle verteilen:
Besonders profitiert haben die Bürger in Bayern und Baden-Württemberg, eher
junge Menschen und Besserverdienende, denn die verzeichnen die höchsten Werte im
Geldanlage-Index.
Staat als Geldanleger ist Schlusslicht
Fragt man die Bürger und die Experten danach, wem sie ihr Geld am ehesten
anvertrauen würden, wenn es um die Geldanlage in Aktien ginge, wäre der Staat
Schlusslicht (Bürger: 14,0%; Experten: 0,9%). Auf den Plätzen eins und zwei
lägen die Banken (31,6% / 6,1%) und die Fondsgesellschaften (30,2% / 85,4%). Die
Ergebnisse sind insoweit von politischem Interesse, als es in Deutschland immer
wieder Diskussionen über einen Staatfonds für die private Altersvorsorge gibt,
dessen Geld - ähnlich wie in Norwegen - zu einem Großteil auch in Aktien
investiert würde. Die Umfrage erteilt einem solchen Ansinnen eine klare Absage.
Staatliche Förderung wäre wünschenswert
Trotz des durchaus positiven Stimmungsbildes profitieren immer noch zu wenig
Deutsche von den Chancen aktienbasierter Anlageformen - gerade in Zeiten von
Null-Zins eine auch politisch gesehen nicht optimale Situation. Denn es sind vor
allem die Besserverdienenden, die den mit Abstand höchsten Geldanlageindex
aufweisen und deshalb profitieren. Fragt man die Bürger, was neben der
Renditechance zur Anlage in Aktien motivieren würde, liegt auf Platz eins eine
Garantie gegen Verluste (43% / 20,4%), aber schon auf Platz zwei die staatliche
Förderung (31,9% / 44,2%), zum Beispiel durch Zulagen und steuerliche
Vergünstigungen. "Die aktuelle Diskussion zur Finanztransaktionssteuer kommt zur
Unzeit. Sollen mehr Bürger mit Produktivvermögen sparen und vorsorgen, darf
diese Sparform nicht noch zusätzlich bestraft werden", so Professor Heuser.
Die Deutschen sind risikoscheu
Wird umgekehrt danach gefragt, warum immer noch viele Anleger um Aktien einen
großen Bogen machen, ist das Bild eindeutig: 38,2% (Bürger) bzw. 31,3%
(Experten) nennen als Hauptgrund die Sorge vor einem Totalverlust. Auf Rang zwei
landet das Risiko der Anlageform (35,4% / 28,4%). Auffällig: Bei den Experten
beklagen immerhin 38% bürokratische Hürden zum Beispiel bei der Depoteröffnung -
ein klarer Hinweis darauf, dass die Geldanlage inzwischen in hohem Maße
reguliert ist.
Nachhaltigkeit von Geldanlagen hat untergeordnete Bedeutung
Ganz allgemein ermittelte das DIVA im Zusammenhang mit dem Index die Prioritäten
der Bürger bei der Geldanlage mit Blick auf deren Liquidität, Nachhaltigkeit,
Rendite und Sicherheit. Was also ist den Bürgern am wichtigsten? In allen
Altersgruppen lag die Sicherheit der Geldanlage deutlich vor der Rendite. Im
Zweifel verzichten die Deutschen also auf Rendite, wenn dafür das Geld sicher
ist. Dies erklärt, warum immer noch zu wenig Bürger die Chancen der
aktienbasierten Anlage nutzen. Denn zumindest Aktien in Form von Einzelwerten
sind nun einmal riskanter als beispielsweise die Anlage in Tagesgeld. Die
Befragung der Experten liefert hier aber eine zusätzliche Erklärung: Nach deren
Einschätzung fehlt es bei rund der Hälfte ihrer rund 1,5 Millionen Kunden
(47,8%) an den erforderlichen Kenntnissen über die Funktionsweise
aktienbasierter Anlageformen.
Auf den Plätzen drei und vier ungefähr gleichauf, aber deutlich hinter den
Kriterien Sicherheit und Rendite rangieren die Liquidität und die Nachhaltigkeit
als Kriterien für die Geldanlage. "Es zeigt sich, dass Corona das Thema
Nachhaltigkeit aktuell verdrängt. Dies gilt offensichtlich auch für die
Geldanlage. Fest steht aber: Am Ende wollen die Menschen zu allererst ihr
mühsames Erspartes erhalten und möglichst einen Gewinn in Höhe der
Inflationsrate erzielen," so Prof. Heuser.
DIVA - Deutsches Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung
Das DIVA ist das Forschungsinstitut des Bundesverbands Deutscher
Vermögensberater (BDV) und zugleich Hochschulinstitut der Fachhochschule der
Wirtschaft (FHDW). Es hat im Januar 2020 seine Arbeit aufgenommen. Das DIVA
ordnet sich der Forschungsrichtung der "Behavioral Finance" zu, einer
Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaften, die sich mit den tatsächlichen
Verhaltensweisen und Entscheidungsprozessen der Menschen in Gelddingen
beschäftigt. Wesentlicher inhaltlicher Forschungsfokus sind die namensgebenden
Gebiete der Vermögensbildung und der Altersvorsorge. Hierzu veröffentlicht das
Institut zweimal jährlich den Deutschen Geldanlage-Index und den Deutschen
Altersvorsorge-Index, die Einstellungen der Menschen in Deutschland in diesen
Finanzfragen und deren Änderungen sichtbar machen. Die Indizes basieren auf den
sogenannten DIVA-Tandemumfragen, das heißt repräsentativen Doppelbefragungen von
Endverbrauchern einerseits und zugelassenen Finanzanlagenvermittlern gemäß § 34f
GewO als Experten andererseits. Das Institut veröffentlicht zudem als
DIVA-Briefings kurze wissenschaftliche Stellungnahmen zu aktuellen Themen und
Entwicklungen sowie als DIVA-Monitore ausführliche Analysen insbesondere zu
Vorhaben der Politik in den DIVA-Forschungsfeldern. Wissenschaftlicher Direktor
ist FHDW-Professor Dr. Michael Heuser, kaufmännischer Direktor Dr. Helge Lach.
Veröffentlichungen des DIVA und weitere Informationen unter http://www.diva.de/
FHDW - Fachhochschule der Wirtschaft
Die private Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) wurde 1993 gegründet. Sie
bietet an fünf Campussen duale und berufsbegleitende Bachelor- und
Master-Studiengänge in den Bereichen Betriebswirtschaft und
Wirtschaftsinformatik an. Neben der engen Verzahnung von Theorie und Praxis
durch die Kooperation mit rund 650 Unternehmen bietet die FHDW kleine
Studiengruppen, intensive Betreuung, effiziente Studienorganisation und
attraktive Karrieremöglichkeiten. Im Wintersemester 2019/2020 waren 2.209
Studierende eingeschrieben. Sie werden von 50 Professoren und zahlreichen
Lehrbeauftragten betreut. Seit ihrer Gründung hatte die FHDW 8.080 Absolventen.
Weitere Informationen unter http://www.fhdw.de/ .
DIVA-Leiter und FHDW-Professor Heuser: "Die Stimmung für Aktien in Deutschland
ist besser als das tatsächliche Börsenengagement der Anleger."
Pressekontakt:
Prof. Dr. Michael Heuser
06421 59078-11
0151 2076 2151
michael.heuser@diva.de http://www.diva.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/142461/4663521
OTS: Deutsches Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung D
IVA