(neu: Aussagen Management, Kurs)

LEINFELDEN-ECHTERDINGEN/TOKIO (dpa-AFX) - Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck will angesichts anstehender hoher Investitionen große Teile des schwierigen Asiengeschäfts mit dem Konkurrenten Toyota zusammenlegen. So soll die Daimler-Truck-Tochter Mitsubishi Fuso Truck and Bus mit der Toyota-Tochter Hino in einer Holdinggesellschaft fusionieren, wie die Schwaben und die Japaner am Dienstag in Tokio mitteilten. Die Gesellschaft soll an der Börse in Tokio notiert werden, ein erheblicher Anteil soll auch an externe Investoren gehen, während Daimler Truck und Toyota gleich hohe Anteile halten wollen. Finanzielle Details nannte der Dax -Konzern noch nicht, es handelt sich bisher um eine Absichtserklärung.

Die Daimler-Truck-Aktie gewann am frühen Nachmittag 1,1 Prozent auf 28,83 Euro. Seit dem November bewegt sich das Papier weitgehend in einer geringen Bandbreite um die Marke von 30 Euro. Der Kurs hat sich damit von den Tiefs rund um den Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine bei nahezu 20 Euro im Februar des vergangenen Jahres spürbar erholt - hat aber das Rekordhoch aus dem Januar 2022 von fast 36 Euro noch nicht wieder im Visier.

Das gemeinsame Vorhaben in Asien soll den Umbau der Nutzfahrzeuggeschäfte unterstützen und die gemeinsame Nutzung von Technologien forcieren. Daimler-Truck-Chef Martin Daum sagte, Nutzfahrzeugbauer müssten neben dem traditionellen Diesel über kurz oder lang mit Elektroantrieb und Brennstoffzelle insgesamt drei Antriebsarten vorhalten, würden aber dadurch nicht einen Lkw mehr verkaufen. Daher will der Manager die Kosten für Entwicklung und Produktion auf mehrere Schultern verteilen, wie er sagte.

Das Zusammengehen zielt vor allem auf den japanischen und den südostasiatischen Markt ab. Der chinesische Markt, der mit Abstand weltgrößte Lkw-Markt und in den letzten Jahren laut Daum mehrfach größer als der Rest der Welt zusammengenommen, wird von der Fusion kaum tangiert. Daum sagte, China sei abgeschottet, dort bekomme man nur mit Firmen vor Ort einen Fuß in die Tür. Allerdings könnte das Gleichgewicht nun "balancierter" sein, wenn der Lkw-Bauer in Asien außerhalb von China stärker werde.

Hino soll Zugang zur Technik für schwere Nutzfahrzeuge von Daimler Truck bekommen. Mit Unterstützung starker Aktionäre sollen die Firmen voraussichtlich auch Zugang zu frischem Geld erhalten und ihre Fähigkeiten bündeln. Die Firmen wollen auch bei der Entwicklung von Wasserstoffantrieben und weiteren Zukunftstechnologien zusammenarbeiten - hier schielt Daum insbesondere auf die Kompetenz von Toyota. Die Japaner gelten bei der Brennstoffzelle für Pkw als fortschrittlich, auch weil die japanische Regierung für die Zukunft stark auf Wasserstoff setzt.

Daimler Truck geht davon aus, dass das Asiengeschäft im eigenen Konzern nicht mehr in der Bilanz konsolidiert wird, was laut Daum auch den angenehmen Nebeneffekt hätte, dass die operative Marge nicht mehr durch die niedrige Rendite dort verwässert würde.

Fuso-Chef Karl Deppen sprach davon, dass der Gesamtmarkt Japan mit rund 190 000 abgesetzten Fahrzeugen pro Jahr vergleichsweise stabil sei. In den Ländern Südostasiens ist das nicht immer der Fall. Nicht miteinander kompatible Handelsverträge unter den Ländern der Region sowie unterschiedliche Abgasregeln machen größeren Anbietern das Leben schwer, viele kleinere Anbieter sorgen in den jeweiligen Ländern für einen harten Wettbewerb.

Daimler Truck bekam das in Asien zuletzt auch zu spüren. Im vergangenen Jahr sackte der bereinigte operative Gewinn in der Sparte um 60 Prozent ab, obwohl Absatz und Umsatz zulegten. 2022 setzte Daimler Truck in der Asiensparte 156 000 Fahrzeuge ab, während es in Nordamerika 187 000 waren und bei der in Europa und Lateinamerika starken Lkw-Marke Mercedes-Benz 166 000 Fahrzeuge. Auch für dieses Jahr ist den Planungen zufolge nicht mit einer starken Verbesserung bei der Profitabilität zu rechnen. Das Lkw-Geschäft in Nordamerika und Europa ist für die Schwaben weitaus lukrativer.

Auch Hino hat Probleme. Die Japaner mussten vergangenes Jahr die Lieferung kleiner Lastwagen aussetzen, weil Mitarbeiter die Messung von Emissionswerten manipuliert hatten. Der damalige Toyota-Chef Akio Toyoda rügte die Lkw-Tochter öffentlich scharf, der weltgrößte Automobilkonzern schmiss Hino gar aus einem Joint Venture japanischer Konzerne zur Entwicklung von Zukunftstechnologien (CJPT) heraus. Daum wollte die nun eingegangene Absichtserklärung zwar nicht als Schnäppchen werten - er wolle vor allem ein starkes Lkw-Geschäft bauen, sagte er. Betriebswirtschaftlich dumm sei aber auch dieses Geschäft nicht.

Die Risiken aus dem Fehlverhalten Hinos bei der Zertifizierung von Dieselmotoren sollen in Form von Rückstellungen im Beteiligungsverhältnis der Konzerne berücksichtigt werden, wie es von Daimler Truck hieß. Zudem sollen bestimmte Freistellungsmechanismen zugunsten der Fuso-Aktionäre vereinbart werden.

Außerdem müssen auch die Kartellbehörden dem Vorhaben noch zustimmen. Daimler Truck und Toyota wollen beide jeweils mindestens eine Sperrminorität von 25 Prozent halten, räumte Daum ein, auch wenn er zur Anteilsgewichtung nicht konkreter werden wollte.

Im ersten Quartal 2024 sollen die Verträge unterzeichnet werden, mit einem Abschluss rechnet das Management dann bis Ende kommenden Jahres.

Die geplante Fusion in Japan könnte auch Auswirkungen auf den deutschen Daimler-Truck-Rivalen Traton aus dem Volkswagen-Konzern haben. Die Münchener betreiben zusammen mit Hino seit 2020 ein Gemeinschaftsunternehmen für die Entwicklung von Elektroantrieben, außerdem arbeiten sie im Einkauf zusammen. Hino und Toyota machten keine Angaben dazu, wie es mit dieser Kooperation nun weitergehen soll./men/lew/jha/

Quelle: dpa-AFX