(neu: Kurs, Aussagen des Managements, Analysten)

STUTTGART (dpa-AFX) - Mercedes-Benz baut trotz der schwierigen Konjunkturlage weiter auf hohe Verkaufspreise und hat erneut den Gewinnausblick für dieses Jahr erhöht. Im dritten Quartal gaben im Vergleich mit dem schwachen Vorjahreszeitraum die deutlich gestiegenen Verkaufszahlen Schub, unter dem Strich verbuchten die Stuttgarter auch dank Einsparungen doppelt so viel Gewinn. Finanzchef Harald Wilhelm will die Margen hochhalten und trotz der drohenden Abkühlung der Wirtschaft keine zusätzlichen Rabatte geben. Den Kurs der Aktien konnten die Resultate am Mittwoch aber nicht beflügeln.

Das Mercedes-Papier lag am Mittag leicht im Plus bei 58,43 Euro. In den vergangenen Tagen hatte sich der Kurs schon deutlich von den jüngsten Tiefs Mitte Oktober erholt. Zudem hatten Analysten angesichts des guten Abschneidens in der ersten Jahreshälfte und wegen des bekannten Verkaufsanstiegs für das dritte Quartal mit einer Anhebung der wichtigsten Prognosen gerechnet. Analyst Tom Narayan von der Royal Bank of Canada verwies darauf, dass die Erwartungen zuvor bereits ziemlich hoch gewesen seien.

"In Kombination mit der anhaltenden Kostendisziplin machen wir das Unternehmen widerstandsfähiger und geben somit auch den Takt für die kommenden Monate vor", sagte Finanzchef Wilhelm. So erwarten die Stuttgarter in der Pkw-Sparte nun eine um Sondereffekte bereinigte Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern von 13 bis 15 Prozent statt bisher 12 bis 14 Prozent, wie der Dax-Konzern mitteilte. Auch bei den Vans und im Gesamtkonzern sollen die Ergebnisse besser ausfallen als bisher angepeilt.

Treiber der besseren Aussichten für 2022 ist der gute Absatz von teuren Autos. Vorstandschef Ola Källenius will den Konzern nach der Trennung vom Nutzfahrzeuggeschäft stärker auf Luxus trimmen, um die Rendite hochzutreiben. Im dritten Quartal hatte Mercedes zwar leichte Probleme bei der Endkunden-Auslieferung von Top-End-Luxusmodellen, wie das Unternehmen seine teuersten und renditeträchtigsten Modelle nennt. Vor allem sorgten Zertifizierungsprobleme beim Flaggschiff S-Klasse in den USA für Verzögerungen.

Allerdings setzte Mercedes neben mehr Autos im unteren und mittleren Segment auch mehr Top-Modelle an die Händler ab - und das zählt letztlich für den Umsatz. Der Absatz legte im dritten Quartal um 38 Prozent auf 530 414 Autos zu. Derjenige von vollelektrischen Autos verdoppelte sich. Vor einem Jahr hatten fehlende Elektronikchips die Produktion und die Verkäufe des Autobauers deutlich eingeschränkt.

Das Preisumfeld für Neuwagen tut sein Übriges, die Nachfrage übersteigt dem Unternehmen zufolge weiter das Angebot. So muss Mercedes bei langen Wartezeiten wenig Rabatte geben, um die Autos zu verkaufen. Die um Sondereffekte bereinigte operative Marge im Pkw-Geschäft lag im dritten Quartal bei 14,5 Prozent. Nach neun Monaten stehen sogar 15 Prozent zu Buche und damit das obere Ende der neuen Prognosespanne.

Vergleichbar mit anderen Autobauern ist die Marge von Mercedes nicht direkt. Experte Philippe Houchois von der US-Investmentbank Jefferies rechnete vor, dass die um unternehmensspezifische Buchungspraktiken bereinigte Marge schon nicht mehr ganz so herausragend wirke. Mercedes rechnet seine Gewinne aus den chinesischen Gemeinschaftsunternehmen in die Pkw-Spartenergebnisse ein, genauso wie bestimmte in der Bilanz aktivierte Forschungs- und Entwicklungsausgaben. So würden aus den 14,5 Prozent operativer Marge letztlich kaum herausstechende 11,4 Prozent, erklärte Houchois.

Angesichts der seiner Meinung nach starken Produkte müsse Mercedes angesichts des womöglich schwächeren konjunkturellen Umfelds "nicht scheu sein", sagte Wilhelm in einer Telefonkonferenz. Er will die Rabatte auch im kommenden Jahr nicht ausweiten.

Experten zweifeln daran, dass es der Autobranche im Abschwung diesmal gelingt, nicht zu Preisnachlässen zu greifen, um die Fabriken weiter auszulasten. Wilhelm erteilte jedoch der Strategie eine Absage, mit Rabatten Autos in den Markt zu drücken. "In einem Umfeld, was makroökonomisch schwächer ist, würden wir wahrscheinlich eher mit Volumen reagieren", sagte er - das sei Teil der Strategie, die Margen zu schützen. Auch im kommenden Jahr will Mercedes so per saldo Preisverbesserungen erreichen. Womöglich könne man auch von zurückgehenden Kosten für Rohmaterialien profitieren, wenn die Wirtschaft schwächle, meinte Wilhelm.

Im dritten Quartal hat Mercedes-Benz den Konzernumsatz aus fortgeführten Geschäften um 19 Prozent auf 37,7 Milliarden Euro gesteigert, das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern zog um fast drei Viertel auf 5,3 Milliarden Euro an. Das Umsatzplus war dem gestiegenen Absatz zu verdanken, aber auch einem höheren Anteil teurerer Autos und der "guten Preisdurchsetzung", wie der Konzern es formulierte. Der Konzerngewinn aus fortgeführten Geschäften verdoppelte sich auf knapp vier Milliarden Euro.

Gleichwohl wählte das Unternehmen vorsichtige Worte zur Umschreibung der Lage: Die Unsicherheiten in der Energieversorgung in Europa und die anhaltenden Covid-Herausforderungen in Asien wirkten sich weiterhin auf die Verbraucherstimmung aus. Die rigide Null-Covid-Strategie der chinesischen Regierung habe zu einiger Verunsicherung geführt, auch bei der Verbraucherstimmung in China, sagte Wilhelm. Wenn der Weg auch 2023 weiter beschritten würde, müsse man von weiteren Schwankungen ausgehen.

Im laufenden Jahr hatten China teils ganze Regionen abgeschottet und die wirtschaftliche Aktivität dort lahmgelegt, was auch die Autobauer im Land belastete. China ist für Mercedes wie auch die anderen deutschen Autokonzerne der mit Abstand wichtigste Einzelmarkt.

Die größten Aktionäre der Stuttgarter kommen ebenfalls aus der Volksrepublik: Der staatliche Joint-Venture-Partner BAIC ist mit einem Anteil von knapp 10 Prozent der größte Einzelaktionär. Der Gründer und Eigentümer des Autokonzerns Geely, Li Shufu, hält über ein Investmentvehikel 9,7 Prozent./men/nas/jha/

Quelle: dpa-AFX