BERLIN (dpa-AFX) - Die Linke plädiert im Streit über das neue Wahlrecht für eine Senkung der Fünf-Prozent-Hürde. Sinnvoll wären 3 oder 3,5 Prozent, erklärte der Linken-Abgeordnete Gregor Gysi am Freitag auf Twitter. Zuvor hatte der "Spiegel" berichtet. Hintergrund ist die Streichung der sogenannten Grundmandatsklausel in der gerade beschlossenen Wahlrechtsreform. Diese Klausel sichert Parteien bisher beim Gewinn von drei Direktmandaten den Einzug ins Parlament nach ihrem Anteil der Zweitstimmen. Davon profitierte die Linke 2021.

"Wenn die Ampelkoalition keinen verfassungsrechtlichen Streit riskieren will, muss sie die Prozenthürde auf 3 oder 3,5 Prozent senken", erklärte Gysi. Er argumentiert mit der grundgesetzlich verankerten Chancengleichheit der Parteien. So habe das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, dass die Grundmandatsregel zur Abbildung des Wählerwillens beitrage. Wenn die Direktmandatsregel wegfalle, müsse auch die prozentuale Hürde gesenkt werden. Damit würden die "höchstrichterlich festgelegten Ziele erreichbar" und Klagen oder Beschwerden in Karlsruhe wahrscheinlich überflüssig.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Bundestag, Jan Korte, stellte sich hinter diese Argumente. "Völlig richtig", schrieb er dazu auf Twitter. "Ampel hat es selbst in der Hand: Entweder Fünfprozenthürde senken oder Verfassungsklage in Karlsruhe. #Wahlrecht muss gerecht sein!" Gysi schrieb: "Ich fordere die Ampel auf, das Wahlrecht unverzüglich entsprechend zu verändern, so dass der notwendige breite Konsens im Parlament zustande kommen kann."

CSU-Chef Markus Söder lehnt eine Senkung der Fünf-Prozent-Hürde hingegen ab, wie er der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag) sagte. "Die Ampel muss dieses Wahlrecht ganz zurücknehmen, Korrekturen reichen nicht", betonte Söder. "Um sich ihre Mehrheit zu sichern, hat sie zwei von drei Oppositionsparteien in ihren Grundfesten benachteiligt. Die Ampel hat sich an der politischen Kultur versündigt", kritisierte der bayerische Ministerpräsident.

Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte eine Wahlrechtsreform beschlossen, um den Bundestag dauerhaft auf 630 Abgeordnete zu verkleinern. Die Linke und CDU/CSU fühlen sich durch die Reform benachteiligt und erwägen den Gang vor das Bundesverfassungsgericht./vsr/DP/stw

Quelle: dpa-AFX