Schwellenländer treiben die digitale Revolution voran. So zumindest, wenn man GAM Investments folgt. Denn sie prognostizieren: START-Aktien (Samsung, Tencent, Reliance und TSMC) könnten FAANG überholen.

Das Web 2.0 stellte alles auf den Kopf – es veränderte den Informationsfluss, die Kommunikation und letztlich auch das alltägliche Leben. Vom Anruf, Kino, Shopping bis hin zum Networking: Vieles, was bis dahin analog stattfand, verlagerte sich innerhalb kürzester Zeit ins World Wide Web. Entsprechend rasant wuchsen auch die US-Techkonzerne Facebook (Meta), Amazon, Netflix und Google (Alphabet) im Laufe der Jahre. Die Aktien erhielten das Akronym FANG, das fast schon symbolisch für starkes Wachstum stand. Später gesellten sich die Apple-Aktien, die ebenso eine starke Performance aufwiesen, zum Aktienkorb dazu. FAANG war geboren, zahlreiche Anleger griffen zu und kassierten über die Jahre satte Gewinne. Auch weiterhin gibt es für die FAANG-Aktien Luft nach oben: Marktforscher erwarten für die kommenden Jahre ein Marktwachstum von 5 bis 6 Prozent per annum. Dennoch: Die fetten Jahre könnten für FAANG vorbei sein.

Experten aus dem Hause GAM Investment sehen eine neue Ära bei Aktien anbrechen. Im Fokus: Schwellenländeraktien. Diese könnten die digitale Revolution maßgeblich vorantreiben und entsprechend enormes Wachstumspotenzial bieten. So geht GAM-Investmentexperte Tim Love davon aus, dass sich die starke Outperformance der Schwellenländer-Aktien nach der Asienkrise, die in den Jahren 2003 bis 2008 bei rund 400 Prozent lag, wiederholen könnte. Insbesondere die Titel von Samsung Electronics, Tencent, Alibaba, Reliance und Taiwan Semiconductors, kurz START, böten großes Potenzial. "Die START-Unternehmen sind unseres Erachtens stärker diversifiziert und verfügen über solide Wachstums-, Wettbewerbs- und Technologievorteile mit dominanter Marktpositionierung in ihren Branchen", erklärt Love.

Samsung Electronics

So steht das S im Akronym START für Samsung Electronics. Das weltweit führende Unternehmen aus Südkorea verfügt über eine starke vertikale Integration in den Bereichen Halbleiter, Telekommunikation und digitale Konvergenz. All dies sind wichtige Bausteine für das digitale Zeitalter. Während sich die Geschäftszahlen in den vergangenen drei Jahren konstant weiter nach oben entwickelten, blickt das Unternehmen nun auf ein etwas schwächeres erstes Quartal zurück: So sank der Umsatz des Elektronikriesen in den drei Monaten bis zum 31. März 2023 von 77,78 Billionen Won (rund 53 Milliarden Euro) auf 63,75 Billionen Won (rund 44 Milliarden Euro). Dennoch blickt Samsung Electronics optimistisch aufs Jahr: Erwartet wird, dass sich die Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte allmählich erholen wird, da die Lagerbestände der Kunden langsam abgebaut werden.


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Optimistisch zeigt sich auch GAM-Experte Love, der in Zukunft starke Erträge bei Samsung Electronics erwartet. "Der Vorsprung des Unternehmens bei Foundry- und Speicherchips wurde in letzter Zeit durch eine zyklische Anpassung aufgehoben", erklärt er. Doch angesichts des zunehmenden Siliziumeinsatzes in modernen Geräten und Produkten und der rationalen Branchenstrukturen dürfte das Unternehmen wieder aufholen. Das dürfte dann auch die Aktie beflügeln, die an der koreanischen Heimatbörse bei 66.200 Won (rund 46 Euro) und hierzulande bei rund 1.195 Euro (Stand: 19.05.2023) notiert. Positiv blicken die Finanzanalysten aus dem Hause UBS und Nomura auf den Titel, den sie mit einem Kauf-Rating bewerten. Während UBS den Zielpreis leicht nach unten korrigiert (77.000 Won; 53,15 Euro), hebt Nomura diesen von 71.000 Won (48,95 Euro) auf 82.000 Won (56,54 Euro) an.

Überzeugende Gewinnmargen bei Tencent

Wenn es um die Marktkapitalisierung geht, führt Tencent die Liste der teuersten chinesischen Unternehmen an. Das Unternehmen ist auf Gaming und soziale Netzwerke spezialisiert und betreibt etwa den chinesischen Chatdienst WeChat und den Messenger Tencent QQ. Außerdem ist es an mehreren westlichen Unternehmen beteiligt, darunter die Musikplattform Spotify, Elektroautohersteller Tesla und Videospielanbieter Ubisoft. Im ersten Quartal 2023 erwirtschaftete das Unternehmen 150 Milliarden Renminbi Yuan (CNY) (19,8 Milliarden Euro) Umsatz, ein Plus von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Das EBIT stieg in der gleichen Zeit um neun Prozent auf 40,4 Milliarden CNY (5,3 Milliarden Euro). 

Das Geschäftsjahr 2022 fiel derweil weniger stark aus: Der Umsatz blieb im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant bei 554,6 Milliarden CNY (73,34 Milliarden Euro), während das EBIT um 23 Prozent auf 235,7 Milliarden CNY (31,17 Milliarden Euro) fiel. Es ergibt sich eine starke EBIT-Marge von 43 Prozent. Dennoch: Die strenge Regulierung der chinesischen Regierung hatten die Umsatzentwicklung belastet. Nun sei das Management aber zuversichtlich "von einer Erholung des Wirtschaftswachstums zu profitieren und dazu beizutragen", sagte Geschäftsführer Ma Huateng.

Auch Anleger fürchten die chinesische Regulierungswut. Zwar befindet sich die Aktie seit ihrem Tiefpunkt im Oktober 2022 im Aufwärtstrend, steht seit Jahresanfang dennoch nur knapp im Plus. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (2023e) von 21 ist sie eher günstig bewertet, die Tencent-Aktie notiert aktuell bei rund 40 Euro (Stand: 19.05.2023). Analysten sehen dennoch Chancen bei dem Titel: So bestätigte die US-Investmentbank Jefferies ihn kürzlich als 'Kauf' bei bei einem Kursziel von 61,49 Euro.

Der Marktführer TSMC

Das zweite T in START belegt der Halbleiterhersteller Taiwan Semiconductor (TSMC). Getrieben von staatlichen Subventionen hat sich das Unternehmen zu einem der Marktführer der Branche entwickelt und beliefert heute beispielsweise den Tech-Giganten Apple. Im vergangenen Jahr waren die Geschäftszahlen vielversprechend: Der Umsatz stieg um 42,6 Prozent zum Vorjahr auf 2,26 Billionen Taiwan Dollar (TWD) (67 Milliarden Euro) und der Gewinn kletterte auf 1,02 Billionen TWD (30 Milliarden Euro). 

Im ersten Quartal 2023 verlangsamte sich der Wachstumskurs aber etwas, der Nettoumsatz stieg nur leicht auf 509 Milliarden TWD (15,17 Milliarden Euro) (+3,6 Prozent), während der Nettogewinn um 2,1 Prozent auf 207 Milliarden TWD (6,17 Milliarden Euro) zulegte. "Unser Geschäft im ersten Quartal wurde durch die sich abschwächenden makroökonomischen Bedingungen und die nachlassende Endmarktnachfrage beeinträchtigt, was die Kunden dazu veranlasste, ihre Nachfrage entsprechend anzupassen", kommentierte TSMC-Vize Wendell Huang die Ergebnisse. Auch für das zweite Quartal erwarte TSMC, "dass unser Geschäft weiterhin durch weitere Bestandsanpassungen der Kunden beeinträchtigt wird". 

Hinzu kommt auch hier der Faktor China. Die geopolitischen Risiken veranlassen zuletzt Starinvestor Buffett dazu, seine Beteiligung an TSMC zu verkaufen. Andere Analysten sind optimistischer: Susquehanna hob kürzlich ihr Rating von Neutral auf Kaufen. Analyst Mehdi Hosseini geht davon aus, dass sich der vierteljährliche Gewinn pro Aktie ab dem dritten Quartal schneller erholen werde als der Umsatz - ein Trend, der sich seiner Meinung nach bis 2024 fortsetzen werde. TSMC notiert aktuell bei 85,70 Euro (Stand: 19.05.2023). Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (2023e) liegt bei 16.

START im Emerging-Markets-ETF

Wer sich nicht auf einen einzelnen der START-Titel festlegen und dennoch von dem Schwellenländer-Wachstum profitieren will, kann in einen breiter gestreuten Schwellenländer-ETF investieren. Der größte unter ihnen ist der iShares Core MSCI Emerging Markets. Wenig überraschend sind die größten Einzelpositionen im Fonds derzeit: TSMC (6,12 Prozent), Tencent (4,02 Prozent), Samsung Electronics (3,54 Prozent), Alibaba (2,47 Prozent) und Reliance Industries (1,41 Prozent).

(ner und sesch) für die wallstreet:online Zentralredaktion


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Quelle: Wallstreet Online