Anderson will es anders machen

Fernab vom traditionellen Firmensitz in Leverkusen hat Bayer-Vorstandschef Bill Anderson seine erste Bilanz-Pressekonferenz in London abgehalten. Diese Entscheidung könnte als Versuch interpretiert werden, sich direkt mit Großinvestoren auszutauschen und ihnen seine Visionen persönlich vorzustellen. Eine solche Abweichung von der Norm sendet klare Signale aus, insbesondere in einem Moment, in dem der Konzern eine Phase intensiver Herausforderungen durchläuft. Bayer hat es seit der Monsanto-Übernahme vor neun Jahren mit einem drastischen Rückgang des Aktienkurses zu kämpfen, der von einem Höchststand von über 140 Euro auf unter 30 Euro gefallen ist. Zusätzlich zu diesem finanziellen Dämpfer wird Bayer nun auch aus dem Stoxx Europe 50 Index entfernt, ein weiterer Schlag für das Unternehmen und seine Aktionäre.

Restrukturierung als Rettungsanker?

Auf der Suche nach einem Ausweg aus der Krise hat Anderson ein Restrukturierungsprogramm namens "Dynamic shared ownership" ins Leben gerufen, das auf Agilität und Kundennähe abzielt und dabei Bürokratie sowie Hierarchieebenen abbauen soll. Dies bedeutet allerdings auch, dass zahlreiche Mitarbeiter, insbesondere im mittleren Management, ihre Stellen verlieren werden. Obwohl genaue Zahlen noch nicht bekannt gegeben wurden, wird mit einem Abbau in vierstelliger Höhe gerechnet. Bayer zeigt sich jedoch großzügig gegenüber denjenigen, die sich schnell auf eine Abfindung einlassen, mit Auszahlungen von bis zu 52,5 Monatsgehältern.

Die Herausforderungen bleiben

Die schwerwiegendste Herausforderung, die auf das Unternehmen zukommt, ist jedoch die anhaltende Klagewelle in den USA bezüglich des Unkrautvernichters Glyphosat. Ein kürzlich ergangenes Urteil in Pennsylvania, das einem Kläger Schadenersatz in Milliardenhöhe zusprach, verdeutlicht die Dimension des Problems. Trotz Bayers Einspruch gegen das Urteil und der fortwährenden Verteidigung, Glyphosat sei nicht krebserregend, scheint die US-Justiz unbeeindruckt.

In dieser herausfordernden Zeit deutet Anderson auf eine potenzielle neue Strategie hin, die über die Gerichtssäle hinausgeht und möglicherweise eine stärkere politische Einflussnahme in den USA umfasst. Dies spiegelt eine Bereitschaft wider, alle Möglichkeiten zu erkunden, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern. Trotz der skeptischen Haltung einiger Experten und der enormen Herausforderungen, die vor Bayer liegen, zeigt sich das Unternehmen entschlossen, einen neue Wege einzuschlagen um die Turbulenzen zu überwinden.