Forderungen an die Politik

Inmitten einer zarten Erholungsphase der Branche sieht sich der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer immer wieder mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Um Stabilität in wechselhaften Zeiten zu sichern, fordert die (Chemie-) Wirtschaft mehr Unterstützung und Flexibilität von der Politik. Die jüngsten Maßnahmen der Bundesregierung, darunter das Wachstumschancengesetz und der angekündigte Bürokratieabbau, stoßen jedoch auf Kritik, da sie nach Meinung einiger Experten nicht weit genug gehen. Die Forderung nach weniger Regulierung, schnelleren Genehmigungen und Entlastungen bei den Energiepreisen wird laut. "Wir brauchen massive Entlastungen für die deutsche Wirtschaft", betont ein Branchenkenner.

Strategische Neuausrichtung unter Druck

Die Herausforderungen für Bayer beschränken sich jedoch nicht nur auf den heimischen Markt. International gerät der Konzern durch eine Herabstufung seiner Bonität durch die Ratingagentur Fitch ins Rampenlicht. Von "BBB+" auf "BBB" reduziert, mit einem nun "stabilen" Ausblick, spiegelt diese Bewertung die trüben Geschäftsaussichten und die Belastung durch drohende Schadenersatz-Zahlungen wider. Ein wesentlicher Faktor für die Herabstufung ist die schwächere Jahresprognose des Unternehmens, neben der anhaltend hohen Verschuldung, dem geplanten Konzernumbau und der Unsicherheit über zukünftige Rechtskosten.

Bayer erkundet juristische Manöver

In den USA sieht sich Bayer mit Schadenersatzklagen in Verbindung mit dem Unkrautvernichter Glyphosat und der Chemikalie PCB konfrontiert. Um eine Lösung für die zahlreichen offenen Fälle zu finden, erwägt das Unternehmen nun einen kontroversen juristischen Schritt, bekannt als "Texas Two-Step". Dieses Manöver, basierend auf einer Besonderheit des texanischen Firmenrechts, würde es Bayer ermöglichen, seine Aktiva und Passiva aufzuteilen und die Sparte mit den Verbindlichkeiten in die Insolvenz zu schicken. Ziel ist es, Vergleichsverhandlungen mit den Klägern zu erzwingen, die bisher einer außergerichtlichen Einigung widerstehen.

Die Strategie bleibt spekulativ

Trotz der Ungewissheit und der gemischten Erfolgsbilanz dieser Strategie bei anderen Konzernen verfolgt Bayer mit der Beauftragung neuer Kanzleien und der Aufnahme der Juristin Lori Schechter in den Aufsichtsrat eine aktive Verteidigung. "Jedes negative Urteil werden wir anfechten", bekräftigt Bayer-Chef Bill Anderson, unterstreicht jedoch gleichzeitig die Notwendigkeit einer umfassenderen Strategie, die auch die Politik einschließt. Die finanzielle Belastung ist bereits beträchtlich, mit 13 Milliarden Euro, die das Unternehmen bisher für das Thema aufgewendet hat, und Rückstellungen in Höhe von 6,3 Milliarden US-Dollar. Während die Zukunft ungewiss bleibt, versichert Finanzchef Wolfgang Nickl, dass das Unternehmen methodisch und mit Unterstützung von Wirtschaftsprüfern an der Lösung dieser doch auch teilweise hausgemachten Probleme arbeitet.