Im Sinne der Familie, Kommentar zum Börsengang von Porsche von Carsten

Steevens

Frankfurt (ots) - Zu groß, um zu scheitern, waren in den Finanz- und

Schuldenkrisen vergangener Jahre Banken und Staaten in Europa. Zu groß und zu

wichtig, um zurückzuziehen, erscheint trotz des Kriegs in der Ukraine, hoher

Inflation, Energiekrise und Rezessionsängsten der nun am 29. September geplante

Börsengang von Porsche.

Ein erfolgreiches IPO des Sportwagenbauers, das mit einem Volumen von bis zu 9,4

Mrd. Euro das größte in Europa seit mehr als einer Dekade würde, wäre ein

Signal, dass solche Projekte auch unter schwierigen Rahmenbedingungen möglich

sind. Die Reaktion an den Ak­tien­märkten nach Be­kannt­gabe der Preisspanne für

die zu platzierenden stimmrechtlosen Porsche-Vorzugsaktien hat eher

Erleichterung erkennen lassen, dass die Börsenpläne durchgezogen werden sollen,

als Enttäuschung über die Bewertung der Volkswagen-Tochter von insgesamt 70 bis

75 Mrd. Euro.

Dass letztere um einiges vom oberen Rand der in den vergangenen Monaten

kolportierten Spanne entfernt liegt, kommt der VW-Eigentümerfamilie

Porsche/Piëch entgegen, die den vor einem Jahrzehnt infolge der gescheiterten

VW-Übernahme verloren gegangenen direkten Zugriff auf "ihre" Marke

zurückgewinnen will. Denn die Verschuldung ihrer Porsche Automobil Holding SE

zum Erwerb des Sperrminoritätsanteils von 25 Prozent plus einer Aktie der

stimmberechtigten Porsche-AG-Stammaktien fiele umso geringer aus, je weiter der

relevante endgültige Platzierungspreis der Vorzugsaktien unter dem oberen Ende

der Preisspanne bliebe.

Zugleich liegt die mit dem Börsengang angestrebte Bewertung deutlich oberhalb

der herumgereichten Marke von 60 Mrd. Euro, die im Vorfeld als Schmerzgrenze für

das Projekt galt. Damit winkt eine höhere Sonderdividende, die VW im Falle eines

erfolgreichen Börsengangs an die Aktionäre zahlen will und die der

Familienholding Porsche SE zur Finanzierung der Transaktion ebenfalls dienen

würde.

Der Mehrmarkenkonzern aus Wolfsburg setzt darauf, dass die Marke Porsche mit

ihrer hohen Ertragskraft als krisenresistenter Luxusautobauer bei Investoren

stark gefragt ist. Dass sich Interessenten mit tiefen Taschen wie das Emirat

Katar, nach Porsche SE und dem Land Niedersachsen drittgrößter Aktionär von VW,

und der norwegische Staatsfonds sowie zwei weitere institutionelle Investoren

bereits verpflichtet haben, zusammen knapp 40 Prozent des zur Platzierung

anstehenden Vorzugsaktienkapitals zu zeichnen, lässt die Erfolgschancen des

Börsengangs steigen. Nicht zuletzt zeigen die Zusagen der vier designierten

Ankerinvestoren aber auch, dass Bedenken aufgrund von Interessenkonflikten keine

große Rolle spielen. Dabei widersprechen die personellen Verflechtungen bei VW,

Porsche SE und Porsche AG Regeln guter Unternehmensführung, auf die viele

Anleger zunehmend Wert legen.

Volkswagen werden mögliche Erlöse aus dem Teilverkauf des Sportwagenbauers von

mehr als 19 Mrd. Euro neben der Dividende zum Umbau in Richtung Elektromobilität

und Digitalisierung dienen. Auch könnte die eigene Aktie für Anleger durch den

Porsche-Börsengang attraktiver werden. Doch der Zeitpunkt für das IPO ist

zumindest für den Konzern alles andere als günstig. Wer bei diesem Projekt das

Heft in der Hand hält, ist offenkundig.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

Telefon: 069-2732-0

www.boersen-zeitung.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/5324855

OTS: Börsen-Zeitung