STRASSBURG (dpa-AFX) - Die Regeln für den Umgang mit strauchelnden Banken sollen nach dem Willen der EU-Kommission überarbeitet werden. Die für europäische Gesetzgebungsinitiativen zuständige Behörde schlug am Dienstag in Straßburg weitreichende Änderungen des aktuellen Rahmens für das Krisenmanagement im Finanzsektor und die Einlagenversicherung vor. Sie sollen vor allem das bestehende Krisensystem für mittelgroße und kleinere Banken verbessern.

Die Erfahrung zeige, dass mittelgroße und kleinere Banken bei einem Ausfall häufig nicht abgewickelt würden, teilte die EU-Kommission mit. Stattdessen kämen Lösungen zur Anwendung, bei denen anstelle von Bankressourcen oder privater branchenfinanzierter Sicherheitsnetze mitunter Steuergelder herangezogen würden.

Die nun vorgeschlagenen Vorschriften sollen nach Angaben der Behörde unter anderem die Vorteile einer Abwicklung gegenüber der Insolvenz stärken. Im Gegensatz zur Liquidation könne die Abwicklung einer Bank für Kunden weniger einschneidend sein, hieß es bei der Kommission. Ein Grund sei, dass Kunden durch die Übertragung ihrer Konten auf eine andere Bank weiter Zugang zu ihren Konten haben könnten.

Die in der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme festgelegte Deckungssumme von 100 000 Euro pro Einleger und Bank würde nach Angaben der Kommission bestehen bleiben. Allerdings sollen die Standards für den Einlegerschutz in der gesamten EU weiter harmonisiert werden. So soll der neue Rahmen den Einlegerschutz auf öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen oder Gemeinden ausweiten. Betroffen wären auch Kundengelder, die etwa von Investmentgesellschaften, Zahlungsinstituten oder E-Geld-Instituten in bestimmte Arten von Kundenfonds eingezahlt werden.

Ob die Vorschläge 1:1 umgesetzt werden, müssen nun die Regierungen der EU-Staaten und das Europaparlament entscheiden. In Deutschland umstritten ist vor allem der Vorschlag, die Bankenabwicklung für kleine und mittlere Institute zum neuen Standard zu machen. Dies wird von den deutschen Banken und Sparkassen abgelehnt.

"Mit diesem fundamentalen Paradigmenwechsel verfehlt die Europäische Kommission nicht nur das Ziel, für mehr Finanzmarktstabilität zu sorgen, sie bewirkt sogar genau das Gegenteil", kommentierte am Dienstag Daniel Quinten im Namen der Deutschen Kreditwirtschaft, dem Dachverband der fünf großen Bankenverbände in Deutschland. Die "Abwicklung für alle" solle teuer auf Kosten der nationalen einlagenbezogenen Sicherungssysteme erkauft werden.

"Es kann nicht sein, den bewährten Schutz der bestehenden nationalen Sicherungssysteme bewusst zu gefährden, um ein insbesondere auf große Banken zugeschnittenes Abwicklungsregime auf alle Banken und Sparkassen auszuweiten", betonte das Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR).

Der zuständige Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis sagte dazu auf einer Pressekonferenz im Europaparlament in Straßburg, dass es den nationalen Behörden auch künftig noch freistehen werde, Einzelfallentscheidungen zu treffen.

Genossenschaftsbanken und Sparkassen fürchten zudem um ihre eigenen Sicherungssysteme. Die Pläne der EU-Kommission bedrohten die gut funktionierenden Institutssicherungssysteme, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes Helmut Schleweis.

Die Europäische Zentralbank (EZB) begrüßte die Vorschläge. Diese würden es den Behörden ermöglichen, "Bankenkrisen effizienter und harmonisierter zu bewältigen, und sind daher ein wichtiger Schritt zur Vollendung der Bankenunion", sagten EZB-Vizepräsident Luis de Guindos und der Chef der EZB-Bankenaufsicht Andrea Enria./aha/mar/DP/he