Es gibt unterschiedliche Gründe, warum sich ein Unternehmen vom Börsenparkett verabschiedet. Klar ist: Für Anleger hat dieser Schritt immer Konsequenzen. Verkauf und Halten bleiben aber Optionen.

Wenn ein Unternehmen an die Börse geht, steht dahinter vor allem der Wunsch, mit dem Sprung aufs Parkett viel Geld von Investoren einzusammeln. Im Gegenzug müssen bestimmte Auflagen und umfassende Publizitätspflichten erfüllt werden, wie Quartalsberichte oder eine jährliche Hauptversammlung. Das ist aufwändig und kostet Geld, ist aber in manchen Fällen der beste Weg, um das Unternehmen schnell auf Wachstumskurs zu bringen. Auf der anderen Seite gibt es den Rückzug von der Börse, der als Delisting bezeichnet wird. Aktuell steht dieser beispielsweise beim DAX-Konzern Linde für die Frankfurter Börse auf der Agenda.

Die Gründe für ein Delisting sind unterschiedlicher Natur. So können sich Unternehmen freiwillig für diesen Schritt entscheiden, etwa, weil die Nachfrage nach Aktien dauerhaft gering ist und sich die Kosten für die Börsennotierung und der damit einhergehende Aufwand nicht mehr rechnen. Oder weil sich die Firma doch lieber abseits der Börse finanzieren will oder Großaktionäre dies wünschen, um besser umstrukturieren oder schneller entscheiden zu können.

In allen Fällen ist aber Voraussetzung, dass ein Übernahmeangebot für den Erwerb aller Wertpapiere vorliegt, das den Vorschriften des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes entspricht. Zudem muss Aktionären seit der Reform des Börsengesetzes im Jahr 2015 eine Abfindungszahlung angeboten werden, die in ihrer Höhe mindestens dem Aktien-Durchschnittskurs der letzten sechs Monate entspricht. Vorgeschrieben ist zudem, dass die Abfindungssumme in Euro angeboten werden muss.

Allerdings erfolgt ein Delisting nicht immer freiwillig. Es kann dazu kommen, wenn die Börsenaufsicht der Ansicht ist, dass ein ordnungsgemäßer Handel der Aktien nicht mehr möglich ist, oder eine längere und gravierende Pflichtvernachlässigung des Unternehmens vorliegt. Ein weiteres Szenario, das zu einem Delisting führt, ist zudem die Insolvenz eines Unternehmens, wobei Wirecard hier wohl zu den bekanntesten und unrühmlichsten Beispielen zählt. Und auch politische Gründe können der Grund für ein Verschwinden vom Börsen-Parkett sein. So wurden in jüngster Zeit beispielsweise etliche chinesische Firmen wegen des sich zuspitzenden Handelsstreits zwischen der Volksrepublik und den Vereinigten Staaten von Amerika von US-Börsen delistet.

Doch unabhängig von der Ursache, die zu einem Delisting führt, die Konsequenz bleibt dieselbe: Die Börsennotiz einer Aktiengesellschaft wird dauerhaft eingestellt und die Aktien können nicht mehr am regulierten Markt gehandelt werden. Zudem ändert sich die Rechtsform des delisteten Unternehmens: statt einer Aktiengesellschaft (AG), Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), oder SE, Europäische Gesellschaft, firmiert dieses dann zum Beispiel als GmbH.

Die Ankündigung eines Delistings kann relativ kurzfristig und für Aktionäre überraschend erfolgen, denn in der Regel gibt es im Vorfeld keine Warnungen von Banken, falls dieses Szenario extern eingeleitet werden soll. Und auch bei einem freiwilligen Delisting ist eine Zustimmung der Anteilseigner nicht notwendig. Seit 2013 reicht hierfür ein Vorstandsbeschluss aus, der von der Börsenaufsicht und dem Aufsichtsrat abgenickt werden muss. Das führt dazu, dass Anleger von einem derartigen Entschluss kalt erwischt werden können und der Kurs einer Aktie nach Ankündigung eines Delistings mitunter massiv einbricht – wie es auch bei Linde passiert ist. 

Ein Grund hierfür ist, dass ein Delisting den Spielraum von Anlegern schmälert, weil sich die Anteile nicht mehr im regulären Handel frei verkaufen lassen und der Markt die Preise diktiert. Zudem kann es zu finanziellen Einbußen kommen, wenn die Kaufofferten entsprechend niedrig ausfallen.

Anleger sind nicht gezwungen, ihre Anteile an den Offerten-Geber – in der Regel ein Großaktionär – zu verkaufen. Sie können diese erstmal weiter halten, weil sie auf bessere Konditionen hoffen – falls es beispielsweise zu einem Squeeze-Out kommt. Eine weitere Option ist zudem der Verkauf der delisteten Papiere über den außerbörslichen Handel (OTC-Handel). Voraussetzung hierfür ist ein Online-Broker, der dies anbietet und als Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer agiert, denn Kaufgesuche und Verkaufsangebote treffen im Freihandel nicht direkt aufeinander. Stattdessen übermittelt der zwischengeschaltete Broker Aufträge und Order und leitet Kauf- und Verkauf-Deals ein.

Der Handel im Freiverkehr punktet mit längeren Öffnungszeiten und geringeren Kosten. Auf der anderen Seite ist er aber weniger reguliert und intransparenter als der Handel an der Börse. Kurssprünge und Handelsaussetzungen sind hier ebenso Realität, wie eine erhöhte Volatilität und die Abhängigkeit von einem Kursmakler. Vor diesem Hintergrund ist er für Börsen-Laien eher ungeeignet.

(ir) für die wallstreet:online Zentralredaktion

FAST BREAK ist nicht zu stoppen: Der neue Börsendienst aus unserem Hause hat nun die restliche Short-Position auf Tesla geschlossen. Das unglaubliche Ergebnis: 200 Prozent Performance in nur wenigen Tagen. Der Chefredakteur Stefan Klotter hat bereits die nächsten Trades ausgemacht. Erfahren Sie hier mehr.


Jetzt den vollständigen Artikel lesen