BRAUNSCHWEIG (dpa-AFX) - Der milliardenschwere Musterprozess von Investoren zur VW -Dieselaffäre bleibt eine zähe Angelegenheit - zum Jahresbeginn 2023 fallen erneut mehrere Termine aus. Geplante Verhandlungen für Februar, März und April wurden aufgehoben, wie das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. "Es ist derzeit beabsichtigt, die mündliche Verhandlung im Mai 2023 fortzusetzen", sagte OLG-Sprecherin Rike Werner.

In dem riesigen Verfahren mit einem Streitwert von derzeit rund 4,34 Milliarden Euro findet damit fast ein Jahr lang kein Präsenztermin statt. Das letzte Treffen gab es am 29. Juni 2022. Wie OLG-Sprecherin Werner erläuterte, gibt es im Zusammenhang mit dem Prozess mehr als 1900 ausgesetzte Verfahren. Über einige Fragen dazu müsse der Senat im Rahmen von Beschwerden und Berufungen entscheiden. Dies binde neben der weiteren Bearbeitung des eigentlichen Musterprozesses die Arbeitskraft des Senats, sagte Werner.

Nach der Diesel-Affäre bei VW fordern Aktionäre in dem Rechtsstreit Schadenersatz für erlittene Kursverluste in Milliardenhöhe. Die zentrale Frage: Hat VW die Märkte zu spät informiert? Aktuell wird geprüft, ob es zum Kenntnisstand im VW-Vorstand über unzulässige Abschalteinrichtungen eine Beweisaufnahme geben soll. Die Entscheidung dazu hat laut OLG-Sprecherin Werner maßgeblich Einfluss auf den weiteren Ablauf. Es drohen umfangreiche Vernehmungen diverser Zeugen.

In dem sehr zähen Prozess sei den Klägern mittlerweile aber nur schwer vermittelbar, weshalb dieses Verfahren so viel Zeit in Anspruch nehme, sagte Musterkläger-Anwalt Axel Wegner der dpa. Mit Blick darauf, dass es bereits ein Grundsatzurteil des Bundesgerichthofs zur Haftung von Volkswagen gegenüber Fahrzeugkäufern gebe, sei auch für den Anlegerprozess etwas mehr Tempo wünschenswert.

Volkswagen reagierte eher nüchtern auf die erneute Verzögerung. Man habe die Aufhebung der Termine zur Kenntnis genommen, hieß es aus dem Konzern. "In der Sache bleibt die Volkswagen Aktiengesellschaft bei ihrer Auffassung, jederzeit ihren Veröffentlichungspflichten entsprochen zu haben", sagte ein Sprecher.

Ziel des Prozesses ist es, zentrale Fragen der Ausgangsverfahren vorab von der nächsthöheren Instanz zu entscheiden. Liegt ein Musterentscheid vor, ist er für die Gerichte in allen Verfahren bindend - so sieht es das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz vor. Musterbeklagte sind Volkswagen und der VW-Hauptaktionär Porsche SE , Musterklägerin ist die Deka Investment. Auftakt war im September 2018./bch/DP/nas