HAMBURG (dpa-AFX) - Estlands Premierministerin Kaja Kallas hat eindringlich um Unterstützung für die von Russland überfallene Ukraine geworben. "Gemeinsam können wir der Ukraine helfen, diesen Krieg zu gewinnen. Wir haben die Ressourcen, die wirtschaftliche Macht, den Sachverstand", sagte sie am Dienstagabend beim traditionellen Matthiae-Mahl im Hamburger Rathaus. Die Stärke des Westens überwiege jene Russlands. "Lasst uns keine Angst haben vor unserer eigenen Macht."

Kallas regiert Estland seit 2021, seit vergangener Woche steht sie auf einer russischen Fahndungsliste, weil Estland im Sommer 2022, wenige Monate nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, ein sowjetisches Kriegsdenkmal - die Nachbildung eines Panzers T-34 mit rotem Stern - in Narva an der Grenze zu Russland abgerissen hat.

"Wir müssen schonungslos ehrlich zu uns selbst sein - genauso wie Russland immer noch ukrainische Städte bombardiert und durch ihre Städte und Dörfer marschiert, wir haben unsere Versprechen nicht eingehalten", sagte Kallas. Der Ukraine gehe die Munition aus. Langfristige Verpflichtungen seien wichtig, aber es sei auch eine Tatsache, dass die Seite gewinne, die über mehr Munition verfüge.

Kallas sagte, auf der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende habe der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski zu Recht die Frage gestellt, warum Putin den Krieg immer noch fortsetzen könne. "Wir müssen diese Frage beantworten - nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten." Ihr habe in München die Siegesgewissheit gefehlt. Estlands Mantra während der "Singenden Revolution" sei gewesen: "Eines Tages werden wir gewinnen, egal was passiert." Das sollte jetzt auch ganz oben stehen.

Verteidigung sei keine Eskalation, Widerstand provoziere Russland nicht, Schwäche tue es, sagte Kallas. Sie werde immer wieder gefragt, was Russlands Präsident Wladimir Putin tun werde, wenn er verlieren würde. "Meine Antwort: Wir sollten uns mehr Sorgen darüber machen, was er tun wird, wenn Russland gewinnt." Es sei an der Zeit, die Grauzonen der Sicherheit in Europa zu beenden. "Die Zukunft der Ukraine liegt in der Nato und der EU."

Bereits vor 30 Jahren hatte der erste estnische Staatspräsident Lennart Meri ebenfalls beim Matthiae-Mahl vor russischen Expansionsplänen gewarnt. "Unter den Gästen in diesem Saal saß damals der stellvertretende Bürgermeister von St. Petersburg, Wladimir Putin", sagte Kallas. Als Reaktion auf die Rede von Präsident Meri habe er etwas getan, was es beim Matthiae-Mahl noch nie gegeben habe. "Er stand abrupt auf und ging" - mit wütenden Schritten und verächtlichem Blick in Richtung des Gastgebers./klm/fi/DP/he