Inkassoverband warnt vor Überregulierung durch falsch verstandenen
Verbraucherschutz / BDIU-Präsidentin Anke Blietz-Weidmann stellt
Branchenreport23 vor (FOTO)
Berlin (ots) - Die Anzahl der ins Inkasso übergebenen Forderungen stieg zwischen
2020 und 2023 um rund 16 Prozent auf 33 Millionen Vorgänge. Gleichzeitig sank
deren Wert um mehr als ein Viertel (28 %) und liegt nun im Durchschnitt bei 563
Euro. Zugleich sank nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung des
Verbraucherschutzes im Inkassorecht (VVInkG) im Oktober 2021 die Höhe der
abrechenbaren Inkassokosten um 25 Prozent. Dazu BDIU-Präsidentin Anke
Blietz-Weidmann: "Das Abwälzen der Kosten des Zahlungsverzugs vom Verursacher
auf Gläubiger und ihre Inkassodienstleister kann so nicht weitergehen!"
Insgesamt belegt der Branchenreport23 des Inkassoverbandes erneut die
volkswirtschaftliche Relevanz des Forderungsmanagements. Zum Jahresende hatten
Inkassounternehmen insgesamt 97 Millionen Forderungen in der Bearbeitung. Die
BDIU-Mitgliedsunternehmen realisierten dabei mehr als
5 Milliarden Euro und trugen so wesentlich dazu bei, Liquidität, Arbeitsplätze
und Investitionen der Gläubiger zu sichern. Blietz-Weidmann: "Gläubiger
übergeben ihre Forderungen typischerweise ins Inkasso, nachdem sie selbst zwei
bis drei Zahlungserinnerungen versendet haben. Erst danach übernimmt ein
Inkassounternehmen eigenständig den weiteren Prozess. Meistens wird dabei eine
einvernehmliche Lösung mit den Verbrauchern erreicht, während sich die Gläubiger
auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können."
Inkassodienstleister können auch das gerichtliche Mahnverfahren und die
Zwangsvollstreckung nutzen. Das kommt aber nicht oft vor: Acht von zehn Fälle
(78 %) werden außergerichtlich, das heißt im gegenseitigen Einvernehmen und ohne
gerichtliche Zwangsmaßnahmen gelöst. "Das außergerichtliche Inkasso entlastet
die Justiz in Form der Mahngerichte und Gerichtsvollzieher. Die wären mit der
schieren Fülle an sich in Verzug befindlichen Forderungen schnell überfordert.
Von unseren außergerichtlichen Lösungen profitieren aber auch die Schuldner.
Denn sie sparen Gerichtskosten und kommen um den für viele unangenehmen Besuch
des Gerichtsvollziehers herum", betont die neu gewählte BDIU-Präsidentin. Sie
verweist zudem darauf, dass nur eine von zwanzig Forderungen im vorgerichtlichen
Verfahren bestritten wird: "Es kommt nur selten zu grundsätzlichen
Unstimmigkeiten über die Berechtigung einer Inkassoforderung", betont
Blietz-Weidmann. Denn Inkassodienstleister hätten ja ein originäres Interesse
daran, gewissenhaft zu prüfen, welche Forderungen sie zur Bearbeitung
übernehmen.
Inkassounternehmen arbeiten weitestgehend beschwerdefrei
In diesem Zusammenhang verweist sie auch auf die Beschwerdestatistik.
BDIU-Ombudsfrau Sonja Steffen, von 2009 bis 2021 Mitglied des Bundestags,
erreichten im Jahr 2023 insgesamt 1.250 Beschwerden. Im Vergleich zu den 33
Millionen neuen Inkassoforderungen ergibt sich daraus eine Quote von 0,0037
Prozent. Nimmt man nur die begründeten Beschwerden, liegt die Zahl sogar noch
niedriger. Dann kommen anderthalb Beschwerden auf eine Million Fälle. Dazu noch
einmal Blietz-Weidmann: "Die Beschwerdequote im Inkasso ist verschwindend
gering. Berücksichtigt man die Sensibilität der Thematik, ist das ein
eindrucksvoller Nachweis der guten und fairen Arbeit der Branche und zeigt, dass
die nie enden wollenden Rufe nach mehr Verbraucherschutz im Inkasso ein Zerrbild
der Realität zeichnen."
Schuldnerschutz auf Kosten der Allgemeinheit
Nicht nur deshalb fordert die BDIU-Präsidentin vom Gesetzgeber, der die
Inkassokosten, die vom Schuldner erstattet werden müssen, zuletzt stark
herabgesetzt hatte, ein grundsätzliches Umdenken: "Die Kosten, die der Schuldner
nun nicht mehr erstatten muss, fallen nicht einfach weg, sie werden vom
Verursacher auf den ohnehin geprellten Gläubiger abgewälzt!" Die Gläubiger
müssen diese Kosten über ihre Preise auf die Allgemeinheit umlegen und so die
Kosten des Fehlverhaltens einzelner gewissermaßen vergesellschaften. "Der
Gesetzgeber sollte den Mut aufbringen, die Verursacher wieder stärker in die
Pflicht zu nehmen.", fordert die BDIU-Präsidentin deshalb. Auch das sei ein Teil
des Verbraucherschutzes, der aber bislang vernachlässigt werde. Sie erinnert in
diesem Zusammenhang noch einmal daran, dass gerade die Inkassodienstleister sehr
daran interessiert seien, mit den Schuldnern zu guten Vereinbarungen zu kommen.
Denn auch hier gelte: Zeit ist Geld. Zudem wisse sie aus ihrem täglichen
Geschäft als Chief Operations Officer bei der Lowell DACH Gruppe, dass die
Schuldnergespräche oft positiv verliefen. Viele seien tatsächlich froh, wenn
ihnen ein Weg aus der Verschuldung gezeigt werde. "Im Grunde betreiben wir als
Inkasso-Branche, gestützt auf unseren Code of Conduct und auf den gemeinsamen
Wunsch aller Beteiligten, die Schulden aus der Welt zu schaffen, effektiven
Verbraucherschutz. Auch wenn das einigen nicht ins Weltbild passt."
Inkasso-Branche zu Personalabbau gezwungen
Laut Branchenreport23 wurden in der Inkassowirtschaft zuletzt stark
Arbeitsplätze abgebaut. Gab es 2018 noch rund 20.000 Beschäftigte in der
Branche, sank die Zahl um ein Viertel auf nur noch 15.000 Mitarbeitende
(Branchenreport23) und erreichte einen neuen Tiefstand. Für Blietz-Weidmann ist
das auch eine Folge der Gebührenregulierung, denn die willkürliche Deckelung der
erstattungsfähigen Inkassokosten habe den Kostendruck für die Branche massiv
erhöht. Darunter leiden auch die Schuldner, sagt Blietz-Weidmann: "Verschuldete
Menschen profitieren davon, wenn gut geschulte Inkassomitarbeitende ihnen
helfen, Lösungen zu finden. In ihrem neuen Zuschnitt liefert die Gebührenordnung
den Unternehmen hierfür bedauerlicherweise immer weniger Spielraum."
Pressekontakt:
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