Wie groß wird der Bauernprotest? 04.01.2024, 11:18 Uhr von dpa Jetzt kommentieren: 0

Protest der Landwirte
© Fabian Sommer/dpa / Im Dezember fuhren die Bauern mit tausenden Traktoren durch Berlin um gegen die Pläne der Regierung zu protestieren.

Der Bauernverband trägt seinen Frust über die Bundesregierung seit der Vorweihnachtszeit auf die Straße, ab Montag wollen die Landwirte nun mit einer Aktionswoche auf ihre Lage aufmerksam machen. Verbandspräsident Joachim Rukwied fordert die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP zur Rücknahme von Einsparplänen beim Agrardiesel und der Kfz-Steuer auf. Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) will sich kommende Woche den Protesten anschließen.

In den sozialen Netzwerken hat die geplante Aktionswoche bereits für viel Aufregung gesorgt. «Der Deutsche Bauernverband distanziert sich aufs Schärfste von Schwachköpfen mit Umsturzfantasien, Radikalen sowie anderen extremen Randgruppe, die unsere Aktionswoche kapern und unseren Protest für ihre Anliegen vereinnahmen wollen», schrieb der Bauernverband bei Instagram. Ein Generalstreik, von dem in den Netzwerken die Rede ist, ist in Deutschland rechtlich so gut wie unmöglich. Sowohl im Bauernverband als auch im BGL sind Arbeitgeber organisiert - sie können zu einem Protest aufrufen, ein rechtlich geschützter Streik ist das dann aber nicht.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur anstehenden Aktionswoche:

Was genau plant der Bauernverband für die kommenden Tage?

Als Reaktion auf die Sparpläne der Bundesregierung hat der Verband zu einer Aktionswoche ab dem 8. Januar aufgerufen. Sie soll am 15. Januar in einer Großdemonstration in Berlin gipfeln. Was genau an den einzelnen Tage passieren wird, ist bisher im Detail offen. Für Montag sind etwa Kundgebungen und Sternfahrten angekündigt.

Die Bundesregierung will den Landwirten Steuervergünstigungen beim Agrardiesel und der Kraftfahrzeugsteuer streichen, um Löcher im Haushalt zu stopfen. Bereits vor Weihnachten demonstrierten Landwirte gegen die Pläne, teilweise kam es dabei zu Behinderungen des Verkehrs. «Die Steuererhöhungspläne der Bundesregierung müssen zurückgenommen werden», forderte Verbandspräsident Joachim Rukwied zuletzt. Bei einem großen Protest am 18. Dezember in Berlin kamen nach Verbandsangaben mehr als 3000 Trecker in die Hauptstadt, die Polizei sprach von 1700 Traktoren.

Was planen die Spediteure?

Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung fordert Entlastungen bei der Maut und beim Diesel-Kraftstoff und mehr Geld für Straßen, Brücken und Parkplätze. Der Verband will sich daher den Aktionen der Bauern anschließen. «Wir beginnen die Aktionswoche am 8. Januar mit Demonstrationen in den Landeshauptstädten», hieß es. Auch hier fehlen bisher Details.

Welche Auswirkungen sind durch die Aktionswoche zu erwarten?

Das ist angesichts der noch lückenhaften Informationslage schwierig abzuschätzen - ein großes Chaos auf den Straßen ist aber bisher nicht absehbar. Voraussichtlich wird es vereinzelt und regional zu Beeinträchtigungen kommen, vor allem Demonstrationen mit Traktoren erzeugen in der Regel allein wegen der Größe der Gefährte viel Aufmerksamkeit und tendenziell auch Staus. Es ist auch möglich, dass die Landwirte mit den Traktoren vereinzelt Straßen blockieren werden. Große Auswirkungen für den Alltag der meisten Menschen in Deutschland sind aber nicht zu erwarten.

Welche Rolle spielt dabei die Lokführergewerkschaft GDL?

Die GDL steckt aktuell in schwierigen Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn und wird absehbar in den nächsten Tagen zu einem längeren Streik auf der Schiene aufrufen. Mit den Plänen von Bauern und Spediteuren hat das aber nichts zu tun, es gibt lediglich eine zufällige zeitliche Überschneidung. Auch die Ziele der Organisationen sind völlig unterschiedlich: Der GDL geht es um mehr Geld für gut 10.000 DB-Beschäftigte, nicht um Kritik an der Ampel-Regierung.

Ob Aktionen der Bauern zeitgleich zu einem GDL-Streik für Chaos im Verkehr sorgen, ist ebenfalls völlig offen und hängt von den genauen Plänen der beiden Organisationen ab - die im Detail aber noch nicht bekannt sind.

Generalstreik - ist das in Deutschland überhaupt möglich?

Nein, Generalstreiks sind in der Bundesrepublik so gut wie ausgeschlossen und der Begriff für die anstehenden Ereignisse fehl am Platz. Das Streikrecht ist in der Bundesrepublik ein hohes Gut. Entscheidend ist dabei aber, dass sich der Streik auf den Abschluss eines Tarifvertrags bezieht, nicht auf politische Ziele oder Ideen. «Die Rechtsprechung in Deutschland sagt klar, dass für politische Ziele Streiks nicht möglich sind. Auch Generalstreiks für politische Ziele sind ausgeschlossen», sagte Ernesto Klengel vom Hugo Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Deutschen Presse-Agentur.

Bei Streiks für Tarifverträge sind die Teilnehmer rechtlich geschützt, ein solcher Arbeitskampf darf beispielsweise nicht als Kündigungsgrund angeführt werden. Bei Protesten oder Demonstrationen während der Arbeitszeit gilt dieser Schutz nicht. Wer also kommende Woche die Arbeit niederlegt, um sich mit den Bauern gegen die Politik der Bundesregierung zu solidarisieren, riskiert Konsequenzen.

«Man kann, auch als Unternehmerverband, natürlich zu Demonstrationen aufrufen. Rechtlich ist das aber eine ganz andere Ebene als ein Streik», erklärte Klengel. «Ein unrechtmäßiger Streik oder Generalstreik könnte für die Verbände Schadenersatzforderungen zur Folge haben. Deswegen distanzieren sie sich wahrscheinlich gerade von dem Begriff.»

Unterstützung aus Hannover

Niedersachsens Landesregierung stellt sich im Streit um die Agrar-Sparpläne des Bundes auf die Seite der Landwirtschaft. Gemeinsam mit fünf Branchenverbänden forderten Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) die Bundesregierung und die Regierungsfraktionen im Bundestag auf, die Pläne zu stoppen. Die Spitzen der Ampelkoalition hatten vereinbart, die Steuer für Agrardiesel zu erhöhen und Kfz-Steuern für landwirtschaftliche Fahrzeuge einzuführen.

Weil kritisierte, die Landwirtschaft - einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Niedersachsen - werde damit von dem Sparpaket der Bundesregierung unverhältnismäßig stark belastet. «Niedersachsen ist ein ganz wichtiges Agrarland», sagte Weil. «Wir als Landesregierung wollen ausdrücklich, dass das so bleibt.»

Niedersachsen ist laut Landesregierung das Agrarland Nummer eins in Deutschland, gemessen am Produktionswert. Vor allem die Tierhaltung zur Produktion von Fleisch, Milch und Eiern hat daran großen Anteil.

© dpa-infocom, dpa:240104-99-489676/4

Kommentare (0) ... diskutiere mit.
Werbung

Handeln Sie Aktien bei SMARTBROKER+ für 0 Euro!* Profitieren Sie von kostenloser Depotführung, Zugriff auf 29 deutsche und internationale Börsenplätze und unschlagbar günstigen Konditionen – alles in einer innovativen, brandneuen App. Jetzt zu SMARTBROKER+ wechseln und durchstarten!

*Ab 500 EUR Ordervolumen über gettex. Zzgl. marktüblicher Spreads und Zuwendungen.

k.A. Pkt (k.A.) k.A. % k.A. Pkt
k.A. Pkt (k.A.) k.A. % k.A. Pkt
k.A. Pkt (k.A.) k.A. % k.A. Pkt
BörsenNEWS.de
Schreib den ersten Kommentar!

Dis­clai­mer: Die hier an­ge­bo­te­nen Bei­trä­ge die­nen aus­schließ­lich der In­for­ma­t­ion und stel­len kei­ne Kauf- bzw. Ver­kaufs­em­pfeh­lung­en dar. Sie sind we­der ex­pli­zit noch im­pli­zit als Zu­sich­er­ung ei­ner be­stim­mt­en Kurs­ent­wick­lung der ge­nan­nt­en Fi­nanz­in­stru­men­te oder als Handl­ungs­auf­for­der­ung zu ver­steh­en. Der Er­werb von Wert­pa­pier­en birgt Ri­si­ken, die zum To­tal­ver­lust des ein­ge­setz­ten Ka­pi­tals füh­ren kön­nen. Die In­for­ma­tion­en er­setz­en kei­ne, auf die in­di­vi­du­el­len Be­dür­fnis­se aus­ge­rich­te­te, fach­kun­di­ge An­la­ge­be­ra­tung. Ei­ne Haf­tung oder Ga­ran­tie für die Ak­tu­ali­tät, Rich­tig­keit, An­ge­mes­sen­heit und Vol­lständ­ig­keit der zur Ver­fü­gung ge­stel­lt­en In­for­ma­tion­en so­wie für Ver­mö­gens­schä­den wird we­der aus­drück­lich noch stil­lschwei­gend über­nom­men. Die Mar­kets In­side Me­dia GmbH hat auf die ver­öf­fent­lich­ten In­hal­te kei­ner­lei Ein­fluss und vor Ver­öf­fent­lich­ung der Bei­trä­ge kei­ne Ken­nt­nis über In­halt und Ge­gen­stand die­ser. Die Ver­öf­fent­lich­ung der na­ment­lich ge­kenn­zeich­net­en Bei­trä­ge er­folgt ei­gen­ver­ant­wort­lich durch Au­tor­en wie z.B. Gast­kom­men­ta­tor­en, Nach­richt­en­ag­en­tur­en, Un­ter­neh­men. In­fol­ge­des­sen kön­nen die In­hal­te der Bei­trä­ge auch nicht von An­la­ge­in­te­res­sen der Mar­kets In­side Me­dia GmbH und/oder sei­nen Mit­ar­bei­tern oder Or­ga­nen be­stim­mt sein. Die Gast­kom­men­ta­tor­en, Nach­rich­ten­ag­en­tur­en, Un­ter­neh­men ge­hör­en nicht der Re­dak­tion der Mar­kets In­side Me­dia GmbH an. Ihre Mei­nung­en spie­geln nicht not­wen­di­ger­wei­se die Mei­nung­en und Auf­fas­sung­en der Mar­kets In­side Me­dia GmbH und de­ren Mit­ar­bei­ter wie­der. Aus­führ­lich­er Dis­clai­mer