Automated Market Maker (AMM) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: aTokens Nächster Begriff: Avalanche (AVAX)
Eine der bedeutendsten Innovationen im DeFi-Sektor, die dezentralen, kontinuierlichen, permissionless Handel von digitalen Vermögenswerten, ganz ohne zentrale Börsen oder Vermittler, ermöglichen
Ein Automated Market Maker (AMM) ist ein algorithmisches Handelssystem, das innerhalb von dezentralen Börsen (DEXs) den automatisierten Tausch von Kryptowährungen ohne Zwischenhändler ermöglicht. Im Gegensatz zu traditionellen Finanzmärkten, die auf Orderbüchern basieren, verwenden AMMs mathematische Formeln, um Preise festzulegen und Liquidität bereitzustellen. Sie bilden einen zentralen Baustein der Dezentralisierten Finanzen (DeFi) und haben den Handel mit Krypto-Assets grundlegend revolutioniert.
Funktionsprinzip eines Automated Market Makers
Ein AMM ersetzt das klassische Orderbuch durch einen Liquiditätspool, in den Nutzer zwei Token einzahlen. Diese Einlagen dienen als Handelsbasis für andere Nutzer, die Token tauschen möchten. Der Preis eines Tokens ergibt sich dabei dynamisch aus dem Verhältnis der beiden Token im Pool – gesteuert durch eine mathematische Preisformel.
Das am häufigsten verwendete Modell ist die Konstante-Produkt-Formel von Uniswap:
Dabei sind:
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= Menge von Token A im Pool
-
= Menge von Token B im Pool
-
= Konstante (Produkt beider Token-Mengen), die sich nicht verändern darf
Ein Tauschvorgang verändert und , doch das Produkt bleibt konstant. Der Preis eines Tokens ergibt sich somit aus dem Verhältnis der Tokenmengen.
Beispiel: Tausch auf Basis der Uniswap-Formel
Ein Nutzer möchte ETH gegen USDC tauschen. Der Pool enthält:
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100 ETH
-
200.000 USDC
-
Wenn der Nutzer 1 ETH in den Pool einzahlt, steigt die ETH-Menge auf 101. Damit muss die USDC-Menge auf etwa 198.019 sinken, um konstant zu halten. Der Nutzer erhält also ca. 1.981 USDC – der effektive Preis pro ETH hat sich leicht verschoben, da der Pool nun aus dem Gleichgewicht ist.
Diese Verschiebung nennt man „Slippage“.
Eigenschaften von AMMs
Merkmal | Beschreibung |
---|---|
Dezentralität | AMMs arbeiten ohne zentrale Gegenpartei oder Vermittler |
Kontinuierliche Liquidität | Solange ein Pool gefüllt ist, sind Transaktionen jederzeit möglich |
Preisfindung durch Algorithmus | Kein Orderbuch, sondern Berechnung über mathematische Formel |
Offen für jeden | Jeder kann Liquidität bereitstellen und davon profitieren |
Gebührenbasiertes Anreizsystem | Handelsgebühren fließen anteilig an die Liquiditätsanbieter zurück |
Rolle der Liquiditätsanbieter (Liquidity Provider, LP)
Liquiditätsanbieter (LPs) stellen Kapital in Form von Tokenpaaren zur Verfügung, z. B. ETH/USDC. Sie erhalten im Gegenzug LP-Token, die ihren Anteil am Pool repräsentieren.
Vorteile für LPs:
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Anteil an den Handelsgebühren (typischerweise 0,3 % pro Swap)
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Möglichkeit zum Yield Farming, wenn LP-Token in weiteren Protokollen genutzt werden
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Passives Einkommen ohne aktiven Handel
Risiken für LPs:
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Impermanent Loss: Wenn sich der Preis der Token stark verändert, kann der Wert des Pool-Anteils geringer sein als bei einfachem Halten.
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Smart-Contract-Risiko: Fehler oder Hacks im AMM-Protokoll können zu Kapitalverlust führen.
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Pool-Imbalance: Bei extremer Nachfrage kann der Preis stark vom Marktpreis abweichen.
Weitere Preisformeln und AMM-Varianten
Nicht alle AMMs nutzen die einfache -Formel. Es gibt spezialisierte Modelle für verschiedene Anwendungsfälle:
1. Constant Sum (Balancer)
Formel:
→ geeignet für Pools mit vielen Token und unterschiedlichen Gewichtungen (z. B. 80/20 statt 50/50)
2. StableSwap (Curve Finance)
Verwendet komplexere Formeln, um Token mit ähnlichem Preis (z. B. Stablecoins) nahezu ohne Slippage zu tauschen.
3. Dynamic AMMs (Bancor, Dodo)
Passen Gebühren und Preisfindung dynamisch an, um Arbitrage-Effizienz zu erhöhen und Verluste zu minimieren.
4. Range AMMs (Uniswap V3)
Erlauben LPs, Kapital nur innerhalb bestimmter Preisspannen bereitzustellen – höhere Effizienz, aber komplexer.
Vorteile von Automated Market Makers
1. Ununterbrochene Handelbarkeit
AMMs ermöglichen 24/7-Handel ohne zentrale Instanz, unabhängig von Börsenöffnungszeiten oder Liquiditätsanbietern.
2. Zugang für alle
Jeder kann Handel betreiben oder Liquidität bereitstellen, ohne Genehmigung oder KYC – ideal für finanzielle Inklusion.
3. Skalierbarkeit
AMMs sind hochgradig skalierbar, da sie keine Order-Matching-Engines benötigen.
4. Innovationstreiber
Sie bilden das Rückgrat vieler DeFi-Produkte – von Lending-Protokollen über Derivate bis hin zu NFT-Marktplätzen.
Nachteile und Herausforderungen
1. Impermanent Loss
Das Hauptrisiko für LPs: Bei stark schwankenden Preisen erleiden sie Verluste im Vergleich zum reinen Halten der Token.
2. Slippage und Preisungleichgewicht
Bei geringen Poolgrößen oder großen Transaktionen kann der Tauschpreis deutlich vom Marktpreis abweichen.
3. Arbitrage-Abhängigkeit
AMMs sind auf externe Arbitrageure angewiesen, um Preise an den Markt anzupassen – das kostet Gebühren und erzeugt Ineffizienzen.
4. Smart Contract Risiken
Bugs oder Hacks im AMM-Code können zu Verlusten führen. Audits sind zwar Standard, bieten aber keine absolute Sicherheit.
Anwendungsmöglichkeiten von AMMs
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DEXs wie Uniswap, SushiSwap, PancakeSwap
→ Klassischer Token-Tausch -
Stablecoin-Swaps auf Curve Finance
→ Nahezu slippagefreie Swaps zwischen USDT, DAI, USDC etc. -
Derivate und synthetische Assets
→ Preisbildung auf Basis von orakelgestützten AMMs (z. B. Synthetix) -
NFT-Marktplätze mit AMM-Preismodellen
→ Pools für NFT-Kollektionen, z. B. auf Sudoswap
Fazit
Automated Market Maker (AMM)-Systeme sind eine der bedeutendsten Innovationen im DeFi-Sektor. Sie ermöglichen dezentralen, kontinuierlichen, permissionless Handel von digitalen Vermögenswerten – ganz ohne zentrale Börsen oder Vermittler. Durch ihre einfache Architektur, offene Zugänglichkeit und transparente Preisbildung haben sie den Kryptohandel demokratisiert. Gleichzeitig bringen sie neue Herausforderungen mit sich, etwa in Bezug auf Risiken für Liquiditätsanbieter, Slippage und Smart Contract-Sicherheit. Dennoch bleiben AMMs ein unverzichtbarer Bestandteil der dezentralen Finanzinfrastruktur – mit wachsender Bedeutung auch für institutionelle Anwendungen und neue digitale Märkte.