Ertragssteuern Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Ertragssteueransprüche Nächster Begriff: Ertragssteuerverpflichtungen
Eine Steuer, die auf die Gewinne oder Einkünfte eines Unternehmens oder einer Person erhoben wird, basierend auf dem erzielten Ertrag oder Einkommen
Ertragssteuern sind Steuern, die auf das Einkommen oder den Gewinn von natürlichen oder juristischen Personen erhoben werden. Sie bilden in vielen Staaten eine zentrale Einnahmequelle für den Staatshaushalt und dienen der Finanzierung öffentlicher Aufgaben. Im Gegensatz zu indirekten Steuern – wie etwa der Umsatzsteuer – setzen Ertragssteuern direkt an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen an und sind somit direkte Steuern. In Deutschland zählen zu den wichtigsten Ertragssteuern die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer. Diese Steuerarten erfassen das Einkommen bzw. den Ertrag aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit, Kapitalerträgen sowie aus unternehmerischer Tätigkeit.
Systematik und steuerliche Grundlagen
Ertragssteuern sind Teil des Einkommensteuerrechts und Unternehmenssteuerrechts und unterliegen in Deutschland sowohl bundesgesetzlichen als auch kommunalen Regelungen. Die gesetzliche Grundlage für die wichtigsten Ertragssteuern bildet das Einkommensteuergesetz (EStG), das Körperschaftsteuergesetz (KStG), das Gewerbesteuergesetz (GewStG) sowie ergänzende Vorschriften in der Abgabenordnung (AO).
Die Abgrenzung der Ertragssteuern erfolgt danach, welche Art von Steuerpflichtigem betroffen ist und welche Einkunftsarten der Besteuerung unterliegen:
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Einkommensteuer – natürliche Personen
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Körperschaftsteuer – juristische Personen (insbesondere Kapitalgesellschaften)
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Gewerbesteuer – gewerbliche Unternehmen (unabhängig von der Rechtsform)
Einkommensteuer
Die Einkommensteuer ist die wichtigste allgemeine Ertragssteuer in Deutschland und betrifft natürliche Personen. Bemessungsgrundlage ist das zu versteuernde Einkommen, das sich aus sieben Einkunftsarten zusammensetzt, darunter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus selbständiger Tätigkeit, aus Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie aus Land- und Forstwirtschaft.
Die Einkommensteuer unterliegt einem progressiven Tarif, das heißt: Der Steuersatz steigt mit zunehmendem Einkommen an. Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist die Einkommensteuer die zentrale Ertragssteuer, da deren Gewinne nicht auf Gesellschaftsebene, sondern direkt bei den Gesellschaftern besteuert werden (sog. Transparenzprinzip).
Körperschaftsteuer
Die Körperschaftsteuer ist die Ertragssteuer für juristische Personen, insbesondere Kapitalgesellschaften wie die GmbH oder die Aktiengesellschaft. Die Bemessungsgrundlage ist das zu versteuernde Einkommen, das dem handelsrechtlichen Jahresüberschuss entspricht, modifiziert um steuerliche Korrekturposten (z. B. nicht abziehbare Betriebsausgaben, steuerfreie Einnahmen, Rückstellungen).
Der Körperschaftsteuersatz beträgt in Deutschland einheitlich 15 %, zuzüglich Solidaritätszuschlag. Eine Besonderheit besteht darin, dass die Körperschaftsteuer unabhängig von der Gewinnausschüttung erhoben wird – sie besteuert den Gewinn der Gesellschaft, nicht das Einkommen der Anteilseigner.
Gewerbesteuer
Die Gewerbesteuer ist eine besondere Form der Ertragsbesteuerung auf Unternehmensebene. Sie wird ausschließlich auf gewerbliche Tätigkeiten erhoben und stellt eine wichtige Einnahmequelle der Gemeinden dar. Bemessungsgrundlage ist der Gewerbeertrag, der aus dem Gewinn des Unternehmens abgeleitet wird, jedoch durch Hinzurechnungen und Kürzungen angepasst wird.
Die Höhe der Gewerbesteuer ist abhängig vom kommunalen Hebesatz, der von den jeweiligen Gemeinden festgelegt wird. Der bundesweit einheitliche Steuermessbetrag beträgt 3,5 % des Gewerbeertrags; dieser wird mit dem individuellen Hebesatz multipliziert (oft zwischen 200 % und 900 %).
Für Einzelunternehmer und Personengesellschaften wird die gezahlte Gewerbesteuer teilweise auf die Einkommensteuer angerechnet, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden (§ 35 EStG).
Buchhalterische Behandlung
In der Buchführung und Rechnungslegung stellen Ertragssteuern regelmäßig einen betriebsbedingten Aufwand dar, der das Jahresergebnis mindert. Die Erfassung erfolgt meist unter dem Bilanzposten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“.
In der Gewinn- und Verlustrechnung nach HGB (§ 275 HGB) wird der Posten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ in einem eigenen Gliederungspunkt ausgewiesen. Nach IFRS erfolgt die Trennung in „current tax“ (tatsächliche Steueraufwendungen) und „deferred tax“ (latente Steuern).
Latente Steuern im Zusammenhang mit Ertragssteuern
Latente Steuern entstehen aus Differenzen zwischen dem handelsrechtlichen und dem steuerlichen Ergebnis. Solche Differenzen können sich entweder in der Zukunft ausgleichen (temporäre Differenzen) oder dauerhaft bestehen. Bei temporären Differenzen wird handelsrechtlich eine Abgrenzung vorgenommen, um die Steuerlast periodengerecht darzustellen.
Dabei unterscheidet man:
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Aktive latente Steuern (Steueransprüche): z. B. durch steuerlich nicht anerkannte Aufwendungen, die später steuerlich wirksam werden.
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Passive latente Steuern (Steuerverpflichtungen): z. B. bei steuerlich niedrigeren Abschreibungen gegenüber handelsrechtlich höheren Abschreibungen.
Die Bilanzierung latenter Ertragssteuern ermöglicht eine realistische Darstellung der zukünftigen Steuerbelastung und verbessert die Vergleichbarkeit von Unternehmensergebnissen.
Internationale Aspekte
Auch in internationalen Kontexten stellen Ertragssteuern eine zentrale steuerliche Größe dar, wobei die Systeme und Steuersätze weltweit stark variieren. Die OECD-Mitgliedstaaten bemühen sich im Rahmen internationaler Vereinbarungen (z. B. BEPS-Projekt) um eine Angleichung der steuerlichen Rahmenbedingungen zur Bekämpfung von Gewinnverlagerung und Steuervermeidung.
Mit dem Inkrafttreten der Mindestbesteuerung (Global Minimum Tax) für große internationale Konzerne ab 2024 wird die globale Ertragsbesteuerung verstärkt harmonisiert. Ziel ist es, sicherzustellen, dass multinationale Unternehmen in allen Ländern ein Mindestmaß an Ertragsteuer entrichten – unabhängig von ihrer Standortwahl.
Bedeutung für Unternehmen und Investoren
Für Unternehmen sind Ertragssteuern ein bedeutender Kostenfaktor, der die Nettoertragslage direkt beeinflusst. Die Steuerbelastung wirkt sich auf Gewinnverwendung, Finanzierungsspielräume und Investitionsentscheidungen aus. Daher gehört das Steuercontrolling zu den zentralen Aufgaben im Finanzbereich eines Unternehmens.
Auch für Investoren ist die Betrachtung der Ertragssteuern wichtig, insbesondere:
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zur Ermittlung der Nettorendite,
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zur Analyse der Steuerquote (effektive Steuerlast im Verhältnis zum Vorsteuergewinn),
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zur Einschätzung bilanzpolitischer Maßnahmen (z. B. Nutzung steuerlicher Verlustvorträge).
Eine dauerhaft hohe Steuerquote kann auf eine geringe Steueroptimierung hindeuten, während sehr niedrige Quoten Anlass für eine genauere Prüfung der Steuerstrategie geben können.
Fazit
Ertragssteuern sind direkte Steuern, die auf Einkommen oder Gewinne von natürlichen und juristischen Personen erhoben werden. Sie umfassen in Deutschland insbesondere Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer und stellen eine der wichtigsten Einnahmequellen des Staates dar. Für Unternehmen beeinflussen Ertragssteuern die Rentabilität, Liquidität und strategische Ausrichtung. In der Rechnungslegung sind sie ein zentrales Element der Erfolgsrechnung und der Bilanzierung. Auch im internationalen Kontext gewinnen Ertragssteuern an Bedeutung, insbesondere im Rahmen globaler Steuerharmonisierungsmaßnahmen. Eine fundierte Kenntnis der Ertragsbesteuerung ist daher unerlässlich für Unternehmensführung, Finanzplanung und Investorenanalyse.