Global Systemically Important Banks (G-SIBs) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Global Systemically Important Bank Buffer (G-SIB Buffer) Nächster Begriff: Systemic Risk Buffer (SRB)
Banken, die eine zentrale Rolle im internationalen Finanzsystem spielen
Global Systemically Important Banks (G-SIBs) sind Banken, deren Insolvenz oder wirtschaftliche Schieflage erhebliche negative Auswirkungen auf das globale Finanzsystem und die Weltwirtschaft haben könnte. Aufgrund ihrer Größe, Vernetzung und Bedeutung für den internationalen Zahlungsverkehr unterliegen diese Banken besonderen regulatorischen Anforderungen, um systemische Risiken zu minimieren und ihre Stabilität zu gewährleisten.
Hintergrund und Entstehung
Die Finanzkrise von 2008 hat gezeigt, dass der Zusammenbruch großer Finanzinstitute globale wirtschaftliche Verwerfungen auslösen kann. Der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers führte zu Turbulenzen auf den Finanzmärkten, einer Vertrauenskrise im Bankensektor und massiven staatlichen Rettungsmaßnahmen. Um ähnliche Szenarien in Zukunft zu vermeiden, haben der Basel-Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) und das Financial Stability Board (FSB) das Konzept der Global Systemically Important Banks (G-SIBs) entwickelt.
Seit 2011 veröffentlicht das FSB jährlich eine Liste der global systemrelevanten Banken. Diese Banken müssen zusätzliche Kapitalpuffer halten und strengere Aufsichtsmaßnahmen erfüllen, um ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlichen Schocks zu erhöhen.
Kriterien zur Einstufung als G-SIB
Der Basel-Ausschuss für Bankenaufsicht hat ein Indikator-basiertes Bewertungssystem entwickelt, um die Systemrelevanz einer Bank zu bestimmen. Jede Bank wird anhand von fünf Kategorien bewertet:
-
Größe
- Je größer eine Bank ist, desto schwerwiegender wären die Folgen eines Zusammenbruchs für das Finanzsystem.
- Die Größe wird anhand der Bilanzsumme berechnet.
-
Vernetzung
- Banken, die eng mit anderen Finanzinstituten verbunden sind, können im Krisenfall Ansteckungseffekte auslösen.
- Dazu zählen z. B. Interbankenkredite und Derivategeschäfte.
-
Substituierbarkeit
- Manche Banken übernehmen zentrale Funktionen im globalen Finanzsystem, z. B. als Clearingstelle oder im Zahlungsverkehr.
- Je schwieriger eine Bank zu ersetzen ist, desto systemrelevanter ist sie.
-
Komplexität
- Banken mit vielen grenzüberschreitenden Geschäften oder komplizierten Finanzprodukten sind schwerer zu restrukturieren.
- Beispiele: Derivate, Verbriefungen und andere komplexe Finanzinstrumente.
-
Globale Aktivität
- Banken, die weltweit tätig sind, haben eine höhere systemische Bedeutung als rein nationale Institute.
Auf Basis dieser Kriterien erhält jede Bank eine Punktzahl. Banken mit einer besonders hohen Punktzahl werden als G-SIBs eingestuft und in verschiedene Risikokategorien unterteilt.
Zusätzliche regulatorische Anforderungen für G-SIBs
Da G-SIBs ein erhöhtes Risiko für das Finanzsystem darstellen, müssen sie strengere regulatorische Anforderungen erfüllen. Dazu gehören:
-
Zusätzlicher Kapitalpuffer (G-SIB Buffer)
- G-SIBs müssen einen zusätzlichen Kapitalpuffer in Höhe von 1,0 % bis 3,5 % des risikogewichteten Vermögens (RWA) halten.
- Dieser Puffer besteht aus hartem Kernkapital (Common Equity Tier 1, CET1), das aus einbehaltenen Gewinnen oder Stammkapital bestehen muss.
-
Höhere Verlustabsorptionsfähigkeit (TLAC - Total Loss-Absorbing Capacity)
- G-SIBs müssen eine höhere Gesamtkapitalanforderung erfüllen, um Verluste im Krisenfall auffangen zu können.
- Dies stellt sicher, dass im Notfall Gläubiger und Aktionäre Verluste tragen, bevor eine staatliche Rettung notwendig wird.
-
Strengere Aufsicht und Stresstests
- G-SIBs unterliegen intensiveren Prüfungen durch Aufsichtsbehörden und müssen regelmäßig Stresstests durchführen.
- Diese Tests simulieren Krisenszenarien, um die Widerstandsfähigkeit der Bank zu überprüfen.
-
Erstellung von Abwicklungsplänen (Living Wills)
- G-SIBs müssen detaillierte Sanierungs- und Abwicklungspläne erstellen, die zeigen, wie die Bank im Krisenfall restrukturiert oder geordnet abgewickelt werden kann.
- Ziel ist es, eine ungeordnete Insolvenz wie bei Lehman Brothers zu vermeiden.
-
Höhere Anforderungen an Liquidität und Verschuldung
- G-SIBs müssen strengere Liquiditätsvorschriften einhalten, um sicherzustellen, dass sie kurzfristige Finanzierungsprobleme bewältigen können.
- Sie müssen außerdem eine geringere Verschuldungsquote aufweisen, um exzessive Risiken zu vermeiden.
Liste der G-SIBs
Das Financial Stability Board veröffentlicht jedes Jahr eine aktualisierte Liste der G-SIBs. Diese Banken werden in fünf Risikokategorien eingeteilt, die den Kapitalpuffer bestimmen:
Kategorie | G-SIB Buffer (% des RWA) | Beispielbanken |
---|---|---|
5 (höchste Stufe) | 3,5 % | (derzeit keine Bank in dieser Kategorie) |
4 | 2,5 % | JPMorgan Chase |
3 | 2,0 % | Citigroup, HSBC, BNP Paribas |
2 | 1,5 % | Goldman Sachs, Bank of America, Deutsche Bank |
1 (niedrigste Stufe) | 1,0 % | Barclays, Société Générale, UBS |
Vorteile und Herausforderungen für G-SIBs
Vorteile:
- Vertrauensvorteil: G-SIBs gelten als besonders stabile Banken, was ihnen einen Vertrauensbonus bei Investoren und Kunden verschafft.
- Kostengünstigere Refinanzierung: Aufgrund ihrer systemischen Bedeutung können sich G-SIBs oft günstiger am Kapitalmarkt finanzieren.
- Stärkere Marktstellung: Als global bedeutende Banken haben G-SIBs oft eine dominierende Marktposition in bestimmten Geschäftsbereichen.
Herausforderungen:
- Höhere Regulierungskosten: Die Einhaltung der strengeren Vorschriften führt zu erhöhten Kosten für Compliance und Kapitalhaltung.
- Wettbewerbsnachteile: Kleinere Banken, die nicht als G-SIBs eingestuft sind, haben geringere Kapitalanforderungen und können dadurch möglicherweise profitabler agieren.
- Eingeschränkte Flexibilität: Die hohen regulatorischen Anforderungen schränken die Geschäftsmöglichkeiten von G-SIBs ein, insbesondere bei risikoreichen Finanzprodukten.
Fazit
Global Systemically Important Banks (G-SIBs) spielen eine zentrale Rolle im internationalen Finanzsystem. Aufgrund ihrer Größe, Vernetzung und Bedeutung für die Weltwirtschaft unterliegen sie strengen regulatorischen Anforderungen, um ihre Stabilität zu sichern und systemische Risiken zu minimieren. Während G-SIBs von ihrem Status als bedeutende Banken profitieren, stehen sie gleichzeitig vor Herausforderungen wie höheren Kapitalanforderungen und strengeren Aufsichtsmaßnahmen. Die regelmäßige Überprüfung der G-SIB-Liste durch das Financial Stability Board stellt sicher, dass Banken mit hoher Systemrelevanz besonders sorgfältig überwacht werden, um Finanzkrisen vorzubeugen und das globale Finanzsystem stabil zu halten.