Miese Stimmung / Kommentar zur Wirkung der Leitzinsanhebungen auf die

Märkte von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Es ist die Woche der Leitzinserhöhungen der großen

internationalen Notenbanken gewesen, und diese fielen doch recht deutlich aus.

So hievt aufgrund der hohen Inflation die US-Notenbank den Leitzins im Eiltempo

nach oben. Sie hob ihn zur Wochenmitte zum dritten Mal in Folge kräftig um einen

dreiviertel Prozentpunkt auf die neue Spanne von nun 3 bis 3,25% an. Die Bank of

England erhöhte ihren Leitzins zur Überraschung der Finanzmärkte eher moderat.

Im Vereinigten Königreich ging es um 0,5 Prozentpunkte auf 2,25% nach oben. An

den Finanzmärkten war mit einer Anhebung um 0,75 Prozentpunkte gerechnet worden.

Die schwedische Zentralbank Riksbank bekämpft die hohe Inflation ebenfalls sehr

energisch, und zwar mit dem größten Zinsschritt seit fast 30 Jahren. Der

geldpolitische Schlüsselsatz wurde am Dienstag überraschend kräftig um einen

vollen Prozentpunkt auf jetzt 1,75% heraufgesetzt. Und auch in der Schweiz wird

der Teuerung der Kampf angesagt: Die Schweizerische Nationalbank gab als eine

der letzten großen Notenbanken nach mehr als sieben Jahren ihre Negativzinsen

auf. Angesichts des abermals gestiegenen Inflationsdrucks wurde der Leitzins der

Alpenlandes am Donnerstag um 0,75 Prozentpunkte auf 0,5% angehoben. Die EZB

hatte bereits Anfang des Monats an der Zinsschraube gedreht.

Sorge vor Rezession

Im Nachgang zu den Zinserhöhungen der Zentralbanken verfestigte sich eine

Stimmung an den Finanzmärkten, die nun schon eine ganze Weile zu beobachten ist:

Sorge vor der Rezession, die durch den geldpolitischen Straffungskurs der

internationalen Notenbanken nur noch schlimmer ausfallen könnte. Die

Einschätzungen von Banken und Assetmanagern haben fast unisono den gleichen

Tenor. "Rezession noch vor Jahresende wahrscheinlich", heißt es bei Axa

Investment Managers nach dem Fed-Beschluss. "Wir erwarten einen schnelleren

Rückgang des Wachstums, sehen Aufwärtsrisiken für die Arbeitslosigkeit und gehen

davon aus, dass die Inflation im nächsten Jahr etwas langsamer sinken wird",

sagt David Page, Head of Macro Research bei Axa Investment Managers. "Die Fed

zielt mit ihren Leitzinsanhebungen darauf, eine Lohn-Preis-Spirale zu

verhindern, und rechnet mit einer leichten Rezession in den USA. Die Vorhersage

könnte sich allerdings als zu optimistisch erweisen", so Thilo Wolf,

Deutschland-Chef von BNY Mellon Investment Management. "Historisch gesehen haben

sich steigende Arbeitslosenquoten meist hartnäckig gehalten. Das heißt, wenn die

Arbeitslosenquote erst einmal steigt, wird es schwer, sie wieder unter Kontrolle

zu bringen", sagt er.

"Die Medien warnen, die Hoffnung auf eine 'weiche Landung' werde zunehmend

illusorisch. Ich selbst denke, man kann inzwischen mit Fug und Recht behaupten,

dass eine harte Landung unumgänglich wird und wir in der nächsten Phase des

Konjunkturzyklus eine Form von Abschwung erleben werden", so Eva Sun-Wai,

Fondsmanagerin im Public Fixed Income Team von M&G Investments zur jüngsten

Zinsentscheidung der Fed.

Die Reaktionen der Märkte sind ebenfalls deutlich und gehen auch in die

Richtung, dass die Rezession in vielen großen Volkswirtschaften wohl eine

ausgemachte Sache ist. Die Bondrenditen steigen zwar weiter an, aber das Ausmaß

ist im Bereich der Bundesanleihen auch nicht gerade als dramatisch zu

bezeichnen. Es wird in weiten Anlegerkreisen nicht mehr thematisiert, dass es

noch sehr viel weiter nach oben gehen könnte, sondern immer mehr kehrt in die

Diskussion ein, bei welchem Rendite-Level der zehnjährigen Bundesanleihe denn

jetzt Schluss sein wird. Auch die Kurven dürften sich abflachen und damit

zumindest schwächer werdendes Wirtschaftswachstum signalisieren. Am

US-Staatsanleihenmarkt sind die Reaktionen hierzu recht eindeutig. Seit zwei

Monaten ist die US-Zinskurve im Bereich der zwei- bis zehnjährigen US-Treasuries

invertiert - mit guten 40 Basispunkten auch recht deutlich. Das zeigt klar die

konjunkturelle Schwäche an.

Und an den Devisenmärkten hat sich der Dollar doch recht fest unterhalb der

Parität eingependelt. Schwächesignale und damit Konjunktursorgen demonstriert

auch der Aktienmarkt mittlerweile. Der Dax fiel am Freitag mit nur noch 12.181

Punkten auf ein neues Jahrestief. Bei weiteren negativen Makrodaten könnte beim

deutschen Leitindex in den kommenden Handelstagen aufgrund der immer größer

werdenden Konjunktursorgen auch die Marke von 12.000 Zählern durchaus fallen.

(Börsen-Zeitung, 24.09.2022)

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