PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas Aktienmärkte haben am Mittwoch anfänglich deutliche Verluste wettgemacht und sich ins Plus gerettet. Nachdem zunächst die anhaltenden Inflations-, Zins- und Konjunktursorgen den jüngsten Abwärtstrend verschärft hatten, setze am Mittag eine Erholung ein.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 schloss 0,20 Prozent höher bei 3335,30 Punkten, nachdem er im Tagesverlauf auf den tiefsten Stand seit November 2020 abgesackt war. Der französische Cac 40 legte um 0,19 Prozent auf 5765,01 Zähler zu und der britische FTSE 100 gewann 0,30 Prozent auf 7005,39 Punkte.

Börsianer machten zwei Gründe für die spätere Erholung aus: Die klaren Gewinne an der New Yorker Wall Street und die überraschend wieder aufgenommenen Anleihekäufe der Bank of England. "Dies ist ein erstes vorsichtiges Zeichen, dass die Zentralbanken in den nächsten Wochen kapitulieren und doch wieder zu Quantitative Easing (QE) zurückkehren könnten", kommentierte Analyst Konstantin Oldenburger vom Handelshaus CMC Markets. Mit diesem außerordentlichen Instrument der Geldpolitik soll die durch die hohe Inflation und die steigenden Zinsen belastete Konjunktur gestützt werden.

"Damit könnten die Briten auch den Weg für künftige Wendungen anderer Zentralbanken frei gemacht haben. Und obwohl der Markt es vielleicht nur langsam begreift, könnte eine ähnliche QE-Neuauflage durch die Fed nur Wochen, wenn nicht Tage entfernt sein. Die sinkenden Wahrscheinlichkeiten für eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte im November könnten ein weiterer Beleg dafür sein. Eventuell sind höhere Zinsen also bereits vollständig in die Kurse eingepreist, sodass auch die Talfahrt am Aktienmarkt bald ein Ende finden könnte", sagte Oldenburger.

Der Bankensektor geriet derweil zur Wochenmitte stark unter Druck. Als Belastung erwiesen sich die konjunkturelle Eintrübung und anstehende Milliardenstrafen in den USA. So fielen als schwächste Werte im EuroStoxx ING um 3,0 Prozent und BNP Paribas um 3,9 Prozent. Die US-Börsenaufsicht SEC hatte insgesamt 16 Unternehmen aus der Finanzbranche zu einer Strafe von gut 1,1 Milliarden Dollar (knapp 1,15 Milliarden Euro) verdonnert. Grund war die ungeregelte Kommunikation über Messenger-Dienste wie WhatsApp. Zum anderen mindert die schwächelnde Konjunktur die Aussicht auf Kreditgeschäfte.

Stahlwerte gingen infolge einer Studie der US-Bank JPMorgan auf Tauchstation. Der Analyst Luke Nelson geht davon aus, dass die Profitabilität der Branche in den kommenden drei bis vier Quartalen nochmals das Level der Corona-Tiefs von 2020 sehen wird. Sinkende Preise und steigende Kosten zehrten an den Gewinnen und die Volumina blieben bei schwacher Nachfrage der Auto- und Bauindustrie mau. Papiere von ArcelorMittal mussten einen Abschlag von 4,1 Prozent verkraften.

Aufwärts ging es hingegen für einige Werte der Pharmabranche, nachdem der US-Konzern Biogen und sein japanischer Forschungspartner Eisai Co positive Studiendaten zu ihrem Alzheimer-Medikament Lecanemab verkündet hatten. Analysten sahen dies positiv, die Experten von JPMorgan zogen zudem positive Vergleiche zu den aktuellen Forschungen von Roche . Die Papiere des schweizerischen Pharmakonzerns stiegen um gut vier Prozent./la/he

Quelle: dpa-AFX