Die Nachfrage bei Smartphones und Computerchips lässt nach, die wirtschaftliche Erholung Chinas läuft schleppender als erwartet: Chip-Riese TSMC schaltet bei seinen Investitionen einen Gang zurück. Ein Warnsignal?

Für das erste Halbjahr sieht der Konzern einen Umsatzrückgang um zehn Prozent. Allerdings dürfte sich die Lage in der zweiten Jahreshälfte wieder entspannen, wie Verwaltungsratschef Mark Liu auf der Hauptversammlung am Dienstag erklärte. TSMC ist der weltgrößte Auftragsfertiger für Halbleiter - und wichtigste Zulieferer für die Tech-Giganten Apple und Nvidia. Allein deshalb schon setzen viele Investoren auf die Taiwanesen als einer der größten und aussichtsreichen Player im KI-Rennen.

"Das Unternehmen befindet sich in einer Phase der Bestandsanpassung, aber die Kunden bauen ihre Lagerbestände ab, und wir sehen eine Erholung in einigen Endmärkten", sagte Liu. "Wir könnten in diesem Jahr einen leichten Umsatzrückgang erleben, aber unser Unternehmen ist bereit, ab dem nächsten Jahr ein starkes Wachstum zu erzielen."

Die Investitionsausgaben sollen laut Liu für dieses Jahr am unteren Ende der zuvor prognostizierten Spanne von 32 bis 36 Milliarden US-Dollar liegen. Auch ein Schwergewicht wie TSMC muss sich den aktuellen Herausforderungen am Halbleiter-Markt stellen: Die schwache Nachfrage nach Smartphone- und Computerchips, insbesondere in China, einem wichtigen Markt für diese Produkte, hat den Ausblick für das laufende Jahr gedämpft.

Ab Januar 2024 will TSMC außerdem die Preise für einige Produkte erhöhen: Ein Zeichen, dass das Unternehmen gestiegene Kosten weitergibt und die Profitabilität stärken will.

"Hervorragend positioniert" für den KI-Boom

Die Aktie hat seit Anfang Mai knapp 20 Prozent zugelegt. In den vergangenen zwölf Monaten haben die TSMC-Papiere eine Berg- und Talfahrt hinter sich. Der Kurs schwankte zeitweise um mehr als 50 Prozent. Mit einem KGV von 16 erscheint TSMC aktuell noch angemessen bewertet im Vergleich mit vielen anderen Aktien des Sektors.

Schon nach der Vorlage der Quartalszahlen Ende April wies DZ Bank-Analyst Ingo Wermann auf die schwächelnde Smartphone-Nachfrage hin. Dennoch bleibt er langfristig bullish für die Aktie. "Auch TSMC kann sich kurzfristig der schwachen Nachfrage nach Konsumelektronik nicht entziehen. Langfristig ist der Konzern unseres Erachtens wegen seiner führenden Stellung bei leistungsstarken Chips jedoch hervorragend positioniert, um von der steigenden Nachfrage nach Produkten für datenintensive Anwendungen (u.a. Chips für KI-basierte Dialogsysteme wie "ChatGPT" und "Bard") überproportional zu profitieren", schreib Wermann, der den Fair Value der Aktie bei 105 US-Dollar sieht. Aktuell notiert die Aktie bei knapp unter 100 US-Dollar.

Zu wenige Fachkräfte für eine Dresdener Fabrik?

Mit Blick auf den möglichen Bau einer Chip-Fabrik in Dresden zeigte sich Verwaltungsratchef Liu noch zurückhaltend. Die Verhandlungen mit der deutschen Seite dauerten weiter an. Ein Knackpunkt könnte neben dem Ausmaß der staatlichen Subventionen auch die Lieferketten und die Verfügbarkeit von Fachkräften sein. Eventuell müssten deutsche Studenten in Taiwan aus- und weitergebildet werden, hieß es von Seiten des Unternehmens. 

Autor: Julian Schick, wallstreetONLINE Zentralredaktion


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