Capital Requirements Regulation (CRR) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Liquidity Coverage Ratio (LCR) Nächster Begriff: Capital Requirements Directive (CRD)

Ein zentrales Instrument zur Stärkung der Finanzstabilität in der EU, das für höhere Eigenkapitalquoten, bessere Liquiditätsreserven und eine einheitliche Bankenregulierung sorgt

Die Capital Requirements Regulation (CRR) ist eine zentrale EU-Verordnung, die die Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen für Banken und Finanzinstitute regelt. Sie setzt die globalen Basel-III-Standards in europäisches Recht um und bildet zusammen mit der Capital Requirements Directive (CRD) den regulatorischen Rahmen für die Bankenaufsicht in der Europäischen Union. Ziel der CRR ist es, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors zu stärken, systemische Risiken zu minimieren und eine einheitliche Bankenregulierung innerhalb der EU zu gewährleisten.

Hintergrund und Entwicklung der CRR

Die globale Finanzkrise 2008 zeigte erhebliche Schwächen in der Bankenregulierung auf. Viele Banken hatten nicht genügend Eigenkapital, um Verluste aufzufangen, und waren zu stark von kurzfristigen Finanzierungen abhängig. Um das Finanzsystem widerstandsfähiger zu machen, entwickelte der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) das Basel-III-Regelwerk, das höhere Kapital- und Liquiditätsanforderungen für Banken vorsieht.

In der Europäischen Union wurden diese Anforderungen durch zwei gesetzliche Regelwerke umgesetzt:

  1. Capital Requirements Regulation (CRR)Verordnung, die direkt in allen EU-Mitgliedstaaten gilt.
  2. Capital Requirements Directive (CRD)Richtlinie, die von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden muss.

Die erste Version der CRR (Verordnung (EU) Nr. 575/2013) trat am 1. Januar 2014 in Kraft. Mit der CRR II (Verordnung (EU) 2019/876) wurde sie weiterentwickelt, um neue Basel-III-Vorgaben zu integrieren. Die CRR III ist derzeit in Vorbereitung und soll weitere Reformen umsetzen.

Zielsetzung der CRR

Die Capital Requirements Regulation (CRR) verfolgt mehrere zentrale Ziele:

  • Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen für Banken: Banken müssen mehr und qualitativ besseres Kapital vorhalten.
  • Verbesserung der Liquiditätsreserven: Einführung von Mindestanforderungen für Liquiditätskennzahlen wie die Liquidity Coverage Ratio (LCR) und die Net Stable Funding Ratio (NSFR).
  • Reduzierung systemischer Risiken: Einführung makroprudenzieller Maßnahmen zur Begrenzung von Finanzkrisen.
  • Einheitliche Regulierung innerhalb der EU: Vermeidung von nationalen Abweichungen, um einen fairen Wettbewerb zwischen Banken zu gewährleisten.
  • Transparenz und Offenlegungspflichten: Banken müssen regelmäßig Informationen über ihre Finanzlage veröffentlichen.

Wesentliche Bestimmungen der CRR

Die CRR legt detaillierte Anforderungen an das Eigenkapital, die Liquidität, das Risikomanagement und die Offenlegungspflichten von Banken fest.

1. Eigenkapitalanforderungen

Die CRR verlangt, dass Banken über eine Mindestkapitalquote von 8 % verfügen, bestehend aus:

  • Kernkapitalquote (CET1): Mindestens 4,5 % des risikogewichteten Eigenkapitals müssen aus hartem Kernkapital (Common Equity Tier 1, CET1) bestehen.
  • Zusätzliches Kernkapital (AT1): Weitere 1,5 % können aus zusätzlichem Kernkapital (z. B. nachrangige Anleihen) bestehen.
  • Ergänzungskapital (Tier 2): Weitere 2 % dürfen aus Ergänzungskapital bestehen.

Zusätzlich müssen Banken verschiedene Kapitalpuffer vorhalten:

Kapitalpuffer Zweck Höhe
Kapitalerhaltungspuffer Schutz vor Verlusten 2,5 %
Antizyklischer Kapitalpuffer Dämpfung konjunktureller Schwankungen 0 % – 2,5 %
Puffer für systemrelevante Banken Risikominderung für große Banken 1 % – 3,5 %

2. Liquiditätsanforderungen

Die CRR schreibt zwei zentrale Liquiditätskennzahlen vor:

  • Liquidity Coverage Ratio (LCR): Banken müssen über ausreichend liquide Mittel verfügen, um 30 Tage lang einem Stressszenario standzuhalten.
  • Net Stable Funding Ratio (NSFR): Banken müssen eine stabile Refinanzierung für mindestens ein Jahr sicherstellen.

3. Leverage Ratio (Verschuldungsquote)

Die Leverage Ratio gibt das Verhältnis zwischen dem Eigenkapital einer Bank und ihrer gesamten Bilanzsumme an. Sie muss mindestens 3 % betragen und soll sicherstellen, dass Banken nicht zu stark fremdfinanziert sind.

4. Risikogewichtete Aktiva (RWA)

Die CRR legt fest, wie Banken ihre Vermögenswerte nach Risiko gewichten müssen. Dabei gilt:

  • Staatsanleihen = 0 % Risiko
  • Hypothekenkredite = 35 % Risiko
  • Unternehmenskredite = 75 % – 100 % Risiko
  • Spekulative Anlagen = bis zu 150 % Risiko

Banken müssen für riskantere Vermögenswerte mehr Eigenkapital vorhalten.

5. Großkredite und Konzentrationsrisiken

  • Einzelne Kreditengagements dürfen 25 % des Eigenkapitals einer Bank nicht überschreiten.
  • Banken müssen Maßnahmen zur Risikostreuung ergreifen.

6. Offenlegungspflichten (Säule 3 von Basel III)

Banken müssen regelmäßig Berichte über ihre Kapitalstruktur, Risikomanagementpraktiken und Liquiditätslage veröffentlichen.

Auswirkungen der CRR auf Banken

Die Einführung der CRR hatte weitreichende Auswirkungen auf Banken:

  1. Erhöhung der Eigenkapitalquoten

    • Banken mussten ihr Kapital deutlich aufstocken, um die strengeren Anforderungen zu erfüllen.
  2. Veränderung der Geschäftsmodelle

    • Banken setzen verstärkt auf stabilere Finanzierungsquellen und vermeiden risikoreiche Geschäfte.
  3. Höhere Kreditkosten für Unternehmen

    • Da risikobehaftete Kredite mehr Eigenkapital erfordern, könnten Banken höhere Zinsen verlangen.
  4. Stärkere Transparenz und Regulierung

    • Banken müssen mehr Daten offenlegen und unterliegen strengeren Prüfungen durch die Aufsichtsbehörden.

Kritik und Herausforderungen der CRR

Trotz der positiven Auswirkungen gibt es auch Herausforderungen und Kritik:

  1. Erhöhte Bürokratie und Kosten für Banken

    • Die umfangreichen Melde- und Kapitalanforderungen verursachen hohe Kosten, insbesondere für kleinere Banken.
  2. Beeinträchtigung der Kreditvergabe

    • Die höheren Kapitalanforderungen könnten die Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte einschränken.
  3. Unterschiedliche Umsetzung in EU-Ländern

    • Obwohl die CRR eine EU-Verordnung ist, gibt es in der Praxis Unterschiede bei der Anwendung in den Mitgliedstaaten.
  4. Risiko regulatorischer Arbitrage

    • Banken könnten versuchen, regulatorische Lücken auszunutzen, indem sie ihre Geschäfte in weniger regulierte Bereiche verlagern.

Verhältnis zur CRD und künftige Entwicklungen (CRR III)

Die CRR wird durch die Capital Requirements Directive (CRD) ergänzt, die weitere Regeln zu Bankenaufsicht, Vergütungspolitik und Risikomanagement enthält.

Mit der geplanten CRR III, die weitere Basel-III-Anpassungen umsetzt, sollen neue Regelungen eingeführt werden, darunter:

  • Überarbeitung der Risikogewichte für Kredite
  • Stärkere Anforderungen an operationelle Risiken
  • Neue Regeln für Banken mit internationalem Geschäft

Fazit

Die Capital Requirements Regulation (CRR) ist ein zentrales Instrument zur Stärkung der Finanzstabilität in der EU. Sie sorgt für höhere Eigenkapitalquoten, bessere Liquiditätsreserven und eine einheitliche Bankenregulierung.

Obwohl sie Herausforderungen mit sich bringt, bleibt sie ein essenzielles Element der Bankenregulierung und wird mit CRR III weiterentwickelt, um neue Risiken zu adressieren und das Finanzsystem noch widerstandsfähiger zu machen.