Countercyclical Capital Buffer (CCyB) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Financial Policy Committee (FPC) Nächster Begriff: Makroprudenzielle Regulierung
Ein wichtiges Instrument der makroprudenziellen Regulierung, das dazu beiträgt, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors gegenüber wirtschaftlichen Schocks zu erhöhen
Der Countercyclical Capital Buffer (CCyB) ist ein Instrument der makroprudenziellen Bankenregulierung, das dazu dient, die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems gegenüber systemischen Risiken zu erhöhen. Er wird von Aufsichtsbehörden festgelegt und verpflichtet Banken, in wirtschaftlich guten Zeiten zusätzliches Kapital aufzubauen, das in Krisenzeiten zur Stabilisierung des Finanzsystems genutzt werden kann.
Ziel und Funktionsweise des CCyB
Der CCyB soll die prozyklischen Effekte des Bankensystems abschwächen, indem er Kapitalanforderungen in wirtschaftlichen Aufschwungphasen erhöht und in Abschwungphasen wieder lockert. In Zeiten starken Kreditwachstums und steigender Finanzrisiken müssen Banken höhere Kapitalpuffer bilden, um sich gegen potenzielle Verluste zu wappnen. Wenn die Wirtschaft in eine Rezession eintritt, kann der Kapitalpuffer reduziert oder freigegeben werden, sodass Banken weiterhin Kredite vergeben können, ohne die Eigenkapitalanforderungen zu verletzen.
Die Festlegung der Höhe des CCyB erfolgt durch die zuständigen nationalen oder internationalen Aufsichtsbehörden, beispielsweise durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Deutschland oder die Europäische Zentralbank (EZB) innerhalb der Europäischen Union. Die Höhe des Puffers kann von 0 % bis maximal 2,5 % der risikogewichteten Aktiva (Risk-Weighted Assets, RWA) betragen, wobei unter bestimmten Bedingungen auch höhere Werte festgelegt werden können.
Gesetzliche Grundlage und internationale Rahmenbedingungen
Der CCyB wurde im Rahmen der Basel-III-Regulierung eingeführt, die nach der globalen Finanzkrise von 2007–2008 entwickelt wurde, um systemische Risiken besser zu kontrollieren. Das Basel-III-Regelwerk, das vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht erarbeitet wurde, sieht die Einführung makroprudenzieller Instrumente wie des CCyB vor, um die Stabilität des Finanzsystems zu erhöhen. Die rechtliche Grundlage für die Umsetzung des CCyB in der Europäischen Union ist in der Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive, CRD IV) und der Eigenkapitalverordnung (Capital Requirements Regulation, CRR) festgelegt.
In Deutschland erfolgt die Festlegung des CCyB durch den Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) in Abstimmung mit der BaFin und der Deutschen Bundesbank. Die Entscheidung über eine Erhöhung oder Senkung des Puffers basiert auf einer umfassenden Analyse der Finanzmarkt- und Wirtschaftslage.
Berechnung und Auswirkungen auf Banken
Die Berechnung des CCyB erfolgt auf Basis der risikogewichteten Aktiva einer Bank. Die Formel zur Bestimmung des Kapitalpuffers lautet:
\[ CCyB = \text{CCyB-Quote} \times \text{Risikogewichtete Aktiva} \]
Wenn beispielsweise eine Bank risikogewichtete Aktiva von 100 Milliarden Euro hat und die zuständige Behörde einen CCyB von 1 % festgelegt hat, muss die Bank zusätzlich 1 Milliarde Euro als Eigenkapitalreserve vorhalten.
Die Einführung oder Erhöhung des CCyB bedeutet für Banken, dass sie mehr Eigenkapital vorhalten müssen, was deren Kapitalrendite beeinflussen kann. Banken haben verschiedene Möglichkeiten, die erhöhten Kapitalanforderungen zu erfüllen:
- Gewinnthesaurierung: Einbehaltung von Gewinnen anstatt Ausschüttung als Dividenden oder Bonuszahlungen.
- Kapitalerhöhung: Ausgabe neuer Aktien zur Stärkung des Eigenkapitals.
- Reduzierung von risikoreichen Aktiva: Abbau von riskanten Kreditengagements, um die Gesamtsumme der risikogewichteten Aktiva zu senken.
Während eine erhöhte Kapitalanforderung in wirtschaftlichen Boomphasen als präventive Maßnahme zur Risikovorsorge sinnvoll ist, kann sie auch zu einer Reduzierung des Kreditangebots führen, was sich dämpfend auf das Wirtschaftswachstum auswirken kann.
Umsetzung und Praxisbeispiele
In der Praxis variiert die Umsetzung des CCyB je nach Land und wirtschaftlicher Lage. Während einige Länder, wie die Schweiz oder Norwegen, den Puffer bereits aktiv nutzen und anpassen, wurde der CCyB in Deutschland erst 2019 zum ersten Mal aktiviert. Aufgrund der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 wurde der Puffer jedoch wieder gesenkt, um den Banken mehr Flexibilität bei der Kreditvergabe zu ermöglichen.
Ein Beispiel für die Anwendung des CCyB ist das Vereinigte Königreich. Die Bank of England hat den CCyB in den Jahren vor der Pandemie schrittweise erhöht, um eine solide Kapitalbasis für mögliche wirtschaftliche Schocks zu schaffen. Als die Pandemie begann, wurde der Puffer auf 0 % gesenkt, um den Banken mehr Spielraum zu geben, ohne dass sie Kredite einschränken mussten.
Vorteile und Herausforderungen des CCyB
Die Einführung des Countercyclical Capital Buffer bringt sowohl Vorteile als auch Herausforderungen mit sich.
Vorteile:
- Erhöhung der Finanzstabilität: Durch den Aufbau zusätzlicher Kapitalreserven sind Banken widerstandsfähiger gegenüber wirtschaftlichen Schocks.
- Reduktion systemischer Risiken: Die Maßnahme trägt dazu bei, spekulative Kreditblasen zu verhindern, indem sie das Kreditwachstum in Boomphasen dämpft.
- Flexibilität in Krisenzeiten: Banken können in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf ihre Reserven zurückgreifen, um die Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte aufrechtzuerhalten.
Herausforderungen:
- Schwierigkeit bei der Festlegung der richtigen Höhe: Die Entscheidung, wann und in welchem Umfang der Puffer aktiviert werden soll, erfordert umfangreiche Analysen und ist mit Unsicherheiten behaftet.
- Mögliche Auswirkungen auf die Kreditvergabe: Eine zu hohe Kapitalanforderung kann die Kreditvergabe dämpfen und das Wirtschaftswachstum negativ beeinflussen.
- Internationale Unterschiede: Nicht alle Länder setzen den CCyB im gleichen Maße um, was zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen Banken in verschiedenen Rechtsräumen führen kann.
Fazit
Der Countercyclical Capital Buffer ist ein wichtiges Instrument der makroprudenziellen Regulierung, das dazu beiträgt, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors gegenüber wirtschaftlichen Schocks zu erhöhen. Er sorgt dafür, dass Banken in wirtschaftlichen Boomphasen zusätzliches Kapital aufbauen, das in Krisenzeiten zur Stabilisierung des Finanzsystems genutzt werden kann. Während der CCyB erhebliche Vorteile für die Finanzstabilität bietet, stellt seine praktische Umsetzung eine Herausforderung dar, da die richtige Balance zwischen Risikovorsorge und Kreditvergabe gefunden werden muss. Länder, die den CCyB gezielt einsetzen, können jedoch dazu beitragen, Finanzkrisen besser zu bewältigen und das langfristige Vertrauen in das Bankensystem zu stärken.