Cum-Cum-Geschäfte Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Cum-Ex-Geschäfte Nächster Begriff: Cum-Ex-Skandal

Eine anfangs legale, aber moralisch fragwürdige Methode, um die deutsche Quellensteuer auf Dividenden zu umgehen

Cum-Cum-Geschäfte sind eine steuerliche Gestaltungspraxis, bei der ausländische Investoren die deutsche Quellensteuer auf Dividenden vermeiden, indem sie ihre Aktien vorübergehend an deutsche Banken oder institutionelle Investoren übertragen.

Im Gegensatz zu Cum-Ex-Geschäften, bei denen eine Steuer mehrfach erstattet wurde (Steuerbetrug), sind Cum-Cum-Geschäfte eine legale, aber umstrittene Steuervermeidungsmethode. Der deutsche Staat hat durch diese Praxis über Jahre hinweg Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren, weshalb das Modell 2016 weitgehend eingeschränkt wurde.

Funktionsweise der Cum-Cum-Geschäfte

Das Grundprinzip eines Cum-Cum-Geschäfts basiert darauf, dass ausländische Investoren in Deutschland eigentlich eine 25 %ige Quellensteuer auf Dividenden zahlen müssten, diese aber durch eine temporäre Übertragung der Aktien umgehen.

Ablauf eines Cum-Cum-Geschäfts

  1. Ausgangssituation: Quellensteuer für ausländische Investoren

    • Ein ausländischer Investor (z. B. ein Pensionsfonds aus der Schweiz) hält deutsche Aktien.
    • Bei Dividendenausschüttung müsste er 25 % Quellensteuer an das deutsche Finanzamt abführen.
  2. Übertragung der Aktien an eine deutsche Bank vor dem Ex-Dividende-Tag

    • Kurz vor dem Ex-Dividende-Tag „verleiht“ oder verkauft der Investor seine Aktien an eine deutsche Bank oder ein deutsches Finanzinstitut.
    • Die Bank hält die Aktien zum Zeitpunkt der Dividendenausschüttung.
  3. Steuerliche Vorteile für die Bank

    • Da die deutsche Bank eine inländische Steuerpflichtige ist, kann sie die Kapitalertragsteuer (Quellensteuer) direkt mit anderen Steuerverpflichtungen verrechnen oder sich erstatten lassen.
    • Dadurch reduziert sich die Steuerbelastung für die Bank auf nahe 0 %.
  4. Rückgabe der Aktien an den ursprünglichen Investor

    • Nach der Dividendenzahlung gibt die Bank die Aktien zurück an den ausländischen Investor.
    • Die Steuerersparnis wird zwischen den Beteiligten aufgeteilt.

Beispiel für ein Cum-Cum-Geschäft

  • Ein Schweizer Pensionsfonds besitzt 1 Million Aktien eines deutschen DAX-Konzerns.
  • Erwartete Dividende: 5 Millionen Euro.
  • Normalfall ohne Cum-Cum:
    • 25 % Quellensteuer = 1,25 Millionen Euro Steuerabzug.
    • Netto-Dividende für den Investor = 3,75 Millionen Euro.
  • Mit Cum-Cum-Geschäft:
    • Die Aktien werden kurz vor der Dividendenausschüttung an eine deutsche Bank übertragen.
    • Die Bank kann die Quellensteuer verrechnen und die Steuerlast nahe 0 % halten.
    • Der Investor erhält die vollen 5 Millionen Euro oder teilt sich den Steuergewinn mit der Bank.

Rechtliche und steuerliche Problematik

Cum-Cum-Geschäfte wurden vor allem durch Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und Steuerlücken möglich.

  1. Nutzung steuerlicher Vorteile deutscher Banken

    • Deutsche Banken hatten das Recht auf eine Steueranrechnung, während ausländische Investoren diese Möglichkeit nicht hatten.
  2. Fehlende Kontrolle durch Finanzbehörden

    • Cum-Cum-Geschäfte waren schwer nachweisbar, da die Aktien nur vorübergehend übertragen wurden.
    • In vielen Fällen war unklar, ob ein echter wirtschaftlicher Grund für die Transaktion bestand oder nur eine Steuervermeidung beabsichtigt war.
  3. Fehlende wirtschaftliche Substanz der Transaktionen

    • Viele Cum-Cum-Geschäfte dienten keinem wirtschaftlichen Zweck, sondern ausschließlich der Steuerersparnis.

Finanzieller Schaden für den deutschen Staat

Laut einer Studie des Bundesfinanzministeriums verlor Deutschland durch Cum-Cum-Geschäfte jährlich zwischen 5 und 6 Milliarden Euro an Steuereinnahmen.

  • Zwischen 2001 und 2016 entstand ein Gesamtschaden von über 30 Milliarden Euro.
  • Der Schaden war fast so groß wie der durch Cum-Ex-Geschäfte.

Unterschied zwischen Cum-Cum und Cum-Ex

Merkmal Cum-Cum-Geschäfte Cum-Ex-Geschäfte
Ziel Vermeidung der Quellensteuer Mehrfache Steuererstattung
Hauptakteure Ausländische Investoren, Banken Banken, Fonds, Hedgefonds
Steuerschaden > 30 Milliarden Euro > 30 Milliarden Euro
Legalität Legale, aber umstrittene Steuervermeidung Illegal (Steuerbetrug)
Regulierung Seit 2016 stark eingeschränkt Seit 2012 verboten

Gesetzliche Maßnahmen gegen Cum-Cum-Geschäfte

  1. Steuergesetzänderung 2016

    • Cum-Cum-Geschäfte wurden deutlich erschwert.
    • Unternehmen, die eine Steuererstattung beantragen, müssen nun nachweisen, dass sie das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien hatten.
  2. Strengere Anforderungen an Steueranrechnung

    • Steueranrechnungen sind nur noch möglich, wenn die Aktien mindestens 45 Tage gehalten wurden.
    • Diese Regel soll verhindern, dass Aktien nur kurzzeitig zur Steuervermeidung verliehen werden.
  3. Intensivere Steuerkontrollen

    • Finanzämter prüfen verstärkt Transaktionen rund um den Ex-Dividende-Tag, um Missbrauch zu verhindern.
  4. Internationale Zusammenarbeit

    • Nach dem Cum-Ex-Skandal wurden auch Cum-Cum-Geschäfte stärker reguliert, um grenzüberschreitende Steuervermeidung zu bekämpfen.

Folgen für den Finanzmarkt und Investoren

  1. Rückforderung von zu Unrecht erstatteten Steuern

    • Deutsche Behörden verlangen von Banken und Investoren die Rückzahlung zu Unrecht erstatteter Quellensteuern.
  2. Vertrauensverlust in den Finanzsektor

    • Der Cum-Cum-Skandal zeigte, wie internationale Investoren und Banken gezielt Steuerschlupflöcher ausnutzten, um Milliarden zu sparen.
  3. Striktere Steuerregeln für ausländische Investoren

    • Ausländische Pensionsfonds und Hedgefonds müssen nun nachweisen, dass sie die Dividenden für echte Investitionen nutzen und nicht nur zur Steueroptimierung handeln.

Fazit

Cum-Cum-Geschäfte waren eine legale, aber moralisch fragwürdige Methode, um die deutsche Quellensteuer auf Dividenden zu umgehen. Internationale Investoren, Banken und Fonds nutzten systematisch Steuerlücken, um Milliarden Euro an Steuereinnahmen zu vermeiden.

Nach der Gesetzesänderung 2016 wurden Cum-Cum-Geschäfte weitgehend gestoppt, doch die Nachwirkungen sind bis heute spürbar. Der Skandal hat gezeigt, wie wichtig internationale Steuerreformen und stärkere Kontrollen im Finanzsektor sind, um Steuervermeidung in großem Stil zu verhindern.