Financial Action Task Force (FATF) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Geldwäschegesetz (GwG) Nächster Begriff: Anti-Money Laundering Authority (AMLA)
Das weltweit führende Gremium zur Festlegung und Durchsetzung von Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung
Die Financial Action Task Force (FATF) ist ein international tätiges Gremium, das Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und – seit einigen Jahren – auch zur Bekämpfung der Proliferationsfinanzierung (Verbreitung von Massenvernichtungswaffen) entwickelt. Die Organisation spielt eine zentrale Rolle bei der Koordinierung globaler Maßnahmen gegen Finanzkriminalität und hat maßgeblichen Einfluss auf nationale Gesetzgebungen und Aufsichtspraktiken weltweit.
Die FATF wurde im Jahr 1989 auf Initiative der G7-Staaten gegründet und hat ihren Sitz bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris. Ziel war es ursprünglich, Maßnahmen gegen die zunehmende Geldwäsche im internationalen Finanzsystem zu koordinieren. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurde das Mandat auf Terrorismusfinanzierung ausgeweitet. Später kamen Regelwerke zur Proliferationsfinanzierung hinzu.
Aufbau und Mitgliedschaft
Die FATF ist keine zwischenstaatliche Organisation im klassischen Sinn, sondern ein intergouvernementales Gremium. Sie besteht derzeit aus über 200 Mitgliedern und Beobachtern, darunter:
- 39 Vollmitglieder (u. a. Deutschland, USA, Japan, Frankreich, China, Brasilien, Südafrika)
- Internationale Organisationen mit Beobachterstatus (z. B. IWF, Weltbank, Europäische Zentralbank)
- Regionale FATF-ähnliche Gremien (FATF-style Regional Bodies, FSRBs), z. B. MONEYVAL (Europa), APG (Asien-Pazifik), GAFILAT (Lateinamerika)
Jedes Mitglied verpflichtet sich zur Umsetzung und Einhaltung der FATF-Standards in nationalem Recht sowie zur regelmäßigen Überprüfung seiner Systeme im Rahmen sogenannter Peer Reviews.
Zentrale Aufgaben und Arbeitsweise
Die Arbeit der FATF beruht im Wesentlichen auf drei Säulen:
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Entwicklung internationaler Standards
Die FATF formuliert Empfehlungen („The FATF Recommendations“), die als globaler Maßstab für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gelten. Derzeit umfasst das Regelwerk 40 Empfehlungen, die regelmäßig überarbeitet werden, um neue Risiken – etwa durch Kryptowährungen oder neue Finanztechnologien – zu berücksichtigen. -
Überwachung der Umsetzung (Mutual Evaluations)
Die FATF führt systematische Länderprüfungen durch, sogenannte Mutual Evaluations. Dabei wird analysiert:
- Wie gut ein Staat die FATF-Standards gesetzlich umgesetzt hat (technische Konformität)
- Wie wirksam die Maßnahmen in der Praxis sind (effektive Umsetzung)
Die Ergebnisse fließen in umfassende Berichte ein und haben großen Einfluss auf das internationale Ansehen und die wirtschaftliche Integrität des jeweiligen Landes.
- Benennung und Beobachtung risikobehafteter Länder
Die FATF erstellt zwei öffentlich zugängliche Listen:
- „Grey List“: Länder mit strategischen Defiziten, die jedoch kooperieren (z. B. Südafrika, Nigeria)
- „Black List“: Länder mit erheblichen Mängeln, die nicht kooperationsbereit sind (z. B. Nordkorea, Iran)
Aufgelistete Länder unterliegen verstärkter Beobachtung, was zu Kapitalabflüssen, Investitionszurückhaltung und Einschränkungen im Zahlungsverkehr führen kann.
Inhalte der 40 FATF-Empfehlungen
Die Empfehlungen decken ein breites Spektrum ab, darunter:
- Sorgfaltspflichten bei Kundenbeziehungen (KYC)
- Verdachtsmeldewesen
- Aufbau von Financial Intelligence Units (FIUs)
- Internationale Kooperation
- Transparenz wirtschaftlich Berechtigter
- Regulierung von Kryptowährungsdienstleistern
- Bekämpfung von Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung
Jedes Land ist verpflichtet, diese Empfehlungen in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland erfolgt dies beispielsweise über das Geldwäschegesetz (GwG), das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) und diverse Vorschriften der BaFin.
Bedeutung für das Finanzsystem
Die FATF-Standards sind für das internationale Finanzsystem von hoher Relevanz:
- Reputationssicherung: Staaten, die die FATF-Regeln einhalten, gelten als zuverlässige Partner in der internationalen Finanzwelt.
- Risikoeinstufung: Kreditinstitute, Investoren und Unternehmen stützen ihre Länderrisikoanalysen häufig auf die FATF-Bewertungen.
- Regulierung: Nationale Aufsichtsbehörden nutzen die FATF-Empfehlungen als Referenz für ihre Vorgaben an Banken, Versicherungen, Notare oder Kryptowährungsplattformen.
- Sanktionsmechanismen: Auf FATF-Listen genannte Länder werden oft zusätzlich von der EU oder den USA mit Sanktionen belegt.
Mathematische Bewertung von Wirksamkeit
Im Rahmen der Länderprüfungen verwendet die FATF eine Bewertungsskala für die Effektivität nationaler Maßnahmen. Diese basiert auf elf Wirkungsindikatoren („Immediate Outcomes“) und wird durch qualitative sowie quantitative Analysen gestützt, z. B.:
- Anzahl und Qualität der Verdachtsmeldungen
- Dauer und Ergebnis von Strafverfahren
- Volumen beschlagnahmter Gelder
- Transparenzdaten in Unternehmensregistern
Dazu werden auch statistische Kennzahlen und Scoring-Modelle eingesetzt, um systematische Schwachstellen zu identifizieren.
Kooperation mit anderen Institutionen
Die FATF arbeitet eng mit einer Vielzahl internationaler Partner zusammen, unter anderem:
- Internationaler Währungsfonds (IWF): Einbindung der FATF-Kriterien in Kreditprogramme
- Weltbank: technische Unterstützung bei Gesetzgebungsprozessen
- Europäische Kommission: gemeinsame Gesetzesinitiativen (z. B. zur AML-Verordnung)
- Interpol und Europol: operative Unterstützung bei grenzüberschreitender Finanzkriminalität
Kritik und Herausforderungen
Trotz ihrer Bedeutung ist die FATF nicht frei von Kritik:
- Politische Einflussnahme: Die Aufnahme oder Nichtaufnahme von Ländern in die FATF-Listen kann geopolitisch motiviert sein.
- Unverbindlichkeit: Die Empfehlungen sind formal nicht rechtsverbindlich, auch wenn der Druck zur Umsetzung hoch ist.
- Ungleichgewicht in der Umsetzung: Schwellen- und Entwicklungsländer tun sich oft schwer mit der praktischen Umsetzung, während Industrieländer mit vergleichbaren Defiziten milder bewertet werden.
- Technologische Lücken: Die FATF wird regelmäßig kritisiert, nicht schnell genug auf neue Technologien wie DeFi oder Kryptowährungen zu reagieren.
Aktuelle Themen und Entwicklungen
In den letzten Jahren hat sich die FATF verstärkt mit folgenden Themen befasst:
- Regulierung von Virtual Asset Service Providers (VASPs): Einführung von „Travel Rule“-Standards für Kryptowährungstransaktionen.
- Transparenz bei wirtschaftlich Berechtigten: Verbesserung von Unternehmensregistern.
- Umwelt- und Klimarisiken: Untersuchung von Geldwäsche im Zusammenhang mit illegalem Rohstoffhandel.
- Finanzierung extremistischer Netzwerke: Verfeinerung der Standards zur Terrorismusprävention.
Fazit
Die Financial Action Task Force (FATF) ist das weltweit führende Gremium zur Festlegung und Durchsetzung von Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismus- und Proliferationsfinanzierung. Ihre Empfehlungen sind maßgeblich für die Gestaltung nationaler Gesetze und die Regulierung des internationalen Finanzwesens. Auch wenn sie keine gesetzgeberische Institution ist, übt sie durch ihre Bewertungen, Länderrankings und Kooperationsformate erheblichen Einfluss auf Staaten, Banken, Unternehmen und internationale Organisationen aus. In einer zunehmend vernetzten und digitalisierten Finanzwelt ist die Arbeit der FATF unverzichtbar – nicht nur zur Kriminalitätsbekämpfung, sondern auch zur Sicherung des Vertrauens in das globale Finanzsystem.