Freddie Mac (2007/2008) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Northern Rock Bank (2007/2008) Nächster Begriff: Fannie Mae (2007/2008)
Ein, durch riskante Kreditvergabe und hohe Abhängigkeit von einem überhitzten Immobilienmarkt, in eine existenzielle Krise geratenes Unternehmen
Freddie Mac (Federal Home Loan Mortgage Corporation, FHLMC) spielte eine zentrale Rolle in der Finanzkrise 2007/2008. Als eine der größten Hypothekenfinanzierungsinstitutionen in den USA war sie stark in den Markt für Wohnungsbaukredite eingebunden. Ihre finanzielle Schieflage trug erheblich zur Eskalation der Krise bei, weshalb die US-Regierung 2008 eingreifen und die Kontrolle über das Unternehmen übernehmen musste.
Hintergrund: Die Rolle von Freddie Mac
Freddie Mac wurde 1970 von der US-Regierung gegründet, um den Immobilienmarkt zu stabilisieren und den Zugang zu Wohnraumfinanzierung zu erleichtern. Die Hauptaufgabe bestand darin, Hypothekenkredite von Banken und anderen Kreditinstituten zu kaufen, um ihnen neue Liquidität für weitere Kreditvergaben bereitzustellen.
Das Unternehmen gehört zusammen mit Fannie Mae (Federal National Mortgage Association, FNMA) zu den sogenannten Government-Sponsored Enterprises (GSEs) – also staatlich unterstützten, aber privatwirtschaftlich geführten Unternehmen.
Freddie Mac refinanziert Hypotheken durch die Emission von Mortgage-Backed Securities (MBS) – Wertpapieren, die durch Hypothekendarlehen besichert sind. Diese Anleihen wurden von Investoren weltweit gekauft, da sie als sicher galten, weil Freddie Mac und Fannie Mae indirekt durch die US-Regierung gestützt wurden.
Freddie Mac und die Immobilienblase (2000–2006)
Während der frühen 2000er-Jahre erlebte der US-Immobilienmarkt einen starken Boom. Die niedrigen Zinssätze der Federal Reserve (Fed) und eine expansive Kreditvergabe führten zu einem massiven Anstieg von Immobilienkrediten, darunter auch hochriskante Subprime-Hypotheken.
Freddie Mac beteiligte sich aktiv an diesem Markt und kaufte vermehrt riskante Hypothekenpapiere, um mit privaten Finanzinstituten zu konkurrieren. Dabei ging das Unternehmen höhere Risiken ein als in früheren Jahren:
- Zunahme von Subprime-Krediten: Freddie Mac kaufte zunehmend Hypotheken, die an Kreditnehmer mit schlechter Bonität vergeben wurden.
- Lockerung der Vergabekriterien: Hypotheken wurden auch an Personen vergeben, die sich ein Haus eigentlich nicht leisten konnten.
- Spekulation auf steigende Immobilienpreise: Man ging davon aus, dass die Immobilienpreise weiter steigen würden und sich Kreditrisiken dadurch minimieren ließen.
Zwischen 2004 und 2006 erhöhte Freddie Mac seinen Bestand an riskanten Hypothekenpapieren drastisch, insbesondere durch den Kauf von Alt-A-Hypotheken, die zwischen erstklassigen (Prime) und Subprime-Krediten angesiedelt waren.
Die Krise von Freddie Mac (2007–2008)
Mit dem Platzen der Immobilienblase 2007 geriet Freddie Mac zunehmend unter Druck. Die fallenden Immobilienpreise führten dazu, dass viele Hausbesitzer ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten, wodurch die Zahlungsausfälle bei Hypotheken stark anstiegen.
Die Probleme für Freddie Mac eskalierten durch mehrere Faktoren:
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Steigende Zahlungsausfälle
- Die Zahl der Hausbesitzer, die ihre Hypotheken nicht mehr bedienen konnten, stieg drastisch.
- Da Freddie Mac viele dieser Kredite in seinen Wertpapieren gebündelt hatte, sank der Wert dieser Anlagen rapide.
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Abwertung der Mortgage-Backed Securities (MBS)
- Ratingagenturen stuften Hypothekenanleihen zunehmend herab.
- Investoren verloren das Vertrauen und zogen ihr Kapital ab.
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Finanzielle Verluste
- Bis Mitte 2008 hatte Freddie Mac Milliardenverluste angehäuft.
- Das Unternehmen konnte sich nicht mehr ausreichend refinanzieren, da Investoren keine neuen MBS kauften.
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Verlust des Marktvertrauens
- Der Aktienkurs von Freddie Mac stürzte ab.
- Investoren zweifelten zunehmend an der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens.
Regierungseingriff: Rettung und Verstaatlichung
Im September 2008 wurde deutlich, dass Freddie Mac (und auch Fannie Mae) kurz vor dem Kollaps standen. Da die beiden Institutionen für fast die Hälfte aller US-Hypotheken verantwortlich waren, hätte ihr Zusammenbruch das gesamte Finanzsystem destabilisiert.
Die US-Regierung griff mit einer beispiellosen Rettungsaktion ein:
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Verstaatlichung am 7. September 2008:
- Die Federal Housing Finance Agency (FHFA) übernahm die Kontrolle über Freddie Mac und Fannie Mae.
- Beide Unternehmen wurden unter staatliche Zwangsverwaltung (Conservatorship) gestellt.
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Finanzhilfen der Regierung:
- Das US-Finanzministerium stellte zunächst 200 Milliarden US-Dollar als Kapitalhilfe bereit.
- Bis 2012 beliefen sich die Hilfszahlungen an Freddie Mac und Fannie Mae auf rund 187 Milliarden US-Dollar.
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Garantien für Hypothekenanleihen:
- Um das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen, garantierte die Regierung die von Freddie Mac ausgegebenen MBS.
Durch diese Maßnahmen wurde ein noch größerer Kollaps des Finanzsystems verhindert, da die Hypothekenmärkte weiterhin funktionierten und eine vollständige Panik an den Kapitalmärkten abgewendet wurde.
Langfristige Folgen der Freddie-Mac-Krise
Die Krise von Freddie Mac hatte weitreichende Konsequenzen für die Finanzbranche und die US-Wirtschaft:
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Strengere Regulierung des Hypothekenmarktes
- Einführung des Dodd-Frank Acts (2010), um riskante Kreditvergabe zu verhindern.
- Stärkere Kontrolle der GSEs durch die FHFA.
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Verlust für Steuerzahler
- Die Rettung von Freddie Mac und Fannie Mae kostete die US-Regierung Milliarden.
- Auch wenn ein Teil des Geldes zurückgezahlt wurde, blieben hohe Verluste.
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Wandel der Immobilienfinanzierung
- Banken wurden zurückhaltender bei der Kreditvergabe.
- Striktere Bonitätsprüfungen für Hauskäufer wurden eingeführt.
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Unsicherheit über die Zukunft von Freddie Mac
- Das Unternehmen blieb unter staatlicher Kontrolle, eine vollständige Privatisierung wurde nie realisiert.
- Es gab Vorschläge zur Abschaffung oder Umstrukturierung, doch bis heute bleibt Freddie Mac eine zentrale Institution im Hypothekenmarkt.
Fazit
Freddie Mac spielte eine Schlüsselrolle in der Finanzkrise 2007/2008. Durch riskante Kreditvergabe und hohe Abhängigkeit von einem überhitzten Immobilienmarkt geriet das Unternehmen in eine existenzielle Krise. Die Rettung durch die US-Regierung verhinderte einen noch größeren wirtschaftlichen Kollaps, führte aber zu umfangreichen staatlichen Eingriffen in den Finanzmarkt.
Der Fall Freddie Mac zeigt, wie gefährlich eine übermäßige Deregulierung und riskante Finanzprodukte sein können. Obwohl strengere Regeln eingeführt wurden, bleibt die Debatte über die Rolle von Regierungsinstitutionen im Finanzmarkt weiterhin bestehen.