Gauge-Voting Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Gauge-Governance Nächster Begriff: Llama Airforce

Ein Mechanismus der Curve Finance Plattform, bei dem veCRV-Inhaber wöchentlich über die Verteilung von CRV-Belohnungen an Liquiditätspools abstimmen, um Anreize für bestimmte Pools zu priorisieren

Gauge-Voting bezeichnet den wöchentlichen Abstimmungsprozess innerhalb der Curve-Governance, bei dem veCRV-Inhaber darüber entscheiden, welche Liquidity Pools (bzw. deren Gauges) welchen Anteil an den CRV-Emissionen erhalten sollen. Es ist das zentrale Instrument zur steuerbaren Verteilung von Anreizen im Curve-Ökosystem und macht Curve zu einem der strategisch wichtigsten Protokolle in der DeFi-Landschaft.

Gauge-Voting basiert auf dem veCRV-Modell (vote-escrowed CRV), bei dem Nutzer CRV-Token für eine bestimmte Zeit sperren und dadurch Stimmgewicht erwerben. Diese Stimmen können auf verschiedene Pools verteilt werden, um über deren Anteil an der wöchentlichen Tokeninflation mitzubestimmen.

Grundstruktur des Gauge-Voting-Systems

  1. CRV-Emissionen
    Curve Finance gibt kontinuierlich neue CRV-Token aus (Inflationsrate: z. B. 750 000 CRV pro Tag). Diese Token werden nicht gleichmäßig verteilt, sondern gemäß der Stimmen im Gauge-Voting zugewiesen.

  2. Gauges
    Jeder Pool, der CRV-Emissionen erhalten soll, benötigt einen aktiven Gauge. Dieser wird per Governance-Votum eingerichtet. Nur Pools mit aktiven Gauges können im Gauge-Voting berücksichtigt werden.

  3. veCRV-Stimmen
    Inhaber von vote-escrowed CRV (veCRV) können wöchentlich ihre Stimmen auf einen oder mehrere Pools verteilen. Das jeweilige Stimmengewicht entscheidet darüber, welcher Pool wie viele CRV-Token erhält.

  4. Stimmengewicht und Lock-Dauer
    Das Stimmgewicht ist abhängig von:

    • der Anzahl an CRV, die gesperrt wurden

    • der verbleibenden Sperrdauer (bis zu 4 Jahre = 1 veCRV pro CRV)

    • der aktuellen Verteilung der Stimmen im System

Stimmen verfallen nicht automatisch, sondern bleiben wirksam, bis sie geändert werden.

Ablauf eines typischen Voting-Zyklus

  • Stimmen setzen:
    veCRV-Inhaber können über die Curve-Oberfläche oder Tools wie Snapshot ihre Stimmen abgeben.

  • Stimmenverteilung:
    Alle Stimmen werden anteilig berechnet. Der Pool mit 10 % aller Stimmen erhält 10 % der wöchentlichen Emissionen.

  • Emissionen aktivieren:
    Die CRV-Zuweisungen gelten für die nächste Woche und werden automatisch an die LPs in den jeweiligen Pools verteilt.

  • Belohnungen erhalten:
    Liquidity Provider (LPs), die Liquidität in stark gewichteten Pools bereitstellen, erhalten anteilig CRV-Rewards.

Strategische Effekte des Gauge-Votings

1. Kapitallenkung über Governance

Durch das Gauge-Voting wird entschieden, wohin Anreize fließen. Pools mit hoher Stimmgewichtung werden durch mehr CRV-Emissionen attraktiver für LPs, was mehr Liquidität anzieht.

2. Bribe-Systeme

Projekte, die ihre Pools bewerben möchten, bieten Bribes an – also Belohnungen für veCRV-Inhaber, wenn sie für bestimmte Gauges stimmen. Dies geschieht über Plattformen wie:

  • Votium

  • Hidden Hand

  • Paladin

Diese Sekundärmärkte machen Gauge-Voting zu einem ökonomischen Steuerungsinstrument, bei dem Governance-Stimmen gegen externe Belohnungen eingetauscht werden können.

3. Delegierte und Aggregatoren

Viele veCRV-Inhaber nutzen nicht selbst das Voting, sondern delegieren es an Protokolle wie:

  • Convex Finance

  • StakeDAO

  • Yearn

Diese aggregieren Stimmen, stimmen gebündelt ab und nutzen ihre Macht gezielt, um strategische Pools zu fördern – oft im Austausch für Einnahmen aus Bribes oder CRV-Rewards.

Beispiel: Stimmenverteilung einer Woche

Pool Stimmenanteil Entsprechende CRV-Emissionen (pro Woche)
FRAX/3pool 16,8 % ca. 882 000 CRV
MIM/3pool 12,3 % ca. 645 000 CRV
LUSD/3pool 7,1 % ca. 373 000 CRV
ETH/stETH 4,5 % ca. 236 000 CRV

Die genaue Höhe hängt von der Gesamtmenge an veCRV-Stimmen im Umlauf und der wöchentlichen Emissionsrate ab.

Vorteile des Gauge-Votings

  • Dezentrale Entscheidungsfindung:
    Die Community bestimmt über die CRV-Verteilung.

  • Dynamische Allokation:
    Stimmverhältnisse ändern sich wöchentlich – die Anreizverteilung ist also anpassbar.

  • Marktgetriebene Effizienz:
    Nur Pools mit echter Nachfrage (bzw. strategischer Bedeutung) erhalten hohe Emissionen.

  • Kapitalbindung wird belohnt:
    Nur wer CRV sperrt, hat echten Einfluss – kurzfristiges Verhalten wird entwertet.

Herausforderungen und Kritik

  • Machtkonzentration:
    Große Aggregatoren wie Convex bündeln einen Großteil der Stimmen und beeinflussen das Ergebnis stark.

  • Stimmenkauf:
    Bribes führen zu einer Kommerzialisierung der Governance und machen das System anfällig für externe Manipulationen.

  • Komplexität für Neulinge:
    Neue Teilnehmer müssen umfangreiches Wissen über Locking, Delegation und Bribe-Märkte mitbringen, um effektiv teilzunehmen.

  • Pfadabhängigkeit:
    Einmal erfolgreiche Pools erhalten regelmäßig Stimmen und Emissionen, was den Einstieg neuer Projekte erschwert.

Rolle im größeren DeFi-Ökosystem

Das Gauge-Voting-System hat als Modell Schule gemacht. Es wurde von zahlreichen DeFi-Protokollen übernommen, unter anderem:

  • Balancer (veBAL-Governance)

  • Velodrome (veVELO + Gauge-Voting)

  • Pendle Finance (vePENDLE)

  • Dopex, Solidly, Equilibre (ähnliche Mechanismen)

Die Kombination aus Token-Locking, Stimmgewicht, Emissionen und Bribe-Ökonomie gilt heute als Standardmodell für anreizgesteuerte DeFi-Governance.

Fazit

Gauge-Voting ist das zentrale Governance-Instrument von Curve Finance zur Verteilung der wöchentlichen CRV-Emissionen. Es belohnt langfristige Kapitalbindung, ermöglicht dezentrale Steuerung von Liquiditätsanreizen und hat mit der Entstehung sekundärer Märkte für Stimmen und Bribes eine neue Form ökonomischer Governance geschaffen. Trotz Komplexität und Machtkonzentration bleibt Gauge-Voting eines der wirkungsvollsten Modelle zur Marktsteuerung durch kollektive Entscheidungen im DeFi-Sektor.