Gewinn- und Verlustrechnung Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Reth (Ethereum-Implementierung) Nächster Begriff: Governance-Token

Eine Finanzübersicht, die die Einnahmen, Ausgaben und den resultierenden Gewinn oder Verlust eines Unternehmens über einen bestimmten Zeitraum darstellt, um die finanzielle Leistungsfähigkeit zu bewerten

Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ist ein zentrales Instrument der externen Rechnungslegung, das die Erträge und Aufwendungen eines Unternehmens innerhalb eines bestimmten Zeitraums – in der Regel eines Geschäftsjahres – gegenüberstellt. Ziel der GuV ist es, den periodenbezogenen Erfolg des Unternehmens zu ermitteln, also den Jahresüberschuss oder - bei negativen Ergebnissen – den Jahresfehlbetrag. Die Gewinn- und Verlustrechnung bildet damit neben der Bilanz einen wesentlichen Bestandteil des Jahresabschlusses und ist gesetzlich vorgeschrieben, insbesondere für Kapitalgesellschaften nach dem Handelsgesetzbuch (HGB).

Grundlagen und rechtliche Einordnung

Die gesetzliche Grundlage für die Gewinn- und Verlustrechnung in Deutschland ist im § 242 HGB sowie im § 275 HGB geregelt. Demnach sind alle Kaufleute verpflichtet, zum Ende eines Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge aufzustellen. Kapitalgesellschaften müssen die GuV in einer gesetzlich vorgegebenen Form erstellen und veröffentlichen, während Einzelunternehmen und Personengesellschaften teils weniger strengen Vorschriften unterliegen.

Die GuV kann entweder nach dem Gesamtkostenverfahren oder dem Umsatzkostenverfahren aufgestellt werden. Beide Verfahren sind im § 275 Abs. 2 bzw. Abs. 3 HGB geregelt und unterscheiden sich in der Art der Gliederung und Ermittlung des Betriebsergebnisses, führen jedoch bei korrekter Anwendung zum gleichen Jahresergebnis.

Gliederung nach dem Gesamtkostenverfahren

Beim Gesamtkostenverfahren werden sämtliche im Geschäftsjahr angefallenen Aufwendungen den gesamten erzielten Erträgen gegenübergestellt – unabhängig davon, ob diese aus dem Umsatzprozess stammen oder nicht. Die Erträge werden dabei um Bestandsveränderungen und aktivierte Eigenleistungen ergänzt. Die Gliederung gemäß § 275 Abs. 2 HGB umfasst typischerweise folgende Positionen:

  1. Umsatzerlöse

  2. Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen

  3. Andere aktivierte Eigenleistungen

  4. Sonstige betriebliche Erträge

  5. Materialaufwand

  6. Personalaufwand

  7. Abschreibungen

  8. Sonstige betriebliche Aufwendungen

  9. Erträge aus Beteiligungen

  10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen

  11. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge

  12. Abschreibungen auf Finanzanlagen

  13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen

  14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

  15. Außerordentliche Erträge und Aufwendungen

  16. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

  17. Sonstige Steuern

  18. Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag

Gliederung nach dem Umsatzkostenverfahren

Das Umsatzkostenverfahren stellt nur die den Umsätzen direkt zurechenbaren Aufwendungen (sogenannte Herstellkosten der verkauften Produkte) den Umsatzerlösen gegenüber. Nicht direkt zurechenbare Kosten wie Lageraufwendungen oder allgemeine Verwaltungskosten werden separat ausgewiesen. Die Darstellung gemäß § 275 Abs. 3 HGB ist stärker am internationalen Standard (insbesondere IFRS) orientiert und häufig in größeren, kapitalmarktorientierten Unternehmen verbreitet. Die typischen Positionen sind:

  1. Umsatzerlöse

  2. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen

  3. Bruttoergebnis vom Umsatz

  4. Vertriebskosten

  5. Allgemeine Verwaltungskosten

  6. Sonstige betriebliche Erträge

  7. Sonstige betriebliche Aufwendungen

  8. Erträge und Aufwendungen aus Beteiligungen und Wertpapieren

  9. Zinserträge und -aufwendungen

  10. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

  11. Außerordentliches Ergebnis

  12. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

  13. Sonstige Steuern

  14. Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag

Bedeutung für die Unternehmensanalyse

Die Gewinn- und Verlustrechnung ist ein zentrales Element der Finanzanalyse, da sie Aufschluss über die Ertragslage und damit die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens gibt. Aus der GuV lassen sich Kennzahlen ableiten, die zur Bewertung der Unternehmensleistung herangezogen werden, wie zum Beispiel:

  • EBIT (Earnings Before Interest and Taxes): Betriebliches Ergebnis vor Zinsen und Steuern

  • EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization): Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen

  • Bruttomarge: Verhältnis des Bruttoergebnisses zum Umsatz

  • Nettoergebnisquote: Anteil des Jahresüberschusses am Umsatz

Darüber hinaus ist die GuV ein Instrument zur Planung und Kontrolle. Abweichungen zwischen Plan- und Ist-Ergebnis können frühzeitig identifiziert und analysiert werden. Zudem ist die GuV Grundlage für unternehmensinterne Entscheidungen (z. B. Investitionen, Kostensenkungen) sowie für die externe Beurteilung durch Banken, Investoren und Ratingagenturen.

Unterschiede zwischen handelsrechtlicher und steuerlicher GuV

In der Praxis ist zwischen der handelsrechtlichen und der steuerlichen Gewinn- und Verlustrechnung zu unterscheiden. Die handelsrechtliche GuV orientiert sich am HGB und dient vor allem dem Gläubigerschutz durch vorsichtige Bewertung (Vorsichtsprinzip). Die steuerliche GuV hingegen basiert auf dem Einkommensteuergesetz (EStG) und dient der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens. Unterschiede können sich insbesondere ergeben durch:

  • Abweichende Abschreibungsregeln

  • Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben

  • Steuerfreie Einnahmen

  • Rückstellungen und deren Bewertung

In vielen Fällen wird aus der handelsrechtlichen GuV eine sogenannte steuerliche Überleitungsrechnung erstellt, um die Differenzen transparent zu machen.

Erstellungspflicht und Veröffentlichung

Die Verpflichtung zur Erstellung einer Gewinn- und Verlustrechnung hängt von der Unternehmensform, der Größenklasse und der Rechnungslegungspflicht ab. Kapitalgesellschaften wie GmbH und AG müssen stets eine GuV aufstellen und im Rahmen des Jahresabschlusses im Bundesanzeiger veröffentlichen. Für kleinere Unternehmen gelten Erleichterungen hinsichtlich der Gliederungstiefe und Offenlegungspflicht. Einzelkaufleute, die bestimmte Umsatz- und Gewinngrenzen nicht überschreiten, sind gemäß § 241a HGB unter bestimmten Voraussetzungen von der Buchführungspflicht befreit.

Die GuV ist Bestandteil des vollständigen Jahresabschlusses, zu dem auch die Bilanz und gegebenenfalls ein Anhang sowie ein Lagebericht gehören.

Fazit

Die Gewinn- und Verlustrechnung ist ein zentrales Instrument zur Ermittlung des unternehmerischen Erfolgs innerhalb eines Geschäftsjahres. Sie stellt Erträge und Aufwendungen systematisch gegenüber und dient sowohl internen Steuerungszwecken als auch der externen Rechenschaft gegenüber Stakeholdern wie Investoren, Gläubigern und Aufsichtsbehörden. Je nach Unternehmenstyp und Rechnungslegungsstandard kann die GuV nach dem Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren aufgestellt werden. In der Praxis ist sie eine unverzichtbare Grundlage für betriebswirtschaftliche Analysen, steuerliche Bewertungen und strategische Entscheidungen.