Gleitende Durchschnitte (Moving Averages) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Standard-Doji (Neutraler Doji) Nächster Begriff: Exponentieller Gleitender Durchschnitt (EMA)

Eines der am häufigsten genutzten Werkzeuge in der technischen Analyse

Gleitende Durchschnitte (Moving Averages, MAs) gehören zu den wichtigsten technischen Indikatoren in der Finanzanalyse und werden von Tradern und Investoren genutzt, um Trends zu identifizieren, Marktvolatilität zu glätten und potenzielle Handelsmöglichkeiten zu erkennen. Sie berechnen den durchschnittlichen Preis eines Vermögenswerts über einen bestimmten Zeitraum und helfen dabei, Marktrauschen herauszufiltern.

Durch gleitende Durchschnitte können Trader bestimmen, ob sich ein Markt in einem Aufwärts- oder Abwärtstrend befindet und in welchen Bereichen potenzielle Kauf- oder Verkaufszonen liegen.

Arten von Gleitenden Durchschnitten

Es gibt verschiedene Arten von gleitenden Durchschnitten, die sich in ihrer Berechnungsmethode unterscheiden:

1. Einfacher Gleitender Durchschnitt (Simple Moving Average, SMA)

  • Berechnet den arithmetischen Durchschnitt der Schlusskurse über eine bestimmte Periode.
  • Beispiel: Ein 10-Tage-SMA summiert die Schlusskurse der letzten 10 Tage und teilt sie durch 10.
  • Glättet Preisbewegungen, aber reagiert langsam auf neue Kursänderungen.

Formel für den SMA:

\[ SMA = \frac{P_1 + P_2 + ... + P_n}{n} \]

wobei P die Schlusskurse und n die Anzahl der betrachteten Perioden ist.

2. Exponentieller Gleitender Durchschnitt (Exponential Moving Average, EMA)

  • Gibt neueren Kurswerten ein höheres Gewicht, sodass er schneller auf Preisbewegungen reagiert als der SMA.
  • Besonders nützlich für kurzfristige Trader und volatile Märkte.

Formel für den EMA:

\[ EMA = \left(P_t \times \alpha \right) + \left(EMA_{t-1} \times (1 - \alpha)\right) \]

wobei P_t der aktuelle Schlusskurs, EMA_{t-1} der vorherige EMA-Wert und α (Glättungsfaktor) ist:

\[ \alpha = \frac{2}{n+1} \]

3. Gewichteter Gleitender Durchschnitt (Weighted Moving Average, WMA)

  • Ähnlich wie der EMA, aber mit einem linear steigenden Gewicht auf die jüngsten Preise.
  • Seltener genutzt als der EMA, da dieser eine ähnliche, aber effizientere Berechnung bietet.

4. Adaptive und Triangular Moving Averages (TMA, AMA)

  • TMA (Triangular Moving Average) legt stärkeren Fokus auf die Mitte der betrachteten Periode.
  • AMA (Adaptive Moving Average) passt sich Marktbedingungen an und reduziert Verzögerungen in Seitwärtsphasen.

Verwendung von Gleitenden Durchschnitten im Trading

Gleitende Durchschnitte sind vielseitig einsetzbar und helfen bei der Trendidentifikation, dem Erkennen von Unterstützungs- und Widerstandszonen sowie als Bestandteil von Trading-Strategien.

1. Trendbestimmung mit Gleitenden Durchschnitten

  • Steigender gleitender Durchschnitt → Aufwärtstrend
  • Fallender gleitender Durchschnitt → Abwärtstrend
  • Seitwärts verlaufender gleitender Durchschnitt → Konsolidierungsphase

Typische Werte für gleitende Durchschnitte:

  • Kurzfristige Trader nutzen 10-Tage- bis 20-Tage-EMAs.
  • Mittelfristige Trader verwenden 50-Tage-SMAs oder EMAs.
  • Langfristige Investoren setzen auf 100-Tage- und 200-Tage-SMAs.

2. Moving Average Crossover-Strategie (Kreuzung zweier gleitender Durchschnitte)

Eine der bekanntesten Handelsstrategien nutzt die Kreuzung zweier gleitender Durchschnitte als Kauf- oder Verkaufssignal.

Strategie: Golden Cross & Death Cross

  • Golden Cross: Wenn ein kurzfristiger gleitender Durchschnitt (z. B. 50-Tage-SMA) einen langfristigen gleitenden Durchschnitt (z. B. 200-Tage-SMA) von unten nach oben kreuzt, ist dies ein bullisches Kaufsignal.
  • Death Cross: Wenn ein kurzfristiger gleitender Durchschnitt den langfristigen gleitenden Durchschnitt von oben nach unten kreuzt, ist dies ein bärisches Verkaufssignal.

Beispiel:

  • Golden Cross: 50-Tage-SMA kreuzt über den 200-Tage-SMA → Kaufsignal
  • Death Cross: 50-Tage-SMA fällt unter den 200-Tage-SMA → Verkaufssignal

3. Unterstützung und Widerstand mit MAs

  • Ein steigender gleitender Durchschnitt kann als dynamische Unterstützung fungieren, an der sich der Kurs oft fängt.
  • Ein fallender gleitender Durchschnitt kann als Widerstand wirken, wo sich Abwärtsbewegungen verstärken.

Beispiel:

  • Der 50-Tage-EMA hält als Unterstützung, solange der Preis darüber bleibt.
  • Fällt der Preis unter den 50-Tage-EMA, kann dieser zur neuen Widerstandszone werden.

4. Kombination mit anderen Indikatoren

Gleitende Durchschnitte sind am effektivsten, wenn sie mit anderen technischen Indikatoren kombiniert werden:

  • Relative Strength Index (RSI)

    • Ein überkaufter RSI (>70) + Berührung eines 200-Tage-SMA = mögliches Verkaufssignal.
    • Ein überverkaufter RSI (<30) + Berührung eines 200-Tage-SMA = mögliches Kaufsignal.
  • MACD (Moving Average Convergence Divergence)

    • Der MACD nutzt zwei EMAs (12 und 26 Tage) zur Trenderkennung.
    • Wenn der MACD über die Signallinie steigt → Bullisches Signal.
    • Wenn der MACD unter die Signallinie fällt → Bärisches Signal.

Vorteile und Nachteile von Gleitenden Durchschnitten

Vorteile

  • Glättet Marktrauschen: Filtert kurzfristige Schwankungen und bietet eine klarere Sicht auf Trends.
  • Flexibel anwendbar: Funktioniert in verschiedenen Zeitrahmen und Marktbedingungen.
  • Einfache Interpretation: Leicht verständlich für Anfänger und erfahrene Trader.
  • Unterstützung und Widerstand: Kann als dynamisches Unterstützungs- oder Widerstandsniveau fungieren.

Nachteile

  • Verzögerung (Lagging Indicator): Gleitende Durchschnitte basieren auf vergangenen Kursen und reagieren nicht sofort auf neue Marktbewegungen.
  • Fehlsignale in Seitwärtsmärkten: In trendlosen Märkten kann es zu falschen Kaufs- oder Verkaufssignalen kommen.
  • Optimierungsbedarf: Unterschiedliche Zeiträume können je nach Marktphase unterschiedliche Signale liefern.

Fazit

Gleitende Durchschnitte sind eines der am häufigsten genutzten Werkzeuge in der technischen Analyse. Sie helfen bei der Trendbestimmung, fungieren als Unterstützungs- und Widerstandsniveaus und liefern Handelssignale in Kombination mit anderen Indikatoren.

Obwohl sie Verzögerungen aufweisen, können sie mit Strategien wie dem Moving Average Crossover, der Trendfolgestrategie oder der Kombination mit RSI und MACD effektive Handelsentscheidungen unterstützen.

Langfristige Investoren nutzen SMA 50/200, während kurzfristige Trader oft EMAs für schnelle Reaktionszeiten bevorzugen. Der Schlüssel zum erfolgreichen Einsatz liegt in der richtigen Kombination mit weiteren Indikatoren und einer umfassenden Marktanalyse.