International Islamic Financial Market (IIFM) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Islamic Financial Services Board (IFSB) Nächster Begriff: Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions (AAOIFI)

Eine Schlüsselinstitution für die Standardisierung, Effizienzsteigerung und Internationalisierung islamischer Finanzmärkte

Der International Islamic Financial Market (IIFM) ist eine internationale Organisation zur Entwicklung und Standardisierung islamischer Finanzinstrumente und Märkte. Sie wurde 2002 gegründet und hat ihren Sitz in Manama, Bahrain. Der IIFM versteht sich als strategische Plattform zur Förderung von Scharia-konformen Kapitalmarktprodukten, insbesondere in den Bereichen Islamic Capital Markets, Treasury Management und interbankfähige Handelsstrukturen. Ziel ist es, die Effizienz, Transparenz und Integration islamischer Finanzmärkte auf globaler Ebene zu verbessern.

Hintergrund und Gründung

Die Gründung des IIFM erfolgte auf Initiative führender Zentralbanken und islamischer Finanzinstitutionen in Zusammenarbeit mit der Islamischen Entwicklungsbank (IsDB). Der Hintergrund war die Beobachtung, dass der schnell wachsende Sektor der Islamic Finance zwar über große Nachfrage verfügte, jedoch an standardisierten Strukturen, Dokumentationen und Marktpraktiken mangelte – insbesondere im Interbankenhandel und bei liquiden Kurzfristinstrumenten.

Der IIFM wurde als Ergänzung zu anderen islamischen Standardisierungsorganisationen wie der AAOIFI (Accounting and Auditing Organization for Islamic Financial Institutions) und dem Islamic Financial Services Board (IFSB) ins Leben gerufen, mit dem besonderen Fokus auf Marktinfrastruktur und Handelsverträge.

Ziele und Aufgaben des IIFM

Der IIFM verfolgt eine Reihe von strategischen Zielen, die auf die Stärkung und Internationalisierung islamischer Finanzmärkte ausgerichtet sind:

  • Entwicklung standardisierter Verträge für den Handel islamischer Finanzprodukte

  • Harmonisierung von Marktpraktiken über Länder- und Institutionengrenzen hinweg

  • Förderung der Markttransparenz und Risikoreduzierung durch einheitliche Strukturen

  • Schaffung interbankfähiger Instrumente, etwa im Bereich Liquiditätsmanagement

  • Stärkung der rechtlichen und scharia-konformen Sicherheit bei Handelsabwicklungen

  • Förderung von Forschung und Marktanalysen zu islamischen Kapitalmarktinstrumenten

Diese Aufgaben dienen dem langfristigen Ziel, islamische Finanzinstitutionen besser mit Liquidität zu versorgen, den Sekundärmarkt für islamische Produkte zu stärken und Investoren mehr Vertrauen durch transparente Standards zu bieten.

Mitgliederstruktur

Der IIFM wird von einem internationalen Netzwerk aus Regulierungsbehörden, Zentralbanken, Banken, Investmenthäusern und anderen Finanzinstitutionen getragen. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem:

  • Zentralbanken: z. B. aus Bahrain, Malaysia, Saudi-Arabien, Indonesien, Pakistan, Sudan und Vereinigten Arabischen Emiraten

  • Multilaterale Organisationen: z. B. Islamic Development Bank (IsDB)

  • Islamische Geschäftsbanken

  • Investment- und Sukuk-Häuser

  • Rechtsanwaltskanzleien und Beratungsfirmen

Die Mitglieder wirken aktiv an der Entwicklung der Standards mit und profitieren gleichzeitig von frühzeitigem Zugang zu neuen Marktstrukturen.

Standardisierte Vertragsrahmen (Master Agreements)

Ein zentrales Arbeitsfeld des IIFM ist die Entwicklung standardisierter Vertragsrahmenwerke, die als Vorlage für Scharia-konforme Finanztransaktionen dienen. Diese Standards orientieren sich an international anerkannten Marktmodellen wie ISDA (International Swaps and Derivatives Association), sind jedoch an islamische Grundsätze angepasst.

Zu den wichtigsten IIFM-Standards gehören:

1. IIFM Master Agreement for Treasury Placement (MATP)

Ein Rahmenvertrag für kurzfristige Liquiditätsplatzierungen zwischen islamischen Finanzinstitutionen, meist auf Basis von Wakala- oder Murabaha-Strukturen.

2. IIFM Master Murabaha Agreement

Dient als Standarddokumentation für Warengeschäfte, bei denen Banken Kunden Finanzierungen auf Basis von Handelsverträgen anbieten.

\[ \text{Verkaufspreis} = \text{Einkaufspreis der Ware} + \text{vereinbarte Marge} \]

3. IIFM Master Agreement for Islamic Derivatives (Tahawwut)

Rahmenwerk zur Absicherung von Währungs- und Zinsrisiken unter Scharia-konformen Bedingungen, in Kooperation mit ISDA.

4. IIFM Sukuk Al Ijara Standard Documentation

Standardisierte Vertragsunterlagen für die Emission von Sukuk, die auf Leasingstrukturen (Ijara) basieren. Diese Struktur ist besonders bei staatlichen oder unternehmensbezogenen Finanzierungen weit verbreitet.

5. IIFM Waqf Sukuk Report und Research Papers

Analysen zur Strukturierung islamischer Stiftungsanleihen (Waqf) und ihrer Anwendung im Kapitalmarkt.

Durch die Standardisierung dieser Verträge schafft der IIFM eine gemeinsame Grundlage für eine vergleichbare, rechtsklare und international einsetzbare Abwicklung islamischer Finanztransaktionen.

Bedeutung für Islamic Finance

Der IIFM ist ein zentraler Treiber der institutionellen Infrastruktur islamischer Finanzmärkte. Er erfüllt eine Rolle, die im konventionellen Finanzwesen von Organisationen wie ISDA, ICMA oder ISLA übernommen wird, jedoch unter Berücksichtigung islamrechtlicher Anforderungen. Seine Arbeit trägt maßgeblich dazu bei:

  • Handelshemmnisse abzubauen, die durch uneinheitliche Verträge und nationale Unterschiede entstehen

  • Effiziente Interbankenmärkte für Islamic Finance zu schaffen

  • Rechts- und Scharia-Risiken bei grenzüberschreitenden Geschäften zu minimieren

  • Innovative Produkte wie Scharia-konforme Derivate oder hybride Finanzinstrumente marktfähig zu machen

Durch seine Arbeit leistet der IIFM einen wesentlichen Beitrag zur Professionalisierung und Integration islamischer Finanzmärkte in das globale Finanzsystem.

Zusammenarbeit mit internationalen Institutionen

Der IIFM kooperiert mit einer Vielzahl von Akteuren, darunter:

  • AAOIFI: Gemeinsame Abstimmung zur Rechnungslegung und Scharia-Bewertung

  • IFSB: Harmonisierung regulatorischer Anforderungen

  • ISDA: Gemeinsame Entwicklung islamischer Derivateverträge

  • IOSCO: Beitrag zu globalen Marktstandards

  • Weltbank und IWF: Beratung und Forschung im Bereich islamischer Kapitalmärkte

Diese Zusammenarbeit stärkt die Interoperabilität islamischer Finanzinstrumente mit konventionellen Märkten und erhöht deren Akzeptanz bei institutionellen Investoren.

Herausforderungen

Trotz seines Erfolgs steht der IIFM vor verschiedenen Herausforderungen:

  • Vielfalt der Scharia-Interpretationen: Unterschiedliche Rechtsauffassungen erschweren die globale Akzeptanz einheitlicher Verträge.

  • Langsamer Adoptionsprozess: Viele islamische Banken nutzen weiterhin eigene Dokumentationen.

  • Fehlende Marktliquidität: Standardisierte Verträge allein reichen nicht aus, um tiefere Sekundärmärkte zu schaffen.

  • Wachsender Innovationsdruck: Neue Technologien wie Blockchain oder digitale Sukuk erfordern angepasste Standardisierungen.

Fazit

Der International Islamic Financial Market (IIFM) ist eine Schlüsselinstitution für die Standardisierung, Effizienzsteigerung und Internationalisierung islamischer Finanzmärkte. Durch die Entwicklung einheitlicher Vertragsrahmen und die Förderung marktfähiger Strukturen leistet der IIFM einen wichtigen Beitrag zur funktionalen Infrastruktur des islamischen Finanzsystems – insbesondere in den Bereichen Treasury, Kapitalmarkt und Risikomanagement.

Die Organisation stärkt das Vertrauen in islamische Finanzinstrumente, erleichtert deren grenzüberschreitende Anwendung und fördert die Integration mit konventionellen Märkten. In einer zunehmend globalisierten Finanzwelt ist der IIFM damit ein unverzichtbarer Akteur für die Weiterentwicklung eines professionellen und scharia-konformen Finanzsystems.