Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (LRG) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Temporäre Offenmarktgeschäfte (TOMO) Nächster Begriff: Gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs)

Ein wichtiges Instrument der Geldpolitik, das Geschäftsbanken über längere Zeiträume mit Liquidität versorgt

Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (LRG) sind geldpolitische Instrumente, die von Zentralbanken, insbesondere der Europäischen Zentralbank (EZB), eingesetzt werden, um Geschäftsbanken über einen längeren Zeitraum mit Liquidität zu versorgen. Sie stellen eine Erweiterung der kurzfristigen Hauptrefinanzierungsgeschäfte (HRG) dar und dienen dazu, die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen und Privatpersonen zu unterstützen.

Funktionsweise der längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte

Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte laufen ähnlich wie die Hauptrefinanzierungsgeschäfte ab, jedoch mit längeren Laufzeiten, die mehrere Monate bis hin zu mehreren Jahren betragen können. Der Ablauf eines LRG sieht folgendermaßen aus:

  1. Ausschreibung durch die Zentralbank: Die EZB oder eine andere Zentralbank kündigt an, dass sie Liquidität für eine bestimmte Laufzeit bereitstellen wird.
  2. Gebotsverfahren: Geschäftsbanken können Gebote einreichen, in denen sie angeben, wie viel Zentralbankgeld sie benötigen und welche Sicherheiten sie hinterlegen.
  3. Zuteilung der Mittel: Die Zentralbank entscheidet über die Vergabe der Mittel basierend auf einem festen Zinssatz oder durch ein Auktionsverfahren.
  4. Rückzahlung nach Laufzeitende: Nach Ablauf des LRG müssen die Banken das erhaltene Zentralbankgeld zurückzahlen und erhalten ihre hinterlegten Sicherheiten zurück.

Die Laufzeiten der längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte variieren und können zwischen drei Monaten und mehreren Jahren liegen.

Zielsetzung der längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte

Die LRG dienen mehreren wichtigen geldpolitischen und wirtschaftlichen Zielen:

  • Stabilisierung der Kreditmärkte: Durch eine langfristige Bereitstellung von Liquidität können Banken Unternehmen und Verbraucher mit günstigen Krediten versorgen.
  • Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung: Günstige Finanzierungskonditionen fördern Investitionen und Wachstum.
  • Steuerung der Zinsen: LRG beeinflussen die langfristigen Zinssätze und wirken sich auf Hypotheken- und Unternehmenskredite aus.
  • Sicherung der Finanzstabilität: In Krisenzeiten können LRG helfen, Liquiditätsengpässe zu vermeiden und Banken vor finanziellen Schwierigkeiten zu bewahren.

Unterschied zwischen LRG und HRG

Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte unterscheiden sich von Hauptrefinanzierungsgeschäften (HRG) vor allem in folgenden Punkten:

Merkmal Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (LRG) Hauptrefinanzierungsgeschäfte (HRG)
Laufzeit Mehrere Monate bis Jahre Eine Woche
Zielsetzung Langfristige Liquiditätsversorgung Kurzfristige Steuerung der Geldmenge
Einfluss Beeinflusst langfristige Zinssätze Beeinflusst kurzfristige Zinssätze
Einsatz in Krisenzeiten Wird intensiv genutzt, um Banken zu stabilisieren Wird regelmäßig zur Steuerung der Geldpolitik eingesetzt

Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte in der Praxis

Die EZB hat verschiedene Programme für längerfristige Refinanzierungsgeschäfte eingeführt, insbesondere in Krisenzeiten.

  1. Klassische LRG:

    • Die EZB bietet regelmäßig LRG mit Laufzeiten von drei bis zwölf Monaten an.
    • Banken erhalten Liquidität gegen Hinterlegung von Sicherheiten.
  2. Krisenbedingte LRG:

    • Während der Finanzkrise 2008 führte die EZB LRG mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren ein, um die Banken mit langfristiger Liquidität zu versorgen.
    • Während der Corona-Pandemie 2020 setzte die EZB gezielt langfristige Refinanzierungsgeschäfte mit besonders günstigen Konditionen ein.
  3. Gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs):

    • Diese speziellen LRG wurden entwickelt, um gezielt die Kreditvergabe an Unternehmen und Verbraucher zu fördern.
    • Banken, die besonders viele Kredite an die Realwirtschaft vergeben, erhalten hierbei besonders günstige Konditionen.

Vorteile und Risiken der längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte

Vorteile:

  • Langfristige Planbarkeit für Banken: Da die Liquidität über eine längere Zeit verfügbar ist, können Banken sicherer wirtschaften.
  • Förderung der Kreditvergabe: Niedrige Refinanzierungskosten werden an Unternehmen und Verbraucher weitergegeben.
  • Krisenbewältigung: LRG helfen, Finanzkrisen abzufedern, indem sie die Liquiditätsversorgung sicherstellen.

Risiken:

  • Mögliche Abhängigkeit der Banken: Banken könnten sich zu sehr auf Zentralbankkredite verlassen, anstatt sich am freien Markt zu refinanzieren.
  • Inflationsrisiken: Zu viele günstige LRG können zu einem Anstieg der Inflation führen.
  • Fehlallokation von Kapital: Wenn Banken das Zentralbankgeld nicht für produktive Kredite nutzen, sondern in spekulative Anlagen investieren.

Fazit

Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte sind ein wichtiges Instrument der Geldpolitik, das Geschäftsbanken über längere Zeiträume mit Liquidität versorgt. Sie haben eine entscheidende Rolle in der Stabilisierung der Finanzmärkte gespielt, insbesondere während der Finanzkrise 2008 und der Corona-Pandemie 2020. Während sie klare Vorteile für die wirtschaftliche Entwicklung bieten, bergen sie auch Risiken, insbesondere wenn sie zu lange oder in zu großem Umfang genutzt werden. Eine verantwortungsvolle Anwendung durch die Zentralbanken ist daher essenziell, um langfristig stabile Finanzmärkte zu gewährleisten.