Merkantilismus Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Laissez-faire-Kapitalismus Nächster Begriff: Monetarismus
Ein prägendes Wirtschaftssystem der frühen Neuzeit, das darauf abzielte, die wirtschaftliche Macht der Staaten zu maximieren
Merkantilismus bezeichnet ein wirtschaftspolitisches System, das insbesondere in Europa vom 16. bis zum 18. Jahrhundert vorherrschte. Es basiert auf der Vorstellung, dass der Wohlstand eines Staates von der Anhäufung von Gold und Silber sowie einer positiven Handelsbilanz abhängt. Der Merkantilismus war eng mit der Entstehung des Absolutismus verbunden und diente dazu, die wirtschaftliche Macht der Monarchien zu stärken.
Ursprung und historische Entwicklung
Der Merkantilismus entwickelte sich in der frühen Neuzeit, als sich nationale Staaten herausbildeten und der internationale Handel stark zunahm. Vor allem in Frankreich, England, Spanien und den deutschen Fürstentümern wurde diese Wirtschaftspolitik angewandt.
Die theoretischen Grundlagen des Merkantilismus wurden von verschiedenen Ökonomen entwickelt, darunter Jean-Baptiste Colbert, der als Finanzminister unter Ludwig XIV. das französische Wirtschaftssystem maßgeblich prägte. In England setzte sich eine besonders exportorientierte Variante durch, die oft als „Commercial System“ bezeichnet wird.
Mit dem Aufkommen der klassischen Nationalökonomie im 18. Jahrhundert, insbesondere durch Adam Smiths Werk Der Wohlstand der Nationen (1776), geriet der Merkantilismus zunehmend in die Kritik und wurde nach und nach durch liberalere Wirtschaftskonzepte abgelöst.
Merkmale des Merkantilismus
Der Merkantilismus zeichnet sich durch mehrere zentrale wirtschaftspolitische Maßnahmen aus:
- Staatliche Kontrolle der Wirtschaft: Der Staat steuert die Wirtschaft aktiv, um die nationale Produktion zu fördern und Importe zu begrenzen.
- Förderung der Exporte und Beschränkung der Importe: Eine positive Handelsbilanz soll durch Exportüberschüsse erreicht werden. Dies geschieht durch Zölle, Handelsmonopole und Subventionen für heimische Unternehmen.
- Ansammlung von Edelmetallen: Gold und Silber gelten als Maßstab für den Reichtum eines Staates. Daher wird versucht, durch Außenhandel und Kolonialpolitik möglichst viel Edelmetall ins eigene Land zu bringen.
- Kolonialpolitik: Kolonien dienen als Rohstofflieferanten und Absatzmärkte für die heimische Industrie. Der Handel zwischen Kolonien und dem Mutterland wird oft durch Monopole reguliert.
- Förderung der Manufakturen: Handwerk und Industrie werden gezielt ausgebaut, um die Eigenproduktion zu steigern und weniger von Importen abhängig zu sein.
- Bevölkerungspolitik: Eine wachsende Bevölkerung wird als wirtschaftlicher Vorteil angesehen, da sie Arbeitskräfte und Konsumenten bereitstellt.
Vorteile des Merkantilismus
Befürworter des Merkantilismus argumentieren, dass dieses System mehreren Zwecken diente:
- Stärkung der nationalen Wirtschaft: Durch gezielte staatliche Eingriffe wurde die heimische Produktion gefördert.
- Sicherung von Arbeitsplätzen: Da Importe begrenzt wurden, entstanden mehr Arbeitsplätze in der einheimischen Industrie.
- Ausbau von Infrastruktur und Militär: Die hohe Staatskontrolle ermöglichte Investitionen in Straßen, Häfen und Armeen.
- Entwicklung von Handelsflotten: Viele Länder bauten große Handelsflotten auf, um den internationalen Handel zu dominieren.
Kritik und Nachteile des Merkantilismus
Obwohl der Merkantilismus in vielen Ländern zu wirtschaftlichem Wachstum führte, gab es auch zahlreiche Nachteile:
- Handelskonflikte: Die protektionistischen Maßnahmen führten oft zu Spannungen und Kriegen zwischen Staaten.
- Wirtschaftliche Ineffizienz: Durch Monopole und staatliche Eingriffe wurden Märkte verzerrt, was Innovationen hemmte.
- Übermäßige Steuerlast: Die Finanzierung von Manufakturen und Handelsflotten führte zu hohen Steuern für die Bevölkerung.
- Koloniale Ausbeutung: Kolonien wurden oft ausgebeutet, indem sie Rohstoffe liefern mussten, ohne selbst industrielle Entwicklung zu erfahren.
- Soziale Ungleichheit: Während einige Gruppen (z. B. Kaufleute und Hersteller) profitierten, litten Bauern und Arbeiter unter hohen Abgaben.
Ende des Merkantilismus und Übergang zu neuen Wirtschaftssystemen
Im Laufe des 18. Jahrhunderts führten die Kritik an der staatlichen Wirtschaftslenkung und die Erfolge des Freihandelsgedankens zur Abkehr vom Merkantilismus. Die klassische Nationalökonomie, vertreten durch Adam Smith, David Ricardo und andere, argumentierte, dass freier Handel und eine arbeitsteilige Wirtschaft effizienter seien.
Mit der industriellen Revolution setzten sich zunehmend marktwirtschaftliche Prinzipien durch, und viele Länder begannen, Handelsbarrieren abzubauen. Dennoch existieren auch heute noch Elemente merkantilistischer Politik, insbesondere in Form von Protektionismus, staatlicher Industriepolitik und Handelsregulierungen.
Fazit
Der Merkantilismus war ein prägendes Wirtschaftssystem der frühen Neuzeit, das darauf abzielte, die wirtschaftliche Macht der Staaten zu maximieren. Während er in vielen Ländern zur wirtschaftlichen Entwicklung beitrug, brachte er auch erhebliche Nachteile mit sich. Die Kritik am Merkantilismus führte schließlich zur Entwicklung der liberalen Marktwirtschaft, die heute in den meisten Volkswirtschaften dominiert. Dennoch sind viele seiner Prinzipien, insbesondere protektionistische Maßnahmen und staatliche Wirtschaftsförderung, auch in der modernen Wirtschaftspolitik noch zu finden.