Stolz thront die Aktie von Linde (WKN: A2DSYC) an der Spitze des DAX 40. Aber nicht mehr lange, wenn es nach dem Management des deutsch-amerikanischen Konzerns geht. Grund genug, ein Investment in diesen führenden Gasekonzern zu überdenken.

1. Grund: Die Arroganz spricht nicht für das Management

„Die maximale Gewichtung einer Indexkomponente beträgt 10 %. Diese Regel stellt sicher, dass der Index nicht von einem Einzelwert dominiert werden kann.“ – So preist Qontingo, die für die Indexpflege zuständige Marke der Deutschen Börse (WKN: 581005), die Regelung an.

Bei 40 großen Konzernen sollte man meinen, dass die Regel nur in Ausnahmefällen zum Tragen kommt. Aber tatsächlich hat sich die Marktkapitalisierung von Linde in Sphären hochgearbeitet, die diese Schranke übertreffen. Das bedeutet, dass Fonds, die den Index nachbilden, weniger Linde-Aktien halten müssen, als der rechnerische Anteil an der Marktkapitalisierung ergeben würde.

Für Sanjiv Lamba, der im März 2022 als neuer CEO ernannt wurde, Grund genug, das DAX-Listing aufzugeben. Der in Indien geborene Manager schert sich offenbar nicht um Traditionen und Befindlichkeiten. Vielmehr hofft er, dem Eindruck nach, den Linde-Kurs noch ein Stück weiter nach oben treiben zu können, was selbstverständlich seiner variablen Vergütung in Millionenhöhe zugutekäme.

Schon als Asien-Chef erhielt er letztes Geschäftsjahr 7,5 Mio. US-Dollar. Nun bekommt er neben einem Grundgehalt von 1,3 Mio. US-Dollar und einer variablen Zielvergütung von 150 % davon auch noch ein langfristiges Anreizpaket im Umfang von 9,75 Mio. US-Dollar, dessen Wertentwicklung stark vom Aktienkurs abhängt.

Es sind gleich mehrere Dinge, die mir daran nicht gefallen. Erstens, der wenig umsichtige Fokus auf den eigenen Vorteil. Zweitens, meine Überzeugung, dass das Verlassen des DAX der Aktie nicht substanziell helfen wird. Es gibt genug Akteure, die frei sind, um die Aktie rein aus Bewertungsgesichtspunkten heraus zu kaufen oder zu verkaufen. Drittens die Arroganz, zu glauben, dass die Linde-Aktie dauerhaft dem Rest des DAX 40 enteilen könnte.

2. Grund: Die Überbewertung der Aktie

Damit sind wir auch schon beim zweiten Grund. Es ist eine Momentaufnahme, dass Linde 11 oder 12 % der Marktkapitalisierung des DAX 40 für sich beansprucht. Viele DAX-Werte sind schlecht gelaufen über die letzten Quartale hinweg, während Linde sich auf hohem Niveau halten konnte.

Es verwundert, dass Linde im Feld der Großkonzerne und Weltmarktführer einen so großen Anteil einnehmen kann. Rund die Hälfte der Indexmitglieder sind schließlich bei Kennzahlen wie Umsatz, Mitarbeiter oder Bilanzsumme weitaus größer als Linde.

Hier kommen zwar auch Sondereffekte zum Tragen. So geht zum Beispiel bei die Merck KGaA (WKN: 659990) nur etwa ein Viertel in die Bewertung ein, weil die Stammaktien nicht börsennotiert sind. Dennoch scheint hier irgendetwas faul zu sein.

Linde wird bewertet wie ein Cloud-Unternehmen oder ein aufstrebender Tech-Wert. Bei einem inflationsgetriebenen Umsatz von vielleicht 34 Mrd. US-Dollar bringt der Gasekonzern 153 Mrd. US-Dollar auf die Waage. Das ist ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von fast 5 (!) – für einen Grundstofflieferanten.

Im aktuellen Umfeld sprudeln die Gewinne, sodass das Kurs-Gewinn-Verhältnis nicht extrem übertrieben wirkt. 25 ist dennoch ein stolzer Wert, wenn man das Risiko einer schweren Rezession einkalkuliert. Sobald sich der Anbietermarkt in einen Käufermarkt wandelt, ist mit stark sinkenden Margen zu rechnen.

Die meisten Produkte von Linde sind schließlich völlig austauschbar. Sauerstoff von Linde ist nicht besser als von Messer. Linde hat zwar nicht viele Konkurrenten, aber es sind eigentlich genug, um einen Preiswettbewerb sicherzustellen. Da Linde und Praxair bei ihrer Fusion mehrere überlappende Geschäftsfelder an Mitbewerber veräußern mussten, ist ihre Marktmacht nur geringfügig gestiegen.

Und falls dieser Mechanismus nicht funktioniert, könnten früher oder später auch mal wieder millionenschwere Strafzahlungen anstehen, die ihnen die Wettbewerbsbehörden aufbrummen. Die Linde-Tochter BOC war zum Beispiel in den 90er-Jahren in einem holländischen Kartell involviert.

3. Grund: Es gibt bessere Alternativen

Warum will man unbedingt diese Aktie besitzen, wo es doch attraktivere Alternativen wie Sand am Meer gibt? In letzter Zeit sind die Kurse von diversen Champions eingebrochen. Einstellige KGVs und Aktien, die unter Buchwert notieren, sind keine Seltenheit.

Ich würde viel eher Aktien der BASF (WKN: BASF11) kaufen, ein Unternehmen, das ebenfalls auf vielen Grundstofffeldern marktführend ist, aber zweieinhalbmal so viel Umsatz macht und beim Gewinn etwa gleichauf liegt. Linde mag mit Wasserstoff und einigen anderen unterstützenden Trends punkten können. Aber auch der Chemieriese besetzt einige spannende Wachstumsthemen, von Batteriematerialien über Dämmstoffe bis hin zu digitalen Lösungen für die Landwirtschaft.

Ich sehe keinen Grund, warum man BASF dauerhaft geringer bewerten sollte. Im Moment denkt Mr. Market allerdings, dass Linde eine mehr als dreimal so hohe Marktkapitalisierung verdient. Gut für uns. Wer jetzt Linde-Aktien liquidiert, könnte von dem Geld sechs BASF-Aktien kaufen und hätte sogar noch Geld übrig.

Der Artikel 3 Gründe, Linde-Aktien jetzt noch zu verkaufen ist zuerst erschienen auf The Motley Fool Deutschland.

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Ralf Anders besitzt keine der genannten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.

Motley Fool Deutschland 2022

Autor: Ralf Anders, Motley Fool beitragender Investmentanalyst (CMFCondorEye)


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Quelle: Aktienwelt360