BERLIN (dpa-AFX) - IG-Metall-Chef Jörg Hofmann befürchtet keinen Einbruch der Konjunktur wie im Corona-Krisenjahr 2020. Kein Forschungsinstitut prognostiziere, dass Deutschland im kommenden Jahr in eine vergleichbar schlechte Lage schlittere wie 2020, sagte er der "Welt am Sonntag". "Das Worst-Case-Szenario der Prognosen, die uns vorliegen, wäre eine Rezession für das ganze Jahr 2023 mit einem Minus von einem bis zwei Prozent. Im besten Fall steht die Null. Wir stehen jedenfalls nicht am Abgrund", sagte Hofmann weiter. Im Jahr 2020 war die deutsche Wirtschaft um 4,9 Prozent geschrumpft.

Eine pauschale Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie sei übertrieben. Der Energiekostenanteil in der Metall- und Elektroindustrie liege schließlich bei durchschnittlich ein bis drei Prozent. "Natürlich tut eine Verdopplung dieser Kosten weh. Dies ist dennoch verkraftbar", sagte Hofmann.

Beim Krisenmanagement der Ampel-Regierung sieht Hofmann "Licht und Schatten". Staatliche Unterstützung bräuchten nun vor allem kleine und mittlere Betriebe, die sich ohne Hilfen nicht am Markt halten könnten. In diesem Zusammenhang forderte der IG-Metall-Chef ein viertes Entlastungspaket der Bundesregierung. "Ich glaube, dass mit einer Deckelung bei Strom und Gas schon viel getan wäre", meint Hofmann. Insbesondere energieintensive Handwerks- und Industriebranchen würden "diese Situation nicht lange durchhalten".

Hofmann bekräftigte die Forderung nach acht Prozent mehr Lohn in der aktuellen Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie. "Während der Pandemie gab es zwei Runden ohne eine reguläre Tariferhöhung. Auch im zweiten Quartal 2022, also nach Kriegsbeginn in der Ukraine, verzeichneten Metallunternehmen gute Geschäftsentwicklungen, teilweise die besten ihrer Firmengeschichte, sagte er.

"Und auch im dritten Quartal wird nicht nur das ein oder andere Unternehmen Best-ever-Ergebnisse ausweisen. Da bin ich mir sicher." Die steuerfreie Einmalzahlung von bis zu 3000 Euro werde sicher Teil der Tarifverhandlungen sein. Doch angesichts einer Inflation von rund acht Prozent und einer Prognose von bis zu neun Prozent im kommenden Jahr brauche es eine dauerhafte Entgeltentwicklung./als/DP/he