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Alvarez & Marsal / Die Krise der europäischen Haushaltsgeräte-Industrie ... 15.07.2025, 15:32 Uhr von dpa-AFX Jetzt kommentieren: 0

Die Krise der europäischen Haushaltsgeräte-Industrie hat viele

unbequeme Wahrheiten / Experteneinblick von Stefan Rohrhofer

N.Y./München (ots) - Bei Haushaltsgeräten gab es über Generationen hinweg einen

Goldstandard, zu dem gesamte Branche aufblickte. Ob Kühlschrank oder

Waschmaschine - das Label "Made in Germany" war ein Synonym für beste Qualität,

Zuverlässigkeit und State-of-the-Art-Technologie. Doch inzwischen hat die

deutsche ebenso wie die übrige europäische Haushaltsgeräte-Industrie diese

Spitzenposition verloren. Mehr noch: Die starken asiatischen Hersteller zwingen

sie in einen schier existenziellen Konkurrenzkampf. Gleich mehrere Faktoren

haben diese Situation verursacht, die größte Gefahr für die deutschen Marken ist

dabei ihr eigenes Zögern. Es also höchste Zeit, sich mit unbequemen Wahrheiten

auseinanderzusetzen.

Konkurrenz aus Asien und Nachteile auf den Heimatmarkt

Hersteller aus Asien profitieren nicht nur von ihrer Größe und günstigen

Rahmenbedingungen, sie verfolgen auch eine stringentere Strategie. So gelingt es

ihr, die internationale Konkurrenz hinsichtlich Innovation und Geschwindigkeit

zu überholen. Marken im mittleren Preissegment leiden vor allem darunter, dass

immer mehr günstige Alternativen in guter Qualität auf den Markt kommen. Und

sogar traditionelle "Premium"-Marken erleiden Verluste in ihrem Segment. 2023

entfielen weltweit 35 % des Marktes für Haushaltsgeräte auf asiatische

Hersteller.

Zusätzlicher Margendruck entsteht für die europäischen Hersteller durch Europas

Pionierrolle bei Compliance und Nachhaltigkeit. So finden sich bei deutschen

Marken zwar Produkte von herausragender Energieeffizienz, doch sind diese teurer

als jene der Konkurrenz. Das hängt auch mit etwa 15 - 25 % höheren

Produktionskosten zusammen, die nicht zuletzt durch Umweltauflagen entstehen.

Wollen die Hersteller in diesem Umfeld wettbewerbsfähig bleiben, ist M&A nicht

mehr optional, sondern wird zur Überlebensstrategie.

1. Asien ist nicht nur billiger, sondern auch besser, schneller und innovativer.

Firmen wie Haier, LG oder Midea stehen für digitale Integration und

Kompatibilität. Konsumenten empfinden sie als qualitativ überlegen und

nutzerfreundlicher.

2. Das mittlere Marktsegment blutet aus - auch wegen Private Labels.

Private Labels und asiatische Marken mit "good enough"-Produkten drücken Preise

und Margen - und zwingen Traditionsmarken in die Bedeutungslosigkeit.

3. Traditionelles Premium ist kein Selbstläufer mehr.

Nicht nur westliche Marken bieten Design, Funktion, digitale Features.

Preisbewusste Konsumenten bevorzugen "Affordable Premium". Und das kommt oft aus

Asien.

4. Compliance und Nachhaltigkeit: Europa führt - und zahlt einen hohen Preis.

Strenge ESG-Standards und CO2-Regeln verteuern die Produktion. Kunden fordern

zwar Nachhaltigkeit, wollen aber nicht dafür zahlen. Eine Profitabilitätsfalle.

5. M&A ist Überlebensstrategie statt Option.

Wer nicht skaliert, wird selbst übernommen. Die Fragmentierung der Industrie

lähmt Innovation und Effizienz - und öffnet die Tür für aggressivere Player.

Keine Chance auf dem digitalen Markt durch eigene Versäumnisse

Smart Home und die digitale Verknüpfung gelten seit Jahren als "the next big

thing". Die Wahrheit aber ist, dass der Kampf um digitale Plattformen längst

entschieden ist. Gewonnen haben ihn Player wie Amazon oder Google dank ihrer

Geschwindigkeit und überlegenen Kompetenz bei der Software-Entwicklung. Der

Haushaltsgeräte-Industrie bleiben lediglich zwei Alternativen: Integration oder

Bedeutungsverlust. Forschungsbudgets in Milliardenhöhe flossen in digitale

Features, die kaum Return on Investment (ROI) brachten. Auch weil sie keinen

Zusatznutzen bringen. 60 % der Verbraucher sind Studien zufolge nicht bereit,

für derlei digitale Features zu zahlen. Zudem zielen Forschung und Entwicklung

häufig in so viele unterschiedliche Richtungen, dass sie ineffizient werden.

Etliche Studien weisen wiederholt auf diese Schwachstelle hin.

Nicht zuletzt enttäuschen die D2C-Vertriebsmodelle, die lange als große Hoffnung

galten auf Profit, Kundenbindung und Brand Ownership. Klingt in der Theorie

hervorragend, tatsächlich ist es aber kostspielig und komplex - und nicht jeder

Hersteller strukturiert genug, es rentabel umzusetzen.

6. Die Industrie hat den Wechsel zu Software als Strategie verschlafen.

Ob Cloud-Architektur oder KI-Integration - Software ist das Herz, nicht nur

hübscher Zusatznutzen. Viele Traditionshersteller denken zu sehr in Hardware und

kommen über den Kulturschock nicht hinweg.

7. Das Rennen um Plattformen und Ökosysteme ist längst verloren.

Big Tech Companies wie Amazon, Google und Apple dominieren das digitale Heim.

Eigene Plattformversuche der Hersteller sind gescheitert. Integration ist der

letzte Ausweg. Sie verlieren dabei Kontrolle, aber wenigstens nicht komplett die

Relevanz.

8. Smart Home ist nicht immer schlau - und setzt auf die falschen Features.

Die Hersteller investieren Milliarden in Anwendungen, die kaum genutzt werden.

Das echte Potenzial - Kundenbindung, Services, Hyperpersonalisierung - verpassen

sie.

9. Geldvernichtung im Labor: Forschung & Entwicklung fehlen Strategie und Fokus

R&D-Budgets sind limitiert - und werden trotzdem wie mit der Gießkanne verteilt.

Zu viele Initiativen, zu wenig Wirkung. Viel Lärm um Nichts. Innovation

verpufft, wenn strategische Prioritäten fehlen

10. D2C-Modelle sind eine PowerPoint-Fantasie

Fehlende Nutzerzentrierung, hohe Logistikkosten und geringe Wiederkaufsraten

machen direkte Kundenkanäle für viele unprofitabel

Pressekontakt:

PR-Agentur:

HBI Communication Helga Bailey GmbH

Corinna Voss M.D./Partner

mailto:aandm@hbi.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/118051/6077360

OTS: Alvarez & Marsal

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