Es heißt schlicht «Herbst-Statement». Doch was der britische Finanzminister Jeremy Hunt am Donnerstag vorlegen wird, könnte für Regierung und Verbraucher zu einer Winter-Bombe werden. Für Hunt geht es um nicht weniger als die Rettung der heimischen Wirtschaft. Ohnehin erhöhen die Furcht vor einer lang andauernden Rezession, die grassierende Inflation und hohe Energiekosten den Druck. Wegen der desaströsen Finanzpolitik von Kurzzeit-Premierministerin Liz Truss müssen Hunt und Regierungschef Rishi Sunak aber nun auch noch die Märkte beruhigen. Die Rechnung bekommen die Verbraucher gegen Mittag präsentiert.

«Meine absolute Priorität ist, dafür zu sorgen, dass wir mit der wirtschaftlichen Situation, mit der wir zu Hause konfrontiert sind, fertig werden», kündigte Premier Sunak an. Vor allem die Inflation wolle er in den Griff bekommen. Im Oktober stiegen die Verbraucherpreise um 11,1 Prozent, deutlich höher als erwartet. Die Nachricht sorgte am Dienstag für Schockwellen im Königreich.

Schon jetzt ist sicher, dass so gut wie alle Britinnen und Briten deutliche Reallohnverluste hinnehmen müssen. Immer wieder hat die Regierung betont, Lohnerhöhungen im Einklang mit der Inflation würden die Verbraucherpreise nur noch weiter antreiben. Doch angesichts steigender Lebenskosten müssen Sunak und Hunt genau überlegen, wo sie ihren Bürgern noch etwas mehr wegnehmen oder vorenthalten.

40 Milliarden Pfund fehlen

Dass er die Steuern erhöhen werde, für die Wohlhabenderen etwas mehr als für die anderen, hat der Schatzkanzler bereits angedeutet. Zudem werden wohl die öffentlichen Ausgaben deutlich gekürzt. So erhält der marode Gesundheitsdienst NHS zwar neue Milliarden, aber nicht so viele wie nötig wären. Die Opposition fordert, Hunt solle eher die Übergewinnsteuer ausweiten als Geringverdiener zur Kasse zu bitten. Klar ist: Hunt sucht viel Geld. Das Haushaltsloch beträgt rund 40 Milliarden Pfund (45,9 Mrd Euro), nötig sind aber wohl noch einige Milliarden mehr, um angesichts der Inflation einen Puffer zu haben.

Ursprünglich war das Herbst-Statement für den 23. November geplant, dann auf den 31. Oktober vorgezogen worden. Die finanzpolitischen Vorhaben von Sunaks Vorgängerin Truss hatten an den Finanzmärkten heftige Turbulenzen ausgelöst. Truss wollte radikal Steuern senken und diese erwarteten Kosten in Höhe von mehreren Dutzend Milliarden Pfund nur mit neuen Schulden gegenfinanzieren. Damit räumte Hunt schnell auf. Doch das Vertrauen der Wirtschaft ist noch immer gering. Sunak räumte ein, dass es in erster Linie darum gehe, den Erwartungen der Finanzmärkte entgegenzukommen.

Kritik an «Eitelkeitsprojekt»

«Wenn wir einmal das stabile Fundament haben, für das der Schatzkanzler morgen sorgen wird, bin ich zuversichtlich, dass wir als Land vorangehen können und uns auf eine bessere Zukunft freuen und auf diesem Fundament aufbauen können, um Arbeitsplätze, Chancen und Wohlstand im ganzen Land zu schaffen», hat Sunak angekündigt. Der Druck auf Hunt ist entsprechend groß. Mittlerweile gibt es aber auch Gegenwind in seiner Konservativen Partei. Die Abgeordnete und frühere Staatssekretärin Esther McVey forderte, Hunt solle das Megaprojekt einer Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Nordengland streichen, das Dutzende Milliarden verschlingt. Solange dieses «Eitelkeitsprojekt» nicht abgesagt werde, werde sie keine Steuererhöhungen unterstützen.

Die Zustimmung seiner Fraktion wird die Gretchenfrage für Hunt, zumal viele Konservative strikte Gegner höherer Steuern sind und die Steuerlast ohnehin schon jetzt so groß ist wie nie seit 70 Jahren. «Sunaks politische Flitterwochen enden morgen», kommentierte der «Telegraph»-Reporter Christopher Hope am Dienstag.

Bei der Opposition hat Hunt schon verloren. Die Tories wollten der Bevölkerung weismachen, dass die wirtschaftlichen Probleme außerhalb ihrer Macht liegen, sagte die Vizechefin der Labour-Partei, Angela Rayner. Dabei lasse sie die arbeitenden Menschen den Preis für ihre Politik zahlen. «Sie haben sich entschieden, Unternehmensgewinne zu schützen und nicht die Haushaltseinkommen», sagte Rayner. Für die Zukunft sehe sie schwarz. Falls es eine «Weltmeisterschaft des Wachstums» gebe, würde sich Großbritannien nicht qualifizieren.

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