Krankheiten sind omnipräsent und existieren unabhängig von der Konjunktur. Kein Wunder also, dass sich Aktien und Fonds der Gesundheitsbranche als besonders krisenfest erweisen.

Gesundheit ist ein Megatrend. Dank besserer medizinischer Versorgung steigt weltweit die Lebenserwartung, gleichzeitig nehmen aber Wohlstandserkrankungen zu. Und die Ansprüche, die an Diagnose- und Therapieverfahren gestellt werden, werden zunehmend höhergeschraubt: Sicherer, verträglicher und wirksamer sollen sie sein. Herausforderungen, denen sich Mediziner und Medizintechniker stellen – und damit die Innovationskraft des Gesundheitssektors befeuern. Wenig verwunderlich also, dass die Branche verstärkt auch in den Fokus von Anlegern rückt. Immerhin ist sie eine der am schnellsten wachsenden Sektoren der Weltwirtschaft, beobachtet Debra Netschert, Portfolio-Managerin der Healthcare-Strategie bei Jennison Associates. Sie erklärt: "In diesem Umfeld bieten sich hervorragende Möglichkeiten, Investitionen in verschiedene Branchen des Gesundheitswesens zu tätigen."

Gesundheitsaktien

Darüber hinaus werde der Gesundheitssektor auch weniger stark von Faktoren wie Inflation, hohen Zinssätzen oder Konjunkturabschwächung beeinträchtigt, beobachtet etwa Rudi Van den Eynde, Head of Thematic Global Equity bei Candriam. Entsprechend hätten sich Gesundheitsaktien, trotz der makroökonomischen und geopolitischen Turbulenzen im vergangenen Jahr, relativ stabil gehalten. Einerseits, weil vor allem große Pharmaunternehmen meist über solide Bilanzen verfügen. Andererseits, weil die Nachfrage nach Medizin nicht konjunkturabhängig ist. Krankheiten werden weltweit zeitnah und im Rahmen der jeweiligen Möglichkeiten behandelt. Die Gesundheitsbranche könnte Anlegern also echte Chancen bieten.

Beispiel Stryker

Spannend ist etwa die Stryker Corporation, ein weltweit führendes US-amerikanisches Unternehmen für Medizintechnik mit Firmensitz in Kalamazoo, Michigan. Die Nachfrage nach Produkten des Unternehmens, das seit 1979 an der New Yorker Börse notiert und in den Indizes S&P 500 und Stoxx Global 200 gelistet ist, ist groß. Gefragt sind etwa Implantate im Gelenkersatz, chirurgische Geräte und Navigationssysteme, endoskopische Werkzeuge und Kommunikationssysteme, medizinische Notfallausrüstung sowie neurochirurgische und neurovaskuläre Geräte für den Rücken. In den Vereinigten Staaten, wo der Nettoumsatz des Unternehmens bei 79,3 Prozent liegt, werden die Produkte direkt an Ärzte, Kliniken und Gesundheitseinrichtungen verkauft. In den über 100 Ländern, in denen Stryker ebenfalls vertreten ist, werden die Produkte dagegen über unternehmenseigene Niederlassungen und Filialen vertrieben.

Dass das Unternehmen solide aufgestellt ist, zeigen die Zahlen: Im vierten Quartal 2022 sticht insbesondere das Umsatzwachstum von 13,3 Prozent hervor. Im Gesamtjahr lag das Nettoumsatzwachstum bei 9,7 Prozent. Kevin Lobo, Chairman und CEO bei Stryker, führt diese soliden Ergebnisse auf eine starke kommerzielle Umsetzung und ein verbessertes Angebot zurück. Auch für das laufende Jahr zeigt sich Lobo optimistisch und erwartet eine "anhaltend positive Umsatzdynamik". Eine Haltung, die laut Finanzplattform Marketscreener auch Analysten mehrheitlich teilen – sie korrigierten in den vergangenen vier Monaten das Kursziel der Aktie, die aktuell bei 278 US-Dollar notiert, deutlich nach oben. Darunter Barclays, das die Aktie positiv mit einem Kauf-Rating bewertet und den Zielpreis von 265 US-Dollar auf 283 US-Dollar anhebt. Auch der Vermögensverwalter DA Davidson empfiehlt den Titel zum Kauf und hebt das Kursziel auf 290 US-Dollar an. Als Schwachpunkt könnte hier allerdings das höhere Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) gewertet werden, das aktuell bei 44,25 liegt. Grundsätzlich nämlich ist ein höheres KGV ein Indiz dafür, dass die Aktie womöglich zu hoch bewertet ist. Vergleicht man das KGV von Stryker jedoch mit anderen Unternehmen der Branche, bewegt es sich im guten Mittelfeld.

Beispiel Novo Nordisk

Weltweit führend ist auch das dänische Unternehmen Novo Nordisk, das auf die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von pharmazeutischen Produkten spezialisiert ist. Produkte zur Behandlung von Diabetes stehen dabei klar im Vordergrund. Insgesamt 78,9 Prozent des Nettoumsatzes entfallen auf diese Sparte. Die übrigen rund 20 Prozent verteilen sich auf die Produktfamilien Seltene Krankheiten (11,6 Prozent) und Fettleibigkeit (9,5 Prozent). Dass der Fokus gerade auf Diabetes-Produkten liegt, dürfte nicht dem Zufall geschuldet sein, schließlich machen gerade diese das Unternehmen aus wirtschaftlicher Sicht interessant. Denn Insulin und Co. dürften ordentlich Geld in die Kasse spülen – ist die Erkrankung doch schon seit Jahren auf dem Vormarsch. Weltweit sind rund 425 Millionen Menschen von Diabetes betroffen. Allein in Deutschland sind acht Millionen Menschen daran erkrankt. Pro Jahr kommen hierzulande rund 600.000 Neuerkrankte hinzu.

Die Zahlen für das vierte Quartal sowie für das Gesamtjahr 2022 untermauern die Vermutung: Es geht steil bergauf für Novo Nordisk. Der Umsatz für das vierte Quartal 2022 lag bei 48,09 Milliarden Dänischen Kronen (6,4 Milliarden Euro) verglichen mit 38,33 Milliarden Kronen (5,1 Milliarden Euro) im Vorjahr. Für das Gesamtjahr 2022 meldete Novo Nordisk einen Umsatz von 176,95 Milliarden Kronen (23,74 Milliarden Euro). Im Vergleich: 2021 setzte es 140,800 Milliarden (18,89 Milliarden Euro), 2020 noch 127 Milliarden Kronen (17 Milliarden Euro) um.

Von dem Aufschwung profitiert auch die Aktie. Allein seit März 2020 hat sie ein dreistelliges Plus erzielt. Aktuell notiert sie bei 136 Euro. Schenkt man den Prognosen der Analysten Glauben, ist da immer noch Luft nach oben. Die Deutsche Bank Research stuft den Titel auf "Buy" mit einem Kursziel von 161 Euro ein. Bei seiner Einschätzung stützt sich Analyst Emmanuel Papadakis auf das vierte Quartal des Insulinherstellers, das recht solide war. Außerdem wertet er auch den robusten währungsbereinigten Ausblick klar positiv. Eine Kaufempfehlung kommt auch aus dem Hause JPMorgan. Die US-Bank hebt das Kursziel für den Novo Nordisk-Titel auf rund 161 Euro an. Und nicht nur das: Nach der Auswertung einer Studie zur Verbreitung von Übergewicht und Diabetes glaubt Analyst Richard Vosser, dass der Gewinn je Aktie bis 2030 pro Jahr prozentual zweistellig steigen dürfte. Die Umsatzprognose für diesen Zeitraum erhöht Vosser entsprechend um fünf bis 50 Prozent.

Beispiel Carl Zeiss Meditec

Auch der im MDAX und im TecDAX der deutschen Börse gelistete Carl Zeiss Meditec zählt zu den weltweit führenden Medizintechnikanbietern. Das Unternehmen aus Jena bietet Komplettlösungen zur Diagnose und Behandlung von Augenkrankheiten sowie innovative Visualisierungslösungen für die Mikrochirurgie. Das Produktangebot ergänzt das Unternehmen durch Zukunftstechnologien wie der intraoperativen Strahlentherapie – und stellt sich somit auch auf lange Sicht robust auf. Die ersten Quartalszahlen des Geschäftsjahres 2022/23 sind solide: Carl Zeiss Meditec erzielte einen Umsatz von rund 470,3 Millionen Euro, verglichen mit 410,2 Millionen Euro im Vorjahr, und damit ein zweistelliges Wachstumsplus. Dabei verlieb der Auftragsbestand auf einem hohen Niveau von mehr als 600 Millionen Euro. Allerdings ging das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) auf rund 60,3 Millionen Euro zurück, die EBIT-Marge lag dabei bei 12,8 Prozent. Vorstandsvorsitzender Markus Weber weist jedoch darauf hin, dass das Unternehmen trotz des herausfordernden Umfeldes mit angespannten Lieferketten und Lockdowns im wichtigen chinesischen Markt weiteres Wachstum erzielen konnte. Darüber hinaus arbeite das Team mit Hochdruck daran, Lieferzeiten für seine Kunden zu reduzieren. "Gleichzeitig investieren wir kontinuierlich in unser zukünftiges Wachstum", sagt Weber.

Finanzanalysten sind jedenfalls von der Zukunftsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Carl Zeiss Meditec überzeugt. So hat die DZ Bank den fairen Wert für Carl Zeiss Meditec nach Zahlen zum ersten Geschäftsquartal von 150 auf 155 Euro angehoben und die Einstufung auf "Kaufen" belassen. Der Medizintechnikkonzern habe die kurzfristige Talsohle durchschritten, glaubt Analyst Sven Kürten. Grundsätzlich blieben die Fundamentalperspektiven stark. Das Unternehmen profitiere vor allem von der technologischen Stärke seiner Produkte, sagt Kürten und hebt hervor, dass Carl Zeiss Meditec zu den globalen Marktführern in der Augenheilkunde zähle. Auch die Deutsche Bank Research zeigt sich hinsichtlich der weiteren Entwicklung des Unternehmens optimistisch. Sie hebt das Kursziel für Carl Zeiss Meditec von 167 auf 175 Euro an und bleibt bei ihrer Kaufempfehlung. Mit neuen Produkten eröffneten sich für den Medizintechnik-Hersteller gute Chancen im US-Kataraktmarkt, prognostiziert Analyst Falko Friedrichs.

Wem Einzelaktien trotz guter Prognosen zu heikel sind, der kann stattdessen mit Gesundheitsfonds- und ETFs an der positiven Entwicklung der Branche partizipieren. Die zeigen sich selbst in Krisenzeiten robust und überzeugen mit ihrer Performance. Laut Morningstar erreichte der beste aktiv gemanagte Gesundheitsfonds, der BGF World Healthscience X2 USD, nach fünf Jahren eine Rendite von 14,6 Prozent pro Jahr.

(ner) für die Redaktion smartbroker.de


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Quelle: Wallstreet Online