Anleihekaufprogramme Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Homeoffice-Trend Nächster Begriff: Quantitative Easing (QE) in den USA (2008–2014)

Ein mächtiges geldpolitisches Instrument, das Zentralbanken nutzen, um Wirtschaftskrisen zu bewältigen und die Kreditvergabe zu fördern

Anleihekaufprogramme sind geldpolitische Maßnahmen, die von Zentralbanken genutzt werden, um die Wirtschaft zu stabilisieren, Inflation zu steuern und die Kreditvergabe anzukurbeln. Sie gehören zur unkonventionellen Geldpolitik und werden insbesondere in wirtschaftlichen Krisenzeiten eingesetzt. Dabei kauft eine Zentralbank große Mengen von Staatsanleihen, Unternehmensanleihen oder anderen Wertpapieren, um die Zinsen zu senken und die Liquidität in den Finanzmärkten zu erhöhen.

Funktionsweise von Anleihekaufprogrammen

Anleihekaufprogramme werden in der Regel von Zentralbanken wie der Europäischen Zentralbank (EZB), der US-Notenbank (Federal Reserve, Fed) oder der Bank of England durchgeführt.

1. Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen

  • Die Zentralbank kauft Anleihen direkt von Banken, Unternehmen oder anderen Finanzakteuren.
  • Durch den Kauf steigt der Preis der Anleihen, was deren Rendite (Zinssatz) senkt.
  • Sinkende Anleiherenditen führen dazu, dass auch andere Marktzinsen (z. B. für Kredite) zurückgehen.

2. Erhöhung der Geldmenge

  • Die Banken erhalten durch den Verkauf von Anleihen frische Liquidität, die sie als Kredite an Unternehmen und Verbraucher weitergeben können.
  • Dadurch soll die Wirtschaftsaktivität gesteigert werden.

3. Beeinflussung der Inflation

  • Niedrigere Zinsen führen oft zu mehr Investitionen und Konsum, was die Inflation ankurbeln kann.
  • In Phasen niedriger Inflation oder Deflation wird diese Maßnahme genutzt, um das Preisniveau zu stabilisieren.

Ziele von Anleihekaufprogrammen

Die Hauptziele dieser Programme sind:

  1. Senkung der Zinsen: Niedrigere Zinsen erleichtern Investitionen und Konsum.
  2. Ankurbelung der Kreditvergabe: Banken haben mehr Kapital für Kredite.
  3. Bekämpfung von Deflation: Erhöhung der Inflation durch gesteigerte Nachfrage.
  4. Unterstützung der Finanzmärkte: Verhinderung von Liquiditätsengpässen.
  5. Wirtschaftliche Stabilisierung in Krisenzeiten: Vermeidung tiefer Rezessionen.

Historische Beispiele für Anleihekaufprogramme

1. Quantitative Easing (QE) in den USA (2008–2014)

  • Die Federal Reserve startete nach der Finanzkrise 2008 massive Anleihekäufe, um die Wirtschaft zu stabilisieren.
  • Insgesamt wurden Staatsanleihen und Hypothekenpapiere im Wert von über 4 Billionen US-Dollar gekauft.
  • Dies führte zu niedrigen Zinsen und einer schnellen Erholung der US-Wirtschaft.

2. Anleihekaufprogramme der EZB (2015–2021)

  • Die Europäische Zentralbank (EZB) führte das Expanded Asset Purchase Programme (APP) ein, um die Eurozone aus der Deflation zu holen.
  • Während der COVID-19-Pandemie wurde zusätzlich das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) mit einem Volumen von 1,85 Billionen Euro aufgelegt.

3. Bank of Japan (seit den 2000er-Jahren)

  • Die Bank of Japan kauft seit Jahren große Mengen an Staatsanleihen, um die Wirtschaft vor Deflation zu schützen.
  • Japans Zentralbank hält mittlerweile über 50 % der ausstehenden Staatsanleihen.

Kritik und Risiken von Anleihekaufprogrammen

Obwohl Anleihekaufprogramme kurzfristig effektiv sind, gibt es auch erhebliche Risiken:

  1. Blasenbildung an den Finanzmärkten

    • Durch die extrem niedrigen Zinsen könnten Aktien- und Immobilienmärkte überhitzen.
  2. Ungleichheit und Vermögenskonzentration

    • Höhere Aktienkurse begünstigen vor allem wohlhabende Investoren.
  3. Erhöhte Staatsverschuldung

    • Staaten könnten sich darauf verlassen, dass ihre Schulden durch Zentralbanken aufgekauft werden.
  4. Inflationsrisiko

    • Langfristig könnte die Geldschwemme zu einer hohen Inflation führen, wie sie 2021/2022 in vielen Ländern auftrat.

Fazit

Anleihekaufprogramme sind ein mächtiges geldpolitisches Instrument, das Zentralbanken nutzen, um Wirtschaftskrisen zu bewältigen und die Kreditvergabe zu fördern. Sie haben sich besonders nach der Finanzkrise 2008 und in der COVID-19-Pandemie als wichtig erwiesen. Allerdings bergen sie langfristige Risiken wie mögliche Inflation, Vermögensungleichheit und Marktverzerrungen. Die Herausforderung für Zentralbanken besteht darin, diese Programme rechtzeitig zurückzufahren, ohne die Wirtschaft zu destabilisieren.