Basel I (1988) Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Europäischer Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) Nächster Begriff: Basel II (2004)
Ein Meilenstein in der internationalen Bankenregulierung, der die Grundlage für moderne Eigenkapitalvorschriften legte
Basel I bezeichnet das erste internationale Rahmenwerk zur Bankenregulierung, das 1988 vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision, BCBS) veröffentlicht wurde. Es legte den Grundstein für einheitliche Eigenkapitalanforderungen und sollte die Stabilität des globalen Bankensystems stärken. Die Einführung von Basel I war eine direkte Reaktion auf Bankenkrisen der 1980er Jahre, insbesondere auf die Schuldenkrise in Lateinamerika und den Zusammenbruch mehrerer Finanzinstitute aufgrund unzureichender Kapitalausstattung.
Entstehung und Ziele von Basel I
Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht wurde 1974 von den Zentralbanken und Aufsichtsbehörden der führenden Industrieländer (G10) gegründet. Hintergrund war die wachsende Globalisierung der Finanzmärkte, die neue Risiken mit sich brachte. Die Ziele von Basel I waren:
- Stärkung der Stabilität des internationalen Bankensystems durch Mindestkapitalanforderungen
- Vereinheitlichung der Bankenregulierung in den teilnehmenden Ländern
- Begrenzung systemischer Risiken, um das Vertrauen in das Finanzsystem zu erhöhen
- Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen, indem Banken in verschiedenen Ländern ähnlichen Vorschriften unterliegen
Das Basel-I-Abkommen wurde 1992 in den Mitgliedsländern vollständig umgesetzt und diente als Grundlage für spätere Reformen wie Basel II und Basel III.
Kernprinzip: Die Mindesteigenkapitalanforderung
Das zentrale Element von Basel I war die Einführung einer Mindestkapitalanforderung für Banken. Diese wurde als Cooke Ratio bekannt, benannt nach Peter Cooke, einem der Hauptinitiatoren des Rahmenwerks. Die Regel lautete:
\[ \text{Eigenkapitalquote} = \frac{\text{Eigenkapital}}{\text{Risikoaktiva}} \geq 8\% \]
Das bedeutet, dass Banken mindestens 8 % ihres risikogewichteten Kreditvolumens als Eigenkapital halten mussten. Ziel war es, sicherzustellen, dass Banken ausreichend Kapitalreserven haben, um Verluste abzudecken und Insolvenzen zu vermeiden.
Risikogewichtete Aktiva
Ein weiteres zentrales Konzept von Basel I war die Einführung risikogewichteter Aktiva. Nicht alle Kredite und Anlagen einer Bank bergen das gleiche Risiko, daher wurden sie in verschiedene Risikoklassen eingeteilt. Die Gewichtung erfolgte wie folgt:
| Kreditnehmer | Risikogewichtung | Beispiel |
|---|---|---|
| Staaten | 0 % | Staatsanleihen (z. B. deutsche Bundesanleihen) |
| Banken | 20 % | Kredite an andere Banken |
| Unternehmen | 100 % | Firmenkredite, Unternehmenskredite |
| Immobilienkredite | 50 % | Hypothekendarlehen für Wohnimmobilien |
| Privatkunden | 100 % | Konsumentenkredite, Kreditkarten |
Je nach Risikoklasse musste die Bank also unterschiedlich viel Eigenkapital hinterlegen. Ein Kredit an einen Staat mit hoher Bonität (z. B. Deutschland oder die USA) galt als risikolos (0 % Gewichtung), während Kredite an Unternehmen oder Privatpersonen mit 100 % gewichtet wurden.
Auswirkungen von Basel I
Die Einführung von Basel I hatte weitreichende Folgen für die Bankenwelt:
- Erhöhte Kapitalreserven: Banken mussten ihr Eigenkapital erhöhen, um die geforderten 8 % der Risikoaktiva zu erreichen.
- Stärkere Regulierung in Schwellenländern: Auch viele Nicht-G10-Staaten übernahmen Basel I als Standard für ihre Bankenaufsicht.
- Veränderte Kreditvergabe: Banken bevorzugten verstärkt Kredite mit niedriger Risikogewichtung, z. B. Staatsanleihen, um weniger Eigenkapital vorhalten zu müssen.
- Entwicklung von Verbriefungen: Um die Kapitalanforderungen zu umgehen, nutzten Banken zunehmend Verbriefungen (Securitization), bei denen Kredite in Wertpapiere umgewandelt und verkauft wurden.
Kritik an Basel I
Trotz seiner positiven Wirkung auf die Finanzstabilität hatte Basel I einige Schwächen:
- Grobe Risikogewichtung: Die vier Risikoklassen waren sehr vereinfacht und unterschieden nicht nach der Bonität eines Unternehmens oder eines Landes. So wurde ein Kredit an eine hochverschuldete Firma genauso behandelt wie ein Kredit an ein wirtschaftlich solides Unternehmen.
- Förderung von regulatorischem Arbitrage: Banken fanden Wege, die Eigenkapitalanforderungen zu umgehen, indem sie riskante Kredite aus ihrer Bilanz auslagerten.
- Kein Markt- oder operationelles Risiko: Basel I konzentrierte sich nur auf Kreditrisiken und ließ Marktrisiken (z. B. Kursschwankungen) und operationelle Risiken (z. B. Betrug oder IT-Ausfälle) unberücksichtigt.
- Unzureichende Berücksichtigung von Innovationen: Neue Finanzinstrumente wie Derivate oder strukturierte Produkte wurden nicht angemessen reguliert, was später zur Finanzkrise 2008 beitrug.
Übergang zu Basel II und Basel III
Aufgrund der Schwächen von Basel I wurde das Regelwerk ab 1999 durch Basel II weiterentwickelt. Basel II führte eine differenziertere Risikogewichtung ein, berücksichtigte auch Markt- und operationelle Risiken und stärkte die Aufsicht durch Bankenaufsichtsbehörden. Nach der Finanzkrise von 2008 folgte Basel III mit noch strengeren Kapitalanforderungen und zusätzlichen Liquiditätsvorschriften.
Fazit
Basel I war ein Meilenstein in der internationalen Bankenregulierung und legte die Grundlage für moderne Eigenkapitalvorschriften. Es führte zu einer besseren Kapitalausstattung von Banken und stärkte das Vertrauen in das Finanzsystem. Allerdings zeigte sich, dass die grobe Risikoklassifizierung und fehlende Berücksichtigung neuer Finanzprodukte erhebliche Schwächen hatten. Diese Defizite führten letztlich zur Entwicklung von Basel II und Basel III, um das Finanzsystem widerstandsfähiger gegen Krisen zu machen. Trotz seiner Begrenzungen bleibt Basel I ein wichtiger historischer Schritt in der globalen Finanzarchitektur.