Black-Scholes-Modell Börsenlexikon Vorheriger Begriff: Bruttoinlandsprodukt (BIP) Nächster Begriff: Blend

Ein fundamentaler Baustein in der Finanzmathematik und der Bewertung von Optionen

Das Black-Scholes-Modell ist ein bedeutendes mathematisches Modell zur Bewertung von Optionen und anderen derivativen Finanzinstrumenten. Entwickelt wurde es von den Ökonomen Fischer Black, Myron Scholes und Robert Merton in den frühen 1970er Jahren. Das Modell ermöglicht die Berechnung des theoretischen Preises von europäischen Call- und Put-Optionen, das heißt von Optionen, die nur am Verfallsdatum ausgeübt werden können.

Grundlagen des Black-Scholes-Modells

Das Modell basiert auf mehreren Annahmen:

  1. Stochastische Prozesse: Der Preis des zugrunde liegenden Wertpapiers folgt einem geometrischen Brownschen Bewegungsprozess mit konstanter Volatilität.

  2. Konstanter Zinssatz: Es wird ein konstanter risikofreier Zinssatz angenommen.

  3. Keine Dividenden: Das Modell geht davon aus, dass während der Laufzeit der Option keine Dividenden gezahlt werden. Erweiterungen des Modells können jedoch Dividendenzahlungen berücksichtigen.

  4. Arbitragefreiheit: Es wird angenommen, dass keine Arbitragemöglichkeiten bestehen, das heißt, es gibt keine Möglichkeit, risikofreie Gewinne zu erzielen.

  5. Frictionless Markets: Es gibt keine Transaktionskosten oder Steuern, und Wertpapiere können unbeschränkt gekauft und verkauft werden.

Black-Scholes-Formel

Die zentrale Gleichung des Black-Scholes-Modells für den Preis einer europäischen Call-Option lautet:

\[ C = S_0 \cdot N(d_1) - X \cdot e^{-rT} \cdot N(d_2) \]

Für eine Put-Option lautet die Formel:

\[ P = X \cdot e^{-rT} \cdot N(-d_2) - S_0 \cdot N(-d_1) \]

Dabei sind:

  • \( C \): Preis der Call-Option
  • \( P \): Preis der Put-Option
  • \( S_0 \): Aktueller Preis des zugrunde liegenden Wertpapiers
  • \( X \): Ausübungspreis der Option
  • \( r \): Risikofreier Zinssatz
  • \( T \): Zeit bis zum Verfall der Option (in Jahren)
  • \( N(\cdot) \): Kumulative Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung
  • \( d_1 \) und \( d_2 \) sind gegeben durch:

\[ d_1 = \frac{\ln(S_0 / X) + (r + \sigma^2 / 2) \cdot T}{\sigma \cdot \sqrt{T}} \]

\[ d_2 = d_1 - \sigma \cdot \sqrt{T} \]

  • \( \sigma \): Volatilität des zugrunde liegenden Wertpapiers

Anwendung und Bedeutung des Black-Scholes-Modells

  1. Optionsbewertung: Das Black-Scholes-Modell ist das am häufigsten verwendete Modell zur Bewertung von europäischen Optionen. Es ermöglicht die Berechnung des fairen Wertes von Optionen, was für Händler und Investoren von zentraler Bedeutung ist.

  2. Risiko- und Portfoliomanagement: Das Modell hilft bei der Bestimmung der Sensitivitäten von Optionspreisen gegenüber verschiedenen Einflussfaktoren (die sogenannten "Griechen"), die im Risikomanagement und bei der Absicherung von Portfolios verwendet werden.

  3. Finanztheorie: Das Black-Scholes-Modell hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die moderne Finanztheorie und das Verständnis der Preisbildung von Derivaten. Es legte den Grundstein für die Entwicklung weiterer komplexer Finanzmodelle.

Vorteile des Black-Scholes-Modells

  1. Einfachheit und Genauigkeit: Trotz seiner Annahmen liefert das Modell oft genaue und nützliche Preise für europäische Optionen.

  2. Weite Verbreitung: Es ist weit verbreitet und anerkannt in der Finanzwelt, was seine Anwendung und den Vergleich von Preisen erleichtert.

Nachteile und Einschränkungen

  1. Annahmen: Die Annahmen des Modells (z.B. konstante Volatilität, keine Dividenden) sind in der Praxis oft nicht erfüllt, was die Genauigkeit der Ergebnisse beeinträchtigen kann.

  2. Europäische Optionen: Das Modell ist ursprünglich für europäische Optionen entwickelt worden, die nur am Verfallstag ausgeübt werden können. Anpassungen sind notwendig, um amerikanische Optionen (die jederzeit während ihrer Laufzeit ausgeübt werden können) zu bewerten.

  3. Keine Berücksichtigung von Marktunvollkommenheiten: Das Modell berücksichtigt keine Transaktionskosten, Steuern oder Marktfriktionen.

Beispiel

Angenommen, eine europäische Call-Option hat die folgenden Parameter:

  • Aktueller Aktienkurs (\(S_0\)): 100 €
  • Ausübungspreis (\(X\)): 100 €
  • Zeit bis zum Verfall (\(T\)): 1 Jahr
  • Risikofreier Zinssatz (\(r\)): 5 % oder 0,05
  • Volatilität (\(\sigma\)): 20 % oder 0,20

Die Werte von \(d_1\) und \(d_2\) berechnen sich wie folgt:

\[ d_1 = \frac{\ln(100 / 100) + (0,05 + 0,2^2 / 2) \cdot 1}{0,2 \cdot \sqrt{1}} = 0,35 \]

\[ d_2 = 0,35 - 0,2 \cdot \sqrt{1} = 0,15 \]

Dann ergibt sich der Preis der Call-Option:

\[ C = 100 \cdot N(0,35) - 100 \cdot e^{-0,05 \cdot 1} \cdot N(0,15) \]

Mit den Werten der kumulativen Verteilungsfunktion \(N(0,35) \approx 0,6368\) und \(N(0,15) \approx 0,5596\):

\[ C = 100 \cdot 0,6368 - 100 \cdot e^{-0,05} \cdot 0,5596 \approx 100 \cdot 0,6368 - 95,12 \cdot 0,5596 \approx 63,68 - 53,23 \approx 10,45 \]

Der theoretische Preis der Call-Option beträgt somit etwa 10,45 €.

Fazit

Das Black-Scholes-Modell ist ein fundamentaler Baustein in der Finanzmathematik und der Bewertung von Optionen. Trotz seiner Einschränkungen und Annahmen bietet es eine wertvolle und weit verbreitete Methode zur Berechnung von Optionspreisen und hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die Finanzmärkte und die moderne Finanztheorie.